Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage

Die verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1999, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (Anschluss an BFH-Urteil vom 27. Februar 2008 XI R 50/07, BFH/NV 2008, 1086).

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.5.2008, V R 12/07

Begründung:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in den Urteilen vom 29. Mai 2008 V R 12/07 und vom 27. Februar 2008 XI R 50/07 zur Umsatzsteuer bei verbilligter Überlassung von Arbeitskleidung entschieden.

Der Ansatz einer Mindestbemessungsgrundlage ist u.a. nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz geboten bei Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, wenn das vom Arbeitnehmer tatsächlich entrichtete Entgelt hinter den Ausgaben des Arbeitgebers zurückbleibt.
Der BFH entschied: Die verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage, wenn sie – wie in den Streitfällen – durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
Ein Metzger und ein Metallbauunternehmer hatten ihren Arbeitnehmern die im Betrieb zu tragende einheitliche, mit Schriftzug versehene Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt. Die private Nutzung war ausgeschlossen. Um die Arbeitnehmer zum sorgsamen Umgang mit der Arbeitskleidung anzuhalten und wegen ersparter Bekleidungsaufwendungen, wurden sie mit einem Monatsbetrag an den Gesamtkosten (Leasing und Reinigung der Arbeitskleidung) beteiligt. Die tatsächlichen Kosten des Arbeitgebers waren wesentlich höher. Das Finanzamt hatte deshalb – zu Unrecht – die Mindestbemessungsgrundlage angesetzt.

Entgeltliche Überlassung von Arbeitskitteln an Mitarbeiter

Die verbilligte Überlassung von Arbeitskitteln und -jacken unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1999, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

Bundesfinanzhof Urteil vom 27. Februar 2008 XI R 50/07

Im vorliegenden Fall behielt der Arbeitgeber für die Überlassung und die Reinigung der Arbeitskleidung Arbeitslohn ein. Den einbehaltenen Arbeitslohn behandelte der Arbeitgeber als Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das Finanzamt ( –FA–) fest, dass die Arbeitnehmer der GmbH für die Bereitstellung und die Reinigung der Arbeitskleidung zwar Entgelte zu entrichten hatten, diese sich in den Streitjahren jedoch nur auf ca. 30 bis 46 % der für die Leistungen des Serviceunternehmens entstandenen Kosten beliefen. Die entgeltliche oder die teilentgeltliche Überlassung von Arbeitskleidung sei als sonstige Leistung gemäß § 3 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) anzusehen, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig sei. Hierfür sei es unerheblich, dass die Kleidung nur aus betrieblichen Zwecken getragen werde.

Im Streitfall haben die Arbeitnehmer durch die Überlassung und Reinigung der Arbeitskittel und -jacken einen verbrauchsfähigen Vorteil erlangt. Sie mussten während der Arbeitszeit keine eigene Bekleidung verwenden, so dass sich für sie ein verminderter Aufwand für Neubeschaffungen und Reinigung ergab. Auf die mit dieser Leistung durch die GmbH verfolgte Zielsetzung kommt es für den Leistungstatbestand nicht an. Auf Grund des Einbehalts vom Arbeitslohn handelte es sich auch um eine entgeltliche Leistung. Es liegt keine nur symbolische Vergütung vor, der umsatzsteuerlich kein Entgeltcharakter zukommt; ob das Entgelt dem objektiven Wert der Leistung entspricht, ist unerheblich.

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall unterliegen die entgeltlichen Leistungen der GmbH nicht der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG. Es fehlt unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils in Slg. 1997, I-5577, UR 1998, 61 an einer Leistung auf Grund des Dienstverhältnisses. Denn nach den Feststellungen des FG wurden mögliche private Bedürfnisse der Arbeitnehmer durch die betrieblichen Belange verdrängt, da die Arbeitskittel und -jacken als typische Berufskleidung vorrangig aus unternehmerischen Gründen, insbesondere aus Gründen der gebotenen Gesundheitshygiene überlassen wurden.