Nutzung eines Büroarbeitsplatzes für Fortbildungsmaßnahmen

Steht einem Arbeitnehmer ein Büroarbeitsplatz auch für betrieblich gewünschte Fortbildungsmaßnahmen (hier Sprachkurs) zur Verfügung, schließt dies die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für ein zur Fortbildung genutztes häusliches Arbeitszimmer aus.

Ob ein "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht, hängt nicht davon ab, in welchem Umfang der Arbeitnehmer die ihm am Büroarbeitsplatz zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel nutzen darf.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 5.10.2011, VI R 91/10

Begründung:

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Streitjahre (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift u.a. dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift die Höhe der abziehbaren Aufwendungen regelmäßig auf 1.250 EUR begrenzt.

Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Er steht aber nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit … zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der –an sich vorhandene– andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Es genügt jedoch nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten.

Der Arbeitsplatz des Klägers bei seinem Arbeitgeber ist als Büroarbeitsplatz ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung. Dieser stand dem Kläger auch für seine sämtlichen beruflichen Zwecke zur Verfügung. Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, betrifft die Tatsachenfeststellung. Sie muss von den Finanzgerichten anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden.

Im Übrigen kommt es bei der Frage, ob ein "anderer Arbeitsplatz" im Betrieb des Arbeitgebers zur Verfügung steht, nicht darauf an, in welchem Umfang der Arbeitnehmer dort die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel, wie beispielsweise einen Computer, nutzen darf. Wie oben dargestellt, ist zwischen Arbeitsplatz (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG) und Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG) zu unterscheiden.

 

 

 

Häusliches Arbeitszimmer bei Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten

Häusliches Arbeitszimmer bei Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten

Beschluss vom 29.4.2010, VI B 153/09

Begründung:
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer auch auf den vom –den Abzug begehrenden– Arbeitnehmer wirksam angestellten Ehegatten anzuwenden ist, wenn dieser das Büro im gemeinsamen Wohnhaus zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten nutzt, ist eindeutig zu bejahen und bereits durch den BFH geklärt.
Continue reading

Häusliches Arbeitszimmer eines Betriebsprüfers

Häusliches Arbeitszimmer eines Betriebsprüfers

BFH Beschluss vom 20.4.2010, VI B 150/09

Begründung:

Wenn der Steuerpflichtige vorbringt, dass die weitere Sachverhaltserforschung ergeben hätte, dass der Kläger zu mehr als 50 % seiner Arbeitszeit in seinem Arbeitszimmer tätig gewesen sei, verkennt der Kläger überdies den rechtlichen Maßstab, nach dem zu beurteilen ist, ob der Schwerpunkt der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt.

Denn insoweit ist nicht allein der zeitliche Anteil der Tätigkeit dafür entscheidend, unter welchen Voraussetzungen ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet. Maßgeblich ist vielmehr der inhaltliche (qualitative) Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu.

Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers verfassungswidrig

Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 6. Juli 2010 – 2 BvL 13/09
 

Erläuterungen:

Mit dem Jahressteuergesetz 1996 wurde in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG 
die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ausschließlich 
betrieblich oder beruflich genutzte häusliche Arbeitszimmer als 
Betriebsausgaben oder Werbungskosten erstmals eingeschränkt. Eine 
Ausnahme vom grundsätzlich geregelten Verbot des Abzugs solcher 
Aufwendungen galt danach dann, wenn die betriebliche oder berufliche 
Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und 
beruflichen Tätigkeiten betrug oder wenn für die betriebliche oder 
berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Eine 
unbeschränkte Abzugsmöglichkeit war darüber hinaus nur noch zugelassen, 
wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und 
beruflichen Tätigkeit bildete. Das Bundesverfassungsgericht hat in 
seinem Urteil vom 7. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 297) die 
Verfassungsmäßigkeit dieser Einschränkung bejaht. 
 
Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurde die Abzugsmöglichkeit weiter 
eingeschränkt. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erlaubt den Abzug der 
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der 
Ausstattung nur noch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der 
gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Kläger des 
Ausgangsverfahrens, der beruflich als Hauptschullehrer tätig ist, nutzte 
täglich für zwei Stunden ein ausschließlich beruflich genutztes 
häusliches Arbeitszimmer. Die von ihm beantragte Zuweisung eines 
Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts 
war vom Schulträger abgelehnt worden. Das Finanzamt ließ die vom Kläger 
in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 geltend gemachten 
Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unberücksichtigt. Die 
deswegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage führte zur Vorlage des 
Finanzgerichts. 
 
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit einer Mehrheit 
von 5:3 Stimmen entschieden, dass die Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 
Nr. 6b EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit die 
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann von der 
steuerlichen Berücksichtigung ausgeschlossen sind, wenn für die 
betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur 
Verfügung steht. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet, rückwirkend 
auf den 1. Januar 2007 durch Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b 
EStG den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Gerichte und 
Verwaltungsbehörden dürfen die Vorschrift im Umfang der festgestellten 
Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht mehr anwenden, laufende 
Verfahren sind auszusetzen. 
 
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: 
 
Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt vom Einkommensteuergesetzgeber 
eine an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete hinreichend 
folgerichtige Ausgestaltung seiner Belastungsentscheidungen. Die für die 
Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle 
Leistungsfähigkeit bemisst sich unter anderem nach dem objektiven 
Nettoprinzip. Danach sind betrieblich oder beruflich veranlasste 
Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der 
Bemessungsgrundlage abziehbar. Benachteiligende Ausnahmen von dieser 
Belastungsgrundentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers bedürfen 
eines besonderen sachlichen Grundes, um den Anforderungen des 
allgemeinen Gleichheitssatzes zu genügen. 
 
Daran fehlt es hier. Die im Gesetzgebungsverfahren angeführten 
fiskalischen Gründe sind nicht geeignet, die Neuregelung vor dem 
allgemeinen Gleichheitssatz zu rechtfertigen. Das Ziel der 
Einnahmenvermehrung stellt für sich genommen keinen hinreichenden 
sachlichen Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Ausgestaltung 
einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen dar. Denn dem Ziel 
der Einnahmenvermehrung dient jede, auch eine willkürliche steuerliche 
Mehrbelastung. 
 
Darüber hinaus verfehlt die Neuregelung das Gebot einer hinreichend 
realitätsgerechten Typisierung, soweit Aufwendungen für das häusliche 
Arbeitszimmer auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn für die 
betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur 
Verfügung steht. Denn der Mangel eines alternativen Arbeitsplatzes, der 
sich durch die Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers ohne 
weiteres nachweisen lässt, liefert eine leicht nachprüfbare 
Tatsachenbasis für die Feststellung der tatsächlich betrieblichen oder 
beruflichen Nutzung und damit die Möglichkeit einer typisierenden 
Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre. Dagegen ist die Ermittlung und 
Bestimmung der nach der Neuregelung vom Abzugsverbot ausgenommenen 
Kosten eines Arbeitszimmers, das den „qualitativen“ „Mittelpunkt“ der 
gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet, offenkundig 
aufwendig und streitanfällig. Gemessen an den Zielen des Gesetzes - 
Vereinfachung, Streitvermeidung und Gleichmäßigkeit der Besteuerung - 
wird das Abzugsverbot, soweit es die Fallgruppe „kein anderes 
Arbeitszimmer“ betrifft, den Anforderungen einer realitätsgerechten 
Typisierung daher nicht gerecht. 
 
In Erweiterung der verfassungsrechtlichen Prüfung hat das 
Bundesverfassungsgericht jedoch entschieden, dass die Ausdehnung des 
Abzugsverbotes nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, 
soweit davon nunmehr auch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer 
erfasst sind, das zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder 
beruflichen Tätigkeit ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt 
wird. Der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers ist allenfalls ein 
schwaches Indiz für dessen Notwendigkeit, wenn dem Steuerpflichtigen von 
seinem Arbeitgeber ein weiterer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt 
wird. Es fehlt zudem an leicht nachprüfbaren objektiven Anhaltspunkten 
für die Kontrolle der Angaben des Steuerpflichtigen zum Umfang der 
zeitlichen Nutzung des Arbeitszimmers. 
 

 

 

Zuordnung der Aufwendungen für ein von Ehegatten betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer

Nutzen Ehegatten einen Raum in einem von ihnen bewohnten und in ihrem Miteigentum stehenden Haus, um Dienstleistungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks einer zwischen ihnen bestehenden Personengesellschaft zu erbringen, so sind ihnen die auf diesen Raum entfallenden und von ihnen getragenen Aufwendungen (AfA, Schuldzinsen, Energiekosten) nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zuzuordnen.

Nutzen die Ehegatten für diesen Zweck einen Raum in einer von ihnen bewohnten und gemeinsam angemieteten Wohnung, so sind ihnen die anteiligen Mietzinsen und die anteiligen Energiekosten zur Hälfte zuzuordnen.

Nutzen Ehegatten gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer, so steht einem Ehegatten, der seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 1. Halbsatz EStG 1997 beschränkt abziehen kann, der Höchstbetrag nach dieser Vorschrift nur anteilig zu. Mehrere häusliche Arbeitszimmer, die während eines Veranlagungszeitraums nacheinander in verschiedenen Wohnungen oder Häusern genutzt werden, sind für die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 1. Halbsatz EStG 1997 als ein Objekt anzusehen.

BFH Urteil vom 23. September 2009 IV R 21/08

Begründung:

Unter dieser Voraussetzung sind sie den Ehegatten nach ihren Miteigentumsanteilen zur Hälfte zuzurechnen. In diesem Umfang haben sie die Aufwendungen auch selbst getragen. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Ehegatten die Darlehen gemeinsam aufgenommen haben. Solange die Ehegatten keine besonderen Abmachungen getroffen haben, ist jede Zahlung, die dem Arbeitszimmer zugeordnet ist, nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile als für Rechnung des jeweiligen Ehegatten aufgewendet anzusehen. Gleichgültig ist, aus wessen Mitteln die Zahlung im Einzelfall stammt. Das gilt nicht nur für Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern auch für Zins- und Tilgungsleistungen auf die Darlehensschuld (§ 426 Abs. 1 BGB).

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG).

In diesen Fällen wird nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM (1250 €) begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

"Häusliches Arbeitszimmer" ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient; für die Qualifizierung ist unerheblich, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 der Abgabenordnung darstellt . Entscheidend für die Einbindung in die "häusliche Sphäre" ist, dass der Raum nicht für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet ist. Ein Raum, der zusätzlich zum häuslichen Arbeitszimmer als Archiv genutzt wird, kann zusammen mit diesem unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fallen.

Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für häusliche Arbeitszimmer

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das ab Veranlagungszeitraum 2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG betreffend Aufwendungen (hier: eines Lehrers, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht) für ein häusliches Arbeitszimmer, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist.

BFH Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09

Erläuterungen:

Mit Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das ab 2007 geltende Verbot, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abzuziehen, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist. Im entschiedenen Fall ging es um Arbeitszimmer von Lehrern, denen kein anderer Arbeitsplatz als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung steht.

Seit dem Veranlagungszeitraum 2007 sind Aufwendungen für ein beruflich/betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer nur noch steuerlich abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet (§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Arbeitszimmerkosten von Lehrern, bei denen der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit regelmäßig in der Schule liegt, sind nach dieser Regelung grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig. Gleichwohl hat der BFH nun in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren –ohne Präjudiz für die Hauptsache– mit Beschluss vom 25. August 2009 entschieden, dass bei einem Lehrer, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten im Lohnsteuerermäßigungsverfahren zu berücksichtigen sind.

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung, da die Frage, ob § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verfassungsmäßig ist, in der Literatur kontrovers diskutiert werde und zu unterschiedlichen Entscheidungen der Finanzgerichte geführt habe. Der BFH hat deshalb die Interessen des Antragstellers und des von Steuereinnahmen abhängigen Gemeinwesens gegeneinander abgewogen. Dabei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls im Streitfall dem Interesse des Steuerpflichtigen an einem –möglicherweise nur vorläufigen–Werbungskostenabzug ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung, nicht entgegensteht. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung selbst hat sich der BFH nicht geäußert. Diese Fragestellung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die neue Arbeitszimmerregelung ist verfassungsgemäß

Die Neuregelung des Einkommensteuergesetz 2007 zur Behandlung von Aufwendungen für Arbeitszimmer  ist nicht verfassungswidrig

Finanzgericht Rheinland Pfalz Urteil vom 17. Februar 2009 (Aktenzeichen 3 K 1132/07)

 Sachverhalt:

Die Kläger sind beide Lehrer und nutzen in ihrem Einfamilienhaus jeweils ein Arbeitszimmer. In den Vorjahren hatte das Finanzamt ( FA–)die von den Klägern insoweit geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

Im Jahre 2006 beantragten die Kläger bei dem FA für das Jahr 2007 jeweils einen Freibetrag für ein häusliches AZ in Höhe von je 1.250.- € auf der Lohnsteuerkarte einzutragen. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dass nach dem Steueränderungsgesetz 2007 ab dem Veranlagungszeitraum 2007 eine Abzugsfähigkeit nur gegeben sei, wenn das AZ den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstelle. Diese Voraussetzungen seien bei den Klägern aufgrund ihrer Tätigkeit in der Schule nicht erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – stelle das häusliche AZ eines vollzeitbeschäftigten Lehrers an einer Schule nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar.

Begründung:

Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass die Nichteintragung eines Freibetrages für ein AZ in Höhe von jeweils 1.250.- € auf den Lohnsteuerkarten 2007 nicht rechtswidrig gewesen sei. Nach der gesetzlichen Neuregelung seien Aufwendungen für ein häusliches AZ nur noch dann berücksichtigungsfähig, wenn das AZ den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde. Das FG folge der ständigen Rechtsprechung des BFH, wonach das häusliche AZ eines in Vollzeit beschäftigten Lehrers in aller Regel nicht den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstelle. Es bestünden zwar gewisse Zweifel, ob das Steueränderungsgesetz 2007 mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz vereinbar sei.

Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz hält sich die entsprechende Gesetzesänderung gerade noch im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraums, denn im Bereich des Steuerrechts habe der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum. Hinsichtlich der Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung sei zu sehen, dass jede gesetzliche Regelung verallgemeinern müsse. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen sei der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergebe. Auf dieser Grundlage dürfe er typisierende pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Die Neuregelung werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerade noch gerecht.

Die Norm weiche zwar von dem nach dem Nettoprinzip maßgeblichen Veranlassungsprinzip ab. Verfassungsrechtlich hinreichende sachliche Gründe für diese Abweichung ergäben sich aber aus den gesetzgeberischen Typisierungsbefugnissen unter dem Aspekt gemischt veranlasster Aufwendungen. Zwar seien Lehrer arbeits- oder dienstrechtlich verpflichtet, ihren Unterricht vor- und nachzubereiten, wobei es sich dabei um Tätigkeiten handele, die ein Lehrer im häuslichen Bereich verrichten müsse, wenn ihm in der Schule kein entsprechender Raum zur Verfügung stehe. Dafür lasse sich aber für den Regelfall nicht ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass hierfür zwangsläufig pflichtbestimmte Aufwendungen für ein vom privaten Bereich getrenntes AZ anfallen würden, weil die Tätigkeiten ausschließlich nur in einem solchen Raum ausgeübt werden könnten. Sie könnten vielmehr auch in sonstigen Räumen oder einer „Arbeitsecke“ verrichtet werden. Andererseits führe ein zusätzlicher Raum eines AZ insgesamt zu einer Steigerung der Wohnqualität, die hierfür getätigten Aufwendungen stellten – anders als etwa die Fahrten zur Arbeitsstätte – keine unausweichlichen Ausgaben dar.

Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Betätigung bei einem selbständigen Dozenten, der zugleich schriftstellerisch und beratend tätig ist nicht im häuslichen Arbeitszimmer

Der Betätigungsmittelpunkt eines selbständigen Dozenten, der seine Lehrveranstaltungen und Seminare im häuslichen Arbeitszimmer vorbereitet und dort zusätzlich schriftstellerisch und beratend tätig wird, befindet sich nicht im häuslichen Arbeitszimmer.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 10. Dezember 2008 7 K 97/07 EFG 2009S. 649ff

Anmerkung:

Gegen die Entscheidung ist Revision eingelegt worden.

Arbeitszimmer bei Kapitaleinkünften







Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht deshalb bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in voller Höhe abzuziehen, weil der Steuerpflichtige Anlageentscheidungen ausschließlich im Arbeitszimmer trifft.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Fassung ist gemäß § 9 Abs. 5 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass bei der Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Steuerpflichtigen abzustellen ist.

BFH  Beschluss vom 27. März 2009 VIII B 184/08

Über die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden ist. Die Frage hat aber gleichwohl keine grundsätzliche Bedeutung, da sie nicht klärungsbedürftig ist.

Nach der Grundregel in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen veranlasst und deshalb Werbungskosten sein. Voraussetzung ist, dass der Arbeitsraum so gut wie ausschließlich zur Einkünfteerzielung und nicht privat genutzt wird.

 Trotzdem sind die Aufwendungen für ein solches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG grundsätzlich nur beschränkt abziehbar. Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, können die Aufwendungen in vollem Umfang abgezogen werden. Diese Regelung gilt nach § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß auch für alle Überschusseinkunftsarten. Die Abzugsbeschränkung verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip; sie ist verfassungsgemäß.

 Die Verweisung in § 9 Abs. 5 EStG ("gilt sinngemäß") bedeutet, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuwenden ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG seinem Wortlaut nach auf den Mittelpunkt der gesamten "betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" abstellt und dass im natürlichen Sprachgebrauch durchaus zwischen der Ausübung eines Berufs und der Verwaltung des privaten Vermögens unterschieden wird. Für eine nach den Einkunftsarten unterschiedliche steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer spricht nichts.

 

 

Unbeschränkter Abzug von Aufwendungen für beruflich genutzte Räume, die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechen







Ein Raum ist als häusliches Arbeitszimmer von anderen beruflich genutzten Zimmern im häuslichen Bereich abzugrenzen.

Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, sind auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind.

Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich, sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar.

BFH Urteil vom 26. März 2009 VI R 15/07

Erläuterungen:

Nutzt ein Arbeitnehmer Räume zu beruflichen Zwecken, die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zugeordnet werden können, sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich uneingeschränkt als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbar, so hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 26. März 2009 VI R 15/07 entschieden.

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG kann ein Arbeitnehmer Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehen. Ein uneingeschränkter Abzug ist nach Satz 3 der Vorschrift in der bis 2006 geltenden Fassung nur zulässig, wenn das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Häusliches Arbeitszimmer ist das häusliche Büro, d.h. ein Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre eingebunden und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher und verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Begehrt der Arbeitnehmer den Werbungskostenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer für jeden Raum gesondert vorzunehmen, es sei denn, die Räume bilden eine funktionale Einheit.

Im Streitfall gab der Kläger an, die im Erdgeschoss seines Zweifamilienhauses gelegene 70 qm große Wohnung ausschließlich für berufliche Zwecke zu nutzen. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass nur zwei Räume ihrer Ausstattung und Funktion nach einem Büro entsprächen. Die übrigen Räume seien nicht büromäßig ausgestattet mit der Folge, dass allein deshalb ein Werbungskostenabzug ausscheide. Der BFH folgte dieser Auffassung nicht und hob die Vorentscheidung auf.