Voraussetzungen für den Übergang wirtschaftlichen Eigentums, Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

Voraussetzungen für den Übergang wirtschaftlichen Eigentums, Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

BFH Urteil vom 20.7.2010, IX R 38/09

Begründung:

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt Satz 1 entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre i.S. von Satz 1 beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG). Eine Veräußerung i.S. von § 17 EStG wird mit der Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auf den Erwerber verwirklicht.

Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auf einen Erwerber über, wenn der Käufer des Anteils

 

aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann (ständige Rechtsprechung, und

 

die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht, sowie  das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer     Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.

 Ein   besitzloses   wirtschaftliches Eigentum setzt weiter voraus, dass der Inhaber des zivilrechtlichen Eigentums bezüglich des Wirtschaftsguts allein den Weisungen des anderen zu folgen verpflichtet ist und dieser jederzeit die Herausgabe (Übertragung des Eigentums an sich) verlangen kann.

 Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen. Eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende Zuordnung eines Wirtschaftsguts kann deshalb auch anzunehmen sein, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt sind. Demgemäß ist auch bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend.