Aufwendungen für die Unterbringung im Seniorenwohnstift als außergewöhnliche Belastungen

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Seniorenwohnstift sind zwangsläufig i.S. des § 33 EStG. Sie sind nach Maßgabe der für Krankheitskosten geltenden Grundsätze als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, soweit sie nicht außerhalb des Rahmens des Üblichen liegen.

BFH Urteil vom 14.11.2013 – VI R 21/12 BFHNV 2014 S. 832 ff

Begründung:

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dies gilt auch für Aufwendungen für die Pflege eines Steuerpflichtigen infolge einer Krankheit. Entsprechend sind auch krankheitsbedingte Unterbringungskosten in einer dafür vorgesehenen Einrichtung aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig und daher dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 EStG zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob neben dem Pauschalentgelt gesondert Pflegekosten in Rechnung gestellt werden. Es gelten die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten. Aufwendungen eines nicht pflegebedürftigen Steuerpflichtigen, der mit seinem pflegebedürftigen Ehegatten in ein Wohnstift übersiedelt, erwachsen hingegen nicht zwangsläufig.

Zu den Krankheitskosten gehören die Aufwendungen, die unmittelbar zum Zwecke der Heilung der Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, wie insbesondere Kosten für die eigentliche Heilbehandlung und eine krankheitsbedingte Unterbringung. Solche Aufwendungen werden von der Rechtsprechung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Erforderlich ist lediglich, dass die Aufwendungen mit der Krankheit und der zu ihrer Heilung oder Linderung notwendigen Behandlung in einem adäquaten Zusammenhang stehen und nicht außerhalb des Üblichen liegen. Erfasst wird nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer Mindestversorgung. Dem Grunde und der Höhe nach zwangsläufig sind vielmehr die medizinisch indizierten diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen, deren Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt ist, es sei denn, der erforderliche Aufwand steht zum tatsächlichen in einem offensichtlichen Missverhältnis. In einem solchen Fall fehlt es an der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erforderlichen Angemessenheit.

Die im Streitfall angefallenen Aufwendungen sind dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen. Anlass und Grund für den Umzug der Klägerin in das Wohnstift war ihre durch Krankheit eingetretene Pflegebedürftigkeit; es lag somit eine krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift vor. Für die Entscheidung des Streitfalls kann offen bleiben, ob Voraussetzung für die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen ist, dass der Steuerpflichtige in einem Heim i.S. des § 1 des Heimgesetzes (HeimG) untergebracht ist. Denn nach den Bestimmungen des Wohnstiftvertrags wird nicht lediglich Wohnraum überlassen; vielmehr wird auch Betreuung und Verpflegung zur Verfügung gestellt bzw. vorgehalten, so dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HeimG erfüllt sind. Aus diesem Grund sind neben den konkret angefallenen und in Rechnung gestellten Pflegekosten dem Grunde nach auch die Unterbringungskosten bzw. das Pauschalentgelt für die Wohnung im Wohnstift als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen

Die zu berücksichtigenden Aufwendungen sind um eine Haushaltsersparnis zu kürzen. Eine zusätzliche Gewährung des Pauschbetrags nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG ist ausgeschlossen, da dies zu einer doppelten Berücksichtigung der in den Heimunterbringungskosten enthaltenen Kosten für Dienstleistungen führen würde.

Sollte das FG in seiner ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung der Umstände des Streitfalls weiter zu dem Ergebnis kommen, dass die von der Klägerin krankheitshalber getragenen Unterbringungskosten (beispielsweise aufgrund der Größe des Apartments) in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem medizinisch indizierten Aufwand stehen, hat es die Aufwendungen der Klägerin entsprechend zu kürzen. Abziehbar sind die üblichen Kosten für eine krankheitsbedingte Unterbringung. Wegen des Ansatzes einer zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten kommt im Hinblick auf das beim BFH unter dem Az. VI R 33/13 anhängige Verfahren eine vorläufige Steuerfestsetzung in Betracht (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung).

Aufwendungen für einen Zivilprozess in Rumänien als außergewöhnliche Belastungen

Aufwendungen für einen Zivilprozess sind auch dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn sie im (europäischen) Ausland angefallen sind.

FG Niedersachsen  Urteil vom 08.01.2014  3 K 11296/12

Begründung:

Als außergewöhnliche Belastungen sind Zivilprozesskosten nach dieser neuen Rechtsprechung des VI. Senats jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider und damit  auch des Kostenrisikos eingegangen sein. Demgemäß sind Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung durch die Ehefrau des Klägers bot aus Sicht eines verständigen Dritten eine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hätte. Vielmehr handelt es sich um eine erbrechtliche Streitigkeit, die für die Ehefrau des Klägers eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Schon aus dem teilweise stattgebenden Urteil ergibt sich auch, dass die Klage erfolgsversprechend gewesen ist, die Voraussetzungen für den Abzug der Rechtsverfolgungskosten als außergewöhnliche Belastungen insoweit also gegeben sind.

Nach Auffassung des Gerichts sind aber auch im Hinblick auf das Begehren, die Unwirksamkeit des Grundstückskaufvertrags zu erreichen, hinreichende Erfolgsaussichten zu bejahen. Anders als im deutschen Sachenrecht ist der Eintritt eines gutgläubigen Erwerbs in Rumänien davon abhängig, dass der Alteigentümer seine Rechte nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend macht, zum anderen hat die Ehefrau des Klägers eine rumänische Rechtsanwaltskanzlei mit der Prüfung und Realisierung ihrer Ansprüche beauftragt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass ein Prozess nicht ohne hinreichende Erfolgsaussicht geführt worden wäre. Auch insoweit können die Voraussetzungen für einen steuerlichen Abzug der Rechtsverfolgungskosten also bejaht werden.

Zum Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Zum Abzug von Zivilprozesskosten, die aus einem Berufungsverfahren in einer Scheidungssache resultieren, als außergewöhnliche Belastungen.

FG Münster 20.03.2014, K 1147/ 12 E

Begründung:

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so wird auf Antrag die ESt in bestimmten Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Mit Wirkung vom 30.06.2013 ist in § 33 Abs. 2 EStG ein Satz 4 ergänzt worden, wonach der Abzug von Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen ist, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige in Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Für die Zeit bis zum 29.06.2013 – und damit auch für das Streitjahr 2010 – fehlte eine diesbezügliche gesetzliche Regelung. Die Kosten eines Zivilprozesses konnten nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich auf den Rechtsstand bis zum 29.06.2013 bezieht, unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Entgegen der früheren Rechtsprechung war für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Vielmehr lag für den Steuerpflichtigen die Unausweichlichkeit bereits darin, dass er – will er sein Recht durchsetzen – im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten musste. Der Unausweichlichkeit stand hierbei nicht entgegen, dass eine Prozesspartei in der Regel nur bei Unterliegen mit den Kosten eines Zivilprozesses belastet ist, da die Entscheidung eines Gerichts nur selten mit Gewissheit vorhersehbar ist.

Als außergewöhnliche Belastung waren Zivilprozesskosten nach der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er musste diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider – auch des Kostenrisikos – eingegangen sein. Demgemäß waren Zivilprozesskosten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot). Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reichte nicht aus, um die Zivilprozesskosten als unausweichlich und damit als zwangsläufig ansehen zu können. Der Erfolg musste mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten im Zeitpunkt der Klageerhebung, also aus ex ante-Sicht, hinreichende Erfolgsaussicht aufwies, hat das zur Entscheidung berufene Gericht im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen.

 

 

Treppenlifter als außergewöhnliche Belastung

Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S. von § 33 Abs. 1 SGB V sind nur solche technischen Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen.Ein Treppenlift ist kein Hilfsmittel im Sinne dieser Legaldefinition. Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 und des abschließenden Charakters der Katalogtatbestände in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist die Zwangsläufigkeit und damit die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für den Einbau eines solchen Hilfsmittels nicht formalisiert nachzuweisen. BFH Urteil vom 6.2.2014, VI R 61/12 Begründung (BFH):

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 6. Februar 2014 VI R 61/12 entschieden, dass die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für einen Treppenlift nicht durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen ist. Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Hierzu zählen nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch Krankheitskosten. Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. Betroffen hiervon sind beispielsweise Bade- und Heilkuren oder psychotherapeutische Behandlungen. Im Streitfall ließen die verheirateten Kläger wegen der Gehbehinderung des Klägers einen Treppenlift in ihr selbst genutztes Einfamilienhaus einbauen. Die hierfür entstandenen Aufwendungen von ca. 18.000 € machten sie vergeblich in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2005) als außergewöhnliche Belastung geltend. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Denn die Kläger hätten zuvor ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einholen müssen. Der BFH sieht dies anders. Angesichts des abschließenden Charakters der Katalogtatbestände in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f EStDV sei die Zwangsläufigkeit und damit die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für den Einbau eines solchen Hilfsmittels nicht formalisiert nachzuweisen. Im zweiten Rechtsgang hat das Finanzgericht nun die erforderlichen Feststellungen zur medizinischen Notwendigkeit für die Maßnahme nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen, beispielsweise durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Abziehbarkeit von Aufwendungen für die Heimunterbringung eines Elternteils als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen in einem Altenpflegeheim fallen unter § 33 EStG, während Aufwendungen für deren altersbedingte Heimunterbringung nur nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können.

Untypische Unterhaltsaufwendungen wie infolge Pflegebedürftigkeit entstandene Aufwendungen sind nur nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

BFH Beschluss vom 08.11.2012 – VI B 82/12 BFHNV 2013 S. 525

Begründung:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision war nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) zuzulassen.

Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber unterhaltsberechtigten Person können nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung bis zu 7.680 EUR vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. § 33a Abs. 1 EStG erfasst übliche, typische Aufwendungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts.  Dazu gehören insbesondere Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat sowie notwendige Versicherungen. Nicht unter § 33a EStG fallen hingegen untypische Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer und außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird, z.B. die Übernahme von Krankheits- und Pflegekosten. Insoweit ist der von § 33a Abs. 1 EStG umfasste Bereich enger als der den gesamten Lebensbedarf und damit auch Krankheitskosten umfassende (vgl. § 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Unterhaltsbegriff des Bürgerlichen Rechts. Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung von Angehörigen in einem Altenpflegeheim fallen deshalb unter § 33 EStG, während Aufwendungen für deren altersbedingte Heimunterbringung nur nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden können

Die Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen von Steuerpflichtigen an ihre Eltern ist auch nicht deshalb von grundsätzlicher Bedeutung, weil der gesetzlich geschuldete Unterhalt, den ein Steuerpflichtiger an seine Eltern leisten muss, anders behandelt wird als der Unterhalt an den in Trennung lebenden Ehegatten und an Kinder. In einem künftigen Revisionsverfahren klärbar wäre lediglich die steuerliche Behandlung der hier streitigen untypischen Unterhaltsaufwendungen, die aufgrund der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen entstanden sind. Insoweit liegt die von den Klägern und Beschwerdeführern gerügte Ungleichbehandlung jedoch nicht vor. Da es sich bei der Abgrenzung von typischen und untypischen Unterhaltsaufwendungen um einen allgemeinen Grundsatz handelt, sind untypische Unterhaltsaufwendungen wie infolge Pflegebedürftigkeit entstandene Aufwendungen auch dann nach § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn es sich bei dem Unterhaltsberechtigten, der nicht in der Lage ist, die Aufwendungen selbst zu tragen, um ein Kind des Steuerpflichtigen handelt.  Auch im Rahmen des sog. Realsplittings ist zwischen typischen und untypischen Unterhaltsaufwendungen zu differenzieren. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen sind lediglich typische Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung, z.B. für Ernährung, Wohnung, Kleidung.

 

Abzugsfähigkeit der Kosten für Heileurythmie, ärztliche Verordnung als ausreichender Nachweis

Die Heileurythmie ist keine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr.2 Buchst. f EStDV. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen reicht im Streitfall die vor den Behandlungen ausgestellte ärztliche Verordnung nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV aus.

FG Schleswig Holstein 17.04.2013, 5 K 71/11

Begründung:

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten – ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung – dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl.

Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen, nachdem der Gesetzgeber auf die geänderte Rechtssprechung des BFH zur Nachweispflicht reagiert hat. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch -SGB V-) ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV (i.d.F. des StVereinfG 2011) durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen; bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V). Ein solcher qualifizierter Nachweis ist beispielsweise bei Bade- und Heilkuren (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a EStDV) sowie bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV), erforderlich.

Der formalisierte Nachweis darf allerdings nur in den § 64 Abs. 1 EStDV ausdrücklich geregelten Fällen gefordert werden. So fordert § 64 Abs. 1 Buchst. f EStDV den strengen amtlichen Nachweis nur bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, nicht aber bei wissenschaftlich umstrittenen Behandlungsmethoden. Auch die Behandlungsmethoden der in § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V aufgeführten besonderen Therapierichtungen, zu denen die Homöopathie, Anthroposophie und Phytotherapie gehören (BSG-Urteil vom 22.03.2005 B 1 A 1/03 R, BSGE 94, 221), sind wissenschaftlich anerkannte Heilmethoden, die nach festgelegten Regeln in der Praxis individuell angewandt und kontinuierlich mit modernen wissenschaftlichen Methoden weiter entwickelt werden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin die Zwangsläufigkeit der streitigen Aufwendungen in der nach § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 gebotenen Form nachgewiesen.

 

Aufwendungen für Doppelbett mit einseitig motorisch verstellbarem Einlegerahmen sind nicht als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) abzugsfähig

Aufwendungen für Doppelbett mit einseitig motorisch verstellbarem Einlegerahmen sind nicht als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) abzugsfähig, wenn der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit nicht erbracht wird.

FG Baden Württemberg 24.04.2013, 2K1962/12

Begründung:

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

Nach der Rechtsprechung erwachsen Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen stets zwangsläufig. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen.

Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen medizinisch indiziert sind.

Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall  in bestimmten Fällen formalisiert nachzuweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 3, 23, 31 bis 33 SGB V) ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen. Bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V). Ein solcher qualifizierter Nachweis ist beispielsweise bei medizinischen Hilfsmitteln, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB V anzusehen sind (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011), erforderlich.

Die Voraussetzungen der qualifizierten Nachweispflicht des § 64 Abs. 1 Nr. 2 e EStDV sind im Streitfall gegeben. Denn bei dem vom Kläger angeschafften Doppelbett handelt es sich um ein Hilfsmittel im weiteren Sinne, das – wie z.B. ein orthopädischer Stuhl – auch von gesunden Steuerpflichtigen aus Gründen der Vorsorge oder zur Steigerung der Bequemlichkeit genutzt wird. Das vom Kläger genutzte Bett mit motorbetriebenem Einlegerahmen ist wie ein normales, d.h. von einer großen Zahl von Menschen genutztes, Bett ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V. Die Eigenschaft als Gebrauchsgegenstand ging auch nicht dadurch verloren, dass dieser Gegenstand durch gewisse Veränderungen oder durch eine bestimmte Qualität oder Eigenschaft medizingerecht für Kranke oder Behinderte gestaltet wurde. Dies ist nur dann anders, wenn die Veränderung aus medizinischen Gründen nach Art und Ausmaß so umfassend ist, dass der Gegenstand einem dem gleichen Zweck dienenden Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht mehr gleichgestellt werden kann. Maßgebend für die Abgrenzung ist vor allem, ob der veränderte Gegenstand ausschließlich bei Kranken bzw. Behinderten Verwendung findet, oder ob er auch von Gesunden benutzt und ohne weiteres gegen einen dem selben Zweck dienenden handelsüblichen Gegenstand ausgetauscht werden kann.

Im Streitfall handelt es sich bei dem Doppelbett um einen einheitlichen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der auch von Gesunden zur Befriedigung ihres Ruhe- und Schlafbedürfnisses genutzt wird. Lediglich das Oberkörperteil, das Ober- und Unterschenkelteil sowie das Nackenteil des motorbetriebenen Einlegerahmens sind verstellbar. Ansonsten sind die Bestandteile des Doppelbettes identisch. Insbesondere ist das vom Kläger genutzte Bett nicht in der Höhe verstellbar. Die bloße Verwendung eines motorbetriebenen Einlegerahmens macht das Bett noch nicht zu einem Hilfsmittel, das ausschließlich von kranken oder behinderten Menschen beansprucht wird. Vielmehr ist das Doppelbett auch äußerlich erkennbar auf Grund der gleichen Höhe der beiden Lattenrostrahmen bis zur Matratzenoberkante ein einheitlicher Gegenstand, der auch von Gesunden als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens genutzt wird.

 

Bei Kündigung der Mietwohnung wegen Unterbringung in einem Pflegeheim

Bei Kündigung der Mietwohnung wegen Unterbringung in einem Pflegeheim können die Mietzahlungen für die Monate der einzuhaltenden Kündigungsfrist nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.

FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 17. Dezember 2012 (Az.: 5 K 2017/10)

Begründung:

Einspruch und Klage der Klägerin blieben erfolglos. Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamtes und führte zur Begründung aus, die Kosten für den krankheitsbedingten Aufenthalt im Alten- bzw. Pflegeheim stellten zwar eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG dar, die üblichen Aufwendungen der Lebensführung seien allerdings aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Daher seien die Kosten der Heimunterbringung regelmäßig um die ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten (sog. Haushaltsersparnis) zu kürzen. Von dieser Kürzung sei allerdings abzusehen, solange ein Pflegebedürftiger seinen normalen Haushalt beibehalte, denn dann bleibe er – trotz der Unterbringung in einem Pflegeheim – mit den Fixkosten des Hausstandes wie Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungskosten belastet.

Auch im Streitfall habe daher das beklagte Finanzamt zu Recht keine Kürzung der Heimkosten um die Haushaltsersparnis vorgenommen. Die von der Klägerin darüber hinaus begehrte Berücksichtigung der Mietzahlung für den Monat Dezember 2009 als außergewöhnliche Belastung würde somit eine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung bewirken und sei daher nicht zulässig.

 

Trennungsbedingte Umgangskosten des barunterhaltspflichtigen Elternteils sind keine außergewöhnliche Belastung

Trennungsbedingte Umgangskosten des barunterhaltspflichtigen Elternteils sind keine außergewöhnliche Belastung. Es besteht Gleichklang von Steuer- und Sozialrecht

BFH Beschluss vom 15.5.2012, VI B 111/11

Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH  sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeschlossen. Sie werden in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Satz 2 EStG) berücksichtigt. Familienbedingte Aufwendungen sind bis 1995 durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs (Freibeträge und Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz) und ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (Freibeträge oder Kindergeld, vgl. § 31, § 32 Abs. 6 und X. Abschnitt EStG) abgegolten.

Zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen gehören  in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe Angehörige zu besuchen, es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen.

Durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs bzw. ab 1996 des Familienleistungsausgleichs sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten.Die Aufwendungen eines geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts nach § 1634 des Bürgerlichen Gesetzbuchs a.F. hat der BFH  ebenfalls als typische nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigende Kosten der Lebensführung behandelt .

Aufwendungen für die Asbestsanierung des Daches eines Wohnhauses als außergewöhnliche Belastung

Die tatsächliche Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für Sanierungsarbeiten an Asbestprodukten ist nicht anhand der abstrakten Gefährlichkeit von Asbestfasern zu beurteilen; erforderlich sind zumindest konkret zu befürchtende Gesundheitsgefährdungen.

Sind die von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehenden konkreten Gesundheitsgefährdungen auf einen Dritten zurückzuführen und unterlässt der Steuerpflichtige die Durchsetzung realisierbarer zivilrechtlicher Abwehransprüche, sind die Aufwendungen zur Beseitigung konkreter Gesundheitsgefährdungen nicht abziehbar.

Bei der Beseitigung konkreter von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehender Gesundheitsgefahren ist ein vor Durchführung dieser Maßnahmen erstelltes amtliches technisches Gutachten nicht erforderlich. Gleichwohl hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass er sich den Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnte.

BFH Urteil vom 29.3.2012, VI R 47/10

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 29. März 2012 VI R 47/10 entschieden, dass Aufwendungen für die Sanierung eines selbst genutzten Wohngebäudes, nicht aber die Kosten für übliche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen oder die Beseitigung von Baumängeln, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein können.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen.

Hierzu können auch Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes gehören, wenn durch die Baumaßnahmen konkrete Gesundheitsgefährdungen, etwa durch ein asbestgedecktes Dach (VI R 47/10), abgewehrt. Allerdings darf der Grund für die Sanierung weder beim Erwerb des Grundstücks erkennbar gewesen noch vom Grundstückseigentümer verschuldet worden sein. Auch muss der Steuerpflichtige realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte verfolgen, bevor er seine Aufwendungen steuerlich geltend machen kann und er muss sich den aus der Erneuerung ergebenden Vorteil anrechnen lassen ("Neu für Alt").