Doppelte Haushaltsführung eines Alleinstehenden

Doppelte Haushaltsführung eines Alleinstehenden

BFH Beschluss vom 12.6.2012, VI B 73/12

Begründung:

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen.

Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern nur in einen fremden Haushalt als Gast eingegliedert ist. Dann liegt keine eigene Haushaltsführung vor. Insbesondere dann, wenn dem Arbeitnehmer die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand unterhält oder in einen fremden eingegliedert ist. Dabei hat der Senat aber dem Merkmal der Entgeltlichkeit lediglicheine gewichtige Indizfunktion beigemessen, ohne die Entgeltlichkeit indessen als unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) zu betrachten. Dies gilt sowohl für die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen . Die Frage, ob der alleinstehende Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand unterhält oder aber nur in einen fremden eingegliedert ist, entscheidet sich unter Einbeziehung und Gewichtung aller tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen einer den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegenden Gesamtwürdigung.

Doppelte Haushaltsführung alleinstehender Arbeitnehmer

Aus dem Eingehen einer Ehe oder einer vermuteten partnerschaftlichen Beziehung allein kann nicht auf den Lebensmittelpunkt eines Steuerpflichtigen geschlossen werden.

Die Frage, ob ein alleinstehender Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG unterhält, entscheidet sich unter Einbeziehung und Gewichtung aller tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen einer den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegenden Gesamtwürdigung. Dabei ist der Umstand, ob der Arbeitnehmer für die Kosten des Haushalts aufkommt, zwar ein besonders gewichtiges Indiz, aber keine zwingende Voraussetzung im Sinne einer conditio sine qua non.

BFH Beschluss vom 27.10.2011 – VI B 79/11

Begründung:

Allein die vermutete partnerschaftliche Beziehung zum Kläger reicht hierfür jedoch nicht aus. Die Bestimmung des Lebensmittelpunkts bedarf vielmehr weiterer Feststellungen. Indizien dafür, wo der Lebensmittelpunkt liegt, können insbesondere sein, wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der einen und der anderen Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen, die Zahl der Heimfahrten sowie insbesondere auch der  Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen.

Zum anderen hat das FG einen eigenen Hausstand der Klägerin außerhalb des Beschäftigungsorts verneint, da sie "ihre Wohnung in X nicht unterhalten" (im Sinne von Kosten getragen) habe. Auch hier bedarf der Sachverhalt der weiteren Aufklärung. Denn die Frage, ob ein  alleinstehender Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterhält, entscheidet sich unter Einbeziehung und Gewichtung aller tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen einer den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegenden Gesamtwürdigung. Dabei ist der Umstand, ob der Arbeitnehmer für die Kosten des Haushalts aufkommt, zwar ein besonders gewichtiges Indiz, aber keine zwingende Voraussetzung im Sinne einer conditio sine qua non.