Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen

Bei Arbeitsverträgen zwischen nahen Angehörigen ist die Intensität der erforderlichen Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig.

Leistet der als Arbeitnehmer beschäftigte Angehörige unbezahlte Mehrarbeit über seine vertragliche Stundenzahl hinaus, steht dies der Annahme, das Arbeitsverhältnis sei tatsächlich durchgeführt worden, grundsätzlich nicht entgegen. Etwas anderes gilt nur, wenn die vereinbarte Vergütung schlechterdings nicht mehr als Gegenleistung für die Tätigkeit des Angehörigen angesehen werden kann und deshalb auf das Fehlen eines Rechtsbindungswillens zu schließen ist.

Die unterbliebene Führung von Arbeitszeitnachweisen betrifft –sofern nicht aus einem betriebsinternen Fremdvergleich Gegenteiliges folgt– in der Regel nicht die Frage der Fremdüblichkeit der Arbeitsbedingungen, sondern hat vorrangig Bedeutung für den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis, dass der Angehörige tatsächlich Arbeitsleistungen jedenfalls in dem vertraglich vereinbarten Umfang erbracht hat

BFH Urteil vom 17.7.2013, X R 31/12

 Begründung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2013 X R 31/12 die Maßstäbe präzisiert, die für den steuermindernden Abzug von Betriebsausgaben für die Vergütung von Arbeitsleistungen naher Angehöriger gelten.

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer eine in den Streitjahren stetig wachsende Werbeagentur. Er schloss zunächst mit seinem in Frührente befindlichen Vater, später auch mit seiner Mutter einen Arbeitsvertrag ab. Die Eltern sollten für den Kläger Bürohilfstätigkeiten im Umfang von 10 bzw. 20 Wochenstunden erbringen. Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, es seien keine Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geführt worden. Das Finanzgericht bestätigte diese Auffassung und führte aus, die Arbeitsverträge seien nicht entsprechend der Vereinbarung durchgeführt worden, weil beide Elternteile tatsächlich mehr als die vertraglich festgelegten 10 bzw. 20 Wochenstunden gearbeitet hätten. Darauf hätten sich fremde Arbeitnehmer nicht eingelassen.

Dem ist der BFH nicht gefolgt. Ob ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen ist, wird anhand eines Fremdvergleichs beurteilt. Dabei hängt die Intensität der Prüfung auch vom Anlass des Vertragsschlusses ab. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen.

Vor allem aber ist der Umstand, dass beide Elternteile „unbezahlte Mehrarbeit“ geleistet haben sollen, für die steuerrechtliche Beurteilung nicht von wesentlicher Bedeutung. Entscheidend für den Betriebsausgabenabzug ist, dass der Angehörige für die an ihn gezahlte Vergütung die vereinbarte Gegenleistung (Arbeitsleistung) tatsächlich erbringt. Dies ist auch dann der Fall, wenn er seine arbeitsvertraglichen Pflichten durch Leistung von Mehrarbeit übererfüllt. Ob Arbeitszeitnachweise geführt worden sind, betrifft hier nicht die Frage der Fremdüblichkeit des Arbeitsverhältnisses, sondern hat allein Bedeutung für den – dem Steuerpflichtigen obliegenden – Nachweis, dass der Angehörige die vereinbarten Arbeitsleistungen tatsächlich erbracht hat.

 

Arbeitsverträge zwischen Angehörigen

Es muss sichergestellt sein, dass die Vertragsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen dem betrieblichen Bereich zugerechnet werden können. Indiz hierfür ist, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem Fremdüblichen entspricht.

BFH Beschluss vom 10.08.2011 – XB 228/1ß BFHNV 2011 S. 1873

Begründung:

Die höchstrichterliche Rechtsprechung erkennt Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen grundsätzlich als Betriebsausgaben an. Angesichts des bei Angehörigen vielfach fehlenden Interessengegensatzes und der daraus resultierenden Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten muss jedoch sichergestellt sein, dass die Vertragsbeziehung und die auf ihr beruhenden Leistungen tatsächlich dem betrieblichen und nicht –z.B. als Unterhaltsleistungen– dem privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes) zuzurechnen sind. Dazu bedarf es einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände. Indiz für die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich ist insbesondere, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. Dabei ist allerdings auch zu beachten, dass geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen sowohl bezüglich des Vertragsinhalts als auch bezüglich der Vertragsdurchführung für sich allein nicht stets zur steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses führen müssen.

Unterhaltszahlungen an Angehörige im Ausland

Ein eigengenutztes Wohnhaus ist ebenso wie ein Angehörigen überlassenes Wohnhaus als Vermögen des Unterhaltsempfängers mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen (entgegen R 33a.1 EStR) .

Der Wert des Vermögens einer unterhaltenen Person ist in der Regel bis zu einem Wert von 15.500 EUR gering; diese Wertgrenze ist bei Zahlungen ins Ausland entsprechend der sog. Ländergruppeneinteilung an die Verhältnisse des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person anzupassen .

Leben mehrere Unterhaltsempfänger zusammen, ist eine Aufteilung einheitlicher Unterhaltszahlungen nur möglich, wenn diese gewissermaßen "aus einem Topf" wirtschaften .

BFH Urteil vom 30.6.2010, VI R 35/09

Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Angehörige

Bei als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die im Ausland lebende Ehefrau sind im Rahmen einer bestehenden Ehegemeinschaft weder die Bedürftigkeit noch die sog. Erwerbsobliegenheit der Ehefrau zu prüfen    .

BFH Urteil vom 5.5.2010, VI R 5/09

Erläuterungen:

Mit Urteilen vom 5. Mai 2010 VI R 5/09 und VI R 29/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Verwandte/Ehegatten modifiziert.

 Unterhaltsaufwendungen sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar, wenn die unterhaltene Person gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigt ist. Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind die Personen, denen gegenüber der Steuerpflichtige nach dem Zivilrecht unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind u. a. Verwandte in gerader Linie (Kinder, Enkel, Eltern). Allerdings setzt die Unterhaltsberechtigung insoweit zivilrechtlich die Unterhaltsbedürftigkeit der unterhaltenen Person voraus (§ 1602 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH konnte im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise die Bedürftigkeit der unterstützten Person dem Grunde nach unterstellt werden (sog. abstrakte Betrachtungsweise).

Diese Rechtsprechung hat der BFH im Urteil VI R 29/09 aufgegeben und entschieden, dass die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person jeweils konkret zu bestimmen ist und nicht unterstellt werden kann. Bei der danach erforderlichen konkreten Betrachtungsweise sei auch zu berücksichtigen, dass für volljährige Kinder eine generelle Erwerbsobliegenheit bestehe. Mögliche Einkünfte aus einer unterlassenen Erwerbstätigkeit könnten deshalb der Bedürftigkeit entgegen stehen, falls eine Erwerbstätigkeit zumutbar sei. Im Streitfall ging es um den Abzug von Unterhaltsaufwendungen an in der Türkei lebende erwachsene Kinder des Steuerpflichtigen.

Ebenfalls mit Urteil vom 5. Mai 2010 VI R 5/09 hat der BFH entschieden, dass bei als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Unterhaltszahlungen an die im Ausland lebende Ehefrau weder die Bedürftigkeit noch die Erwerbsobliegenheit der Ehefrau zu prüfen sei. Anders als der Verwandtenunterhalt werde der Ehegattenunterhalt zivilrechtlich auch jenseits der Bedürftigkeit geschuldet. Der haushaltsführende Ehegatte sei nicht verpflichtet, zunächst seine Arbeitskraft zu verwerten. In diesem Fall unterstützte der Steuerpflichtige seine nicht berufstätige Ehefrau, die mit den in Ausbildung befindlichen Kindern in Bosnien-Herzegowina lebte.