Keine Unternehmereigenschaft bei fehlender Aussicht auf Ausgangsumsätze

Keine Unternehmereigenschaft bei fehlender Aussicht auf Ausgangsumsätze

FG Berlin Brandenburg 21.03.2013, 5 K 5274/11

Begründung:

Der Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt werden, als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Unternehmer ist nach der Definition des § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausübt. Beim Bezug von Leistungen handelt bereits als Unternehmer bzw. als Steuerpflichtiger im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche bzw. unternehmerische Tätigkeit selbständig auszuüben und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt. Die Frage, ob eine Leistung für unternehmerische Zwecke und damit für eine den Vorsteuerabzug eröffnende Verwendung bezogen wird, entscheidet sich durch eine abschließende Prognose im Zeitpunkt ihres Bezugs.

Aus dieser Gesetzesentwicklung wird deutlich, dass die Klägerin im Gründungsjahr 2005 – und nur um dieses geht es hier – ausschließlich mit Entwicklungstätigkeiten betraut war. Die Frage der Erbringung entgeltlicher Leistungen stellte sich im Jahr 2005 nicht. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass im Jahr 2005  die Erzielung von Einnahmen absehbar oder auch nur geplant war. Vielmehr war die Finanzierung der Entwicklungsleistung im Gesellschaftsvertrag bis einschließlich 2007 über das Stammkapital und ab 2008 durch gestaffelte Zahlungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen festgeschrieben worden. Hierin liegt auch der entscheidende Unterschied zu den zum Zwecke der Produktentwicklung und -vermarktung erfolgenden Forschungs- und Entwicklungsleistungen, die von den Unternehmen zunächst vorfinanziert werden, im Ergebnis aber durch die Verkaufspreise finanziert werden. Dort werden Entwicklungskosten zielgerichtet zur Ausführung späterer Umsätze aufgewendet, während hier die Interessenlage des Gesetzgebers darauf beschränkt war, die Telematikinfrastruktur von der Klägerin auf eigene Kosten entwickeln zu lassen.

Unter diesen Umständen konnte die Klägerin im Streitjahr schlechterdings nicht die Absicht gehabt haben, künftig Umsätze zu tätigen und Einnahmen zu erzielen, zumal auch nach § 3 des Gesellschaftsvertrages ihre Tätigkeit ausdrücklich auf den ihr vom Gesetzgeber übertragenen Tätigkeitsbereich beschränkt war. Bei objektiver Betrachtung war im Streitjahr somit von der Ausführung entgeltlicher Leistungen nicht auszugehen. Aus diesem Grunde musste das Gericht auch der hilfsweise beantragten Beweiserhebung nicht entsprechen, da ein etwaiger Wille der Geschäftsführung zu Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgrund der anderslautenden Gesetzes- und Vertragslage unbeachtlich gewesen wäre.