Vorsteuerberichtigung bei Rückgewähr einer Anzahlung

Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.
Für die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist für den Umstand, "ob die Leistung … nicht ausgeführt worden ist", auf den Zeitpunkt der Entgeltrückgewähr abzustellen. Es kommt es nicht darauf an, ob im Wege einer Prognose noch mit einer voraussichtlichen Ausführung der Leistung zu rechnen ist.

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 22.05.2012, 5 K 259/11

Begründung:Gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 UStG hat der Unternehmer, der für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet hat, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausgeführt worden ist.Diese Vorschrift ist notwendiges Korrektiv zur Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 bzw. Buchst. b UStG, wonach die Steuer bei Voraus- bzw. Anzahlungen bereits vor Ausführung der Leistung entsteht, und zur Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, wonach die Steuer, die auf eine Zahlung vor Ausführung der Leistung entfällt, als Vorsteuer bereits abziehbar ist, wenn die Zahlung geleistet ist.

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird. Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird. V

Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt.

Bilanzielle Behandlung von Provisionszahlungen gemäß vertraglicher Vereinbarungen

Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den Vertragsgestaltungen im konkreten Einzelfall ab.

Soweit in Übereinstimmung mit den vertraglichen Vereinbarungen lediglich Provisionsvorschüsse ausgezahlt werden, dürfen diese Zahlungen den Gewinn nicht erhöhen, sondern sind als "erhaltene Anzahlungen" zu passivieren.

BFH Urteil vom 17.03.2010 – X R 28/08 BFH NV 2010 S. 2033 ff

Begründung:

Der BFH hat bereits entschieden, dass ein Provisionsanspruch, der entstanden ist, sobald der vom Versicherungsmakler vermittelte Vertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer zustande gekommen ist, stets und in vollem Umfang zu aktivieren ist. Hinsichtlich der am Bilanzstichtag von den Versicherungen bereits gezahlten Provisionen ist ebenfalls geklärt, dass für sie die gleichen Erwägungen wie für die Aktivierung von Provisionsforderungen gelten. Stellen sie Entgelt für einen bereits entstandenen Provisionsanspruch dar, sind sie gewinnerhöhend als Erlöse zu verbuchen. Sind die Zahlungen nach den Vereinbarungen hingegen lediglich als Provisionsvorschüsse zu werten, fehlt es an einer Gewinnrealisierung. Solche Zahlungen sind dann als "erhaltene Anzahlungen" nach § 266 Abs. 3 Abschn. C.3. HGB zu passivieren.

Wann der Provisionsanspruch eines Versicherungsvertreters entsteht, richtet sich –entgegen der Auffassung des FG– nach den zwischen den Versicherungen und dem Versicherungsvertreter geschlossenen Verträgen. Nach der Sonderregelung des § 92 Abs. 4 HGB, die den in § 87a Abs. 1 bis 3 HGB für Handelsvertreter enthaltenen Regelungen vorgeht, hat der Versicherungsvertreter Anspruch auf eine Provision, sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. § 92 Abs. 4 HGB überlässt es daher der Vertragsgestaltung, welche Prämienzahlung zur Entstehung des Provisionsanspruchs führen soll. Liegen entsprechende vertragliche Vereinbarungen bezüglich der Abhängigkeit der Entstehung des Provisionsanspruchs von der Prämienzahlung vor, ist auch die Anwendbarkeit des § 87a Abs. 1 Satz 3 HGB ausgeschlossen, wonach unabhängig von einer Vereinbarung der Provisionsanspruch entsteht, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

Der Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch auf eine Vermittlungsprovision im Versicherungsgeschäft realisiert ist, hängt von den Vertragsgestaltungen im konkreten Einzelfall ab. Die Entstehung des Provisionsanspruchs kann daher vertraglich zum Beispiel von der Zahlung der ersten Jahresprämie durch den Versicherungsnehmer, von der Zahlung einer bestimmten Anzahl von Monatsprämien oder der Zahlung der Abschlussgebühr abhängig gemacht werden. Bei mehreren Prämienzahlungen kann zudem bestimmt werden, ob sich für den Vermittler nur aus der ersten Prämienzahlung oder jeder Prämienzahlung ein Provisionsanpruch ergeben soll.

Entgegen der Auffassung des FG ist § 92 Abs. 4 HGB abdingbar. Vertraglich kann also z.B. auch ein Recht auf die Zahlung von Vorschüssen oder von Teilprovisionen –z.B. bei laufend zu leistenden Prämienzahlungen– vereinbart werden

 

Keine Änderung der Bemessungsgrundlage vor Rückgewähr vereinnahmter Anzahlung

Vereinnahmt der Unternehmer eine Anzahlung, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, kommt es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG.

Wird die Leistung nach Vereinnahmung des Entgelts rückgängig gemacht, entsteht der Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG erst mit der Rückgewähr des Entgelts

BFH Urteil vom 2.9.2010, V R 34/09

Begründung:

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung lagen nicht vor, so dass eine Änderung des Steuerbescheides nicht in Betracht kommt. Denn die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG setzt für den Fall einer bereits erfolgten Entgeltvereinnahmung die Rückzahlung des Entgelts voraus.

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, muss der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in seiner im Streitjahr 2001 anzuwendenden Fassung den dafür geschuldeten Steuerbetrag berichtigen. Diese Berichtigung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.

Mit Urteil vom 18. September 2008 V R 56/06 (BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Leitsatz) hat der Senat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts vereinbaren, sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur insoweit mindert, als das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum der Rückgewähr vorzunehmen ist.

 Diese Rechtsprechung beruht maßgeblich darauf, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage bildet, für eine Sollbesteuerung aber kein Raum bleibt, soweit der leistende Unternehmer das Entgelt vereinnahmt hat. Hat der Unternehmer das "Soll"-Entgelt bereits vereinnahmt, ändert sich die Bemessungsgrundlage nicht schon durch (bloße) Vereinbarung einer "Entgeltsminderung", sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelt

Unerheblich ist, ob das vereinbarte Entgelt ganz oder zum Teil vereinnahmt oder die volle oder nur teilweise Minderung vereinbart ist. Soweit das vereinbarte Entgelt vereinnahmt worden ist, kann die Bemessungsgrundlage nicht mehr durch (bloße) Vereinbarung, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des (teilweise) vereinnahmten Entgelts geändert werden.