Die steuerliche Neuregelung zum häuslichen Arbeitszimmer soll zumindest teilweise verfassungswidrig sein







Es soll eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt werden, ob durch die im Steueränderungsgesetz 2007 eine Regelung getroffen worden ist, die insoweit gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, als der Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann nicht mehr möglich ist, wenn für die betriebliche oder

berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Finanzgericht Münster Beschluß vom 08.05.2009,  1 K 2872/08 E

Begründung:

Die Neuregelung zum häuslichen Arbeitszimmer gilt seit 2007 und besagt, dass ein häusliches Arbeitszimmer nur abzugsfähig ist, wenn es den Mittelpunkt des Berufslebens darstellt. Dadurch werden eine Reihe von Arbeitnehmern nach Auffassung des Gerichts benachteiligt. Sie konnten bis 2006 ihr Arbeitszimmer von der Steuer absetzen, weil ihnen ihr Arbeitgeber keinen eigenen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hat. Dieses Arbeitszimmer  war bis zu 1250 Euro als Werbungskosten abzugsfähig.

Im aktuellen Fall hatte ein Lehrer am Finanzgericht in Münster geklagt (Az.: 1 K 2872/08 E) und einen Teilerfolg erzielt, denn der zuständige Senat setzte das Verfahren aus und gab die Frage an das Bundesverfassungsgericht weiter. Die Münsteraner Richter beurteilten die Neuregelung als teilweise verfassungswidrig, weil sie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verstößt. Es entspreche nicht der Verfassung, dass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht berücksichtigt werden, obwohl im Falle des Lehrers für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dadurch entstehe ein Nachteil gegenüber anderen Arbeitnehmern, die ein Arbeitszimmer außerhalb des Hauses nutzen oder gegenüber Arbeitnehmern, die ihren beruflichen Mittelpunkt zu Hause haben.

Entgegen der Entscheidung der Finanzgerichte in Rheinland-Pfalz und Berlin-Brandenburg hatten die Richter in Münster die Verfassungsmäßigkeit bezweifelt.



Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer

Ob und in welchem Umfang die Aufwendungen für das Herrichten eines häuslichen Arbeitszimmers für eine nachfolgende berufliche Tätigkeit als Werbungskosten abziehbar sind, bestimmt sich nach den zu erwartenden Umständen der späteren beruflichen Tätigkeit. Nicht entscheidend ist, ob die beabsichtigte berufliche Nutzung im Jahr des Aufwands bereits begonnen hat.

Bei einem Steuerpflichtigen, der eine in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistung wöchentlich an drei Tagen an einem häuslichen Telearbeitsplatz und an zwei Tagen im Betrieb seines Arbeitgebers zu erbringen hat, liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer.

Ein auf höchstens 1 250 € beschränkter Abzug ist nach dann möglich, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Im Streitfall wurde durch Einrichtung eines Telearbeitsplatzes der betriebliche Arbeitsplatz zeitweise örtlich ausgelagert bzw. das betriebliche Büro ersetzt. Werden in einem solchen Falle gleichartige und damit in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistungen an drei Tagen an einem häuslichen Arbeitsplatz und an zwei Tagen im Betrieb des Arbeitgebers erbracht, so kann sich der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung nur im häuslichen Arbeitszimmer befinden.

Im Streitfall sind die Kosten für das Herrichten des künftigen Arbeitszimmers in einen Telearbeitsplatz auch unter Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG in unbeschränkter Höhe abziehbar.

BFH Urteil vom 23. Mai 2006 VI R 21/03