Rechtmäßigkeit einer zweiten Anschlussprüfung bei Kleinbetrieb

Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass auch bei Kleinbetrieben Anschlussprüfungen zulässig sind.

Ob die Behörde bei Anordnung einer zweiten Anschlussprüfung im Einzelfall ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, ist revisionsrechtlich nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Der Kläger verliert sein Recht zur Rüge mangelnder Aufklärung des behaupteten schikanösen Verhaltens des Finanzamts, wenn er in der mündlichen Verhandlung vor dem FG hierzu keinen Beweisantrag stellt und die unterlassene Sachaufklärung auch nicht rügt.

BFH Beschluss vom 09.11.2010 – VIII S 8/10 BFHNV 2011 S. 297

Begründung:

Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass auch bei Kleinbetrieben –wie im Falle des Klägers– Anschlussprüfungen zulässig sind. Weder die Abgabenordnung noch die Betriebsprüfungsordnung schließen dies aus, auch nicht hinsichtlich einer weiteren (zweiten) Anschlussprüfung. Ob die Finanzbehörde bei Anordnung einer zweiten Anschlussprüfung ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen und deshalb nicht im Allgemeininteresse klärungsfähig.

 

Keine Begründung für eine erste Anschlussprüfung erforderlich

Eine erste Anschlussprüfung bedarf keiner weiteren Begründung.

BFH 19.11.2009 IV B 62/09 BFHNV 2010 S. 595 f

Begründung:

Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam, ob das FA "eine Anordnung einer 3. Außenprüfung, d.h. einer 2. Wiederholungsprüfung in Folge, ohne 1-jährige Pause, nach § 193 Abs. 1 AO ohne Angabe von Gründen erlassen" kann, "die eine nachvollziehbare Ermessensentscheidung erkennen lässt, ohne damit die Grenzen des Willkür- und Schikaneverbots zu überschreiten".

Die Klägerin hat zwar im finanzgerichtlichen Verfahren gegen die Prüfungsanordnung vorgetragen, dass bei ihrer "Rechtsvorgängerin" bereits für die Jahre 2001 und 2002 eine Außenprüfung stattgefunden habe. Aber selbst wenn diese Außenprüfung zu berücksichtigen wäre, ergäbe sich ein ununterbrochener Prüfungszeitraum von 2001 bis 2003. Dies entspricht einem nach § 4 Abs. 3 Satz 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung vom 15. März 2000 –BpO 2000– (BStBl I 2000, 368) ohne weiteres zulässigen Umfang einer Außenprüfung. Demnach wäre die nunmehr angeordnete Prüfung ebenfalls als die erste Anschlussprüfung anzusehen.

Darüber hinaus ist bereits geklärt, dass eine erste Anschlussprüfung keiner weiteren Begründung bedarf. Durch die Rechtsprechung des BFH ist ferner entschieden, dass sogar eine sog. Anlassprüfung nur begründet werden muss, sofern dies zum Verständnis der Prüfungsanordnung wegen der besonderen Umstände oder nach Art der angeordneten Maßnahme erforderlich ist. Im Übrigen sieht § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO 2000 nunmehr ausdrücklich vor, dass die Finanzbehörden bei der Festlegung des Prüfungszeitraums nicht daran gehindert sind, auch bei Betrieben, die keine Großbetriebe, Konzerne und international verbundene Unternehmen sind, sog. Anschlussprüfungen vorzunehmen.

Zeitnahe Betriebsprüfung “im Jahrestakt” gegen den Willen des Unternehmens bedenklich

Die Selbstbindung der Finanzverwaltung durch Ihre Betriebsprüfungsordnung kann gegen den Gleichheitsgrundsatz Artikel 3 des Grundgesetz (GG) verstoßen.

FG Köln Beschluss vom 07.07.2009, 13 V 1232/09

Erläuterung:

Nach der Betriebsprüfungsordnung unterliegen sog. Großbetriebe der lückenlosen Anschlussprüfung. Jeder Prüfungszeitraum schließt an den vorherigen Prüfungszeitraum an, so dass im Ergebnis jeder Veranlagungszeitraum vom Betriebsprüfer des Finanzamts überprüft wird. In der Vergangenheit wurden im Rahmen einer Prüfung regelmäßig drei oder mehr Jahre überprüft, so dass die Unternehmen bisher nicht jedes Jahr die Betriebsprüfung im Unternehmen hatten.

Vor diesem Hintergrund hält der 13. Senat des Finanzgerichts Köln es grundsätzlich für bedenklich, ob die in Nordrhein-Westfalen eingeführte zeitnahe Betriebsprüfung von Großbetrieben, bei der vom Finanzamt jeweils nur ein Veranlagungszeitraum geprüft wird, gegen den Willen des Unternehmens ermessensfehlerfrei angeordnet werden könne. In seinem Beschluss vom 7.7.2009 (13 V 1232/09) externer Link, öffnet neues Browserfensterwies er darauf hin, dass die Verkürzung des Prüfungszeitraums für einen Großbetrieb nicht nur vorteilhaft sei. Dem Vorteil der größeren Zeitnähe stünden insbesondere die Nachteile sich jährlich wiederholender Prüfungen und eines erheblich höheren Aufwands für die einzelne Prüfung gegenüber. Durch die Anordnung von Betriebsprüfungen im Jahrestakt gegen den ausdrücklichen Willen des betroffenen Unternehmens könnten daher die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten werden.

Der Beschluss erging im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes. Seine grundsätzlichen Bedenken konnte der Senat letztlich dahingestellt lassen, weil in dem zu entscheidenden Fall bereits aufgrund von Ermessensfehlern im Einzelfall Zweifel daran bestanden, ob die Verkürzung des Prüfungszeitraums rechtmäßig ist.