Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern

Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG entfällt im Regelfall, wenn der Kläger die Unterhaltsbedürftigkeit seiner Eltern nicht durch eine den inhaltlichen Vorgaben des BMF genügende Unterhaltsbescheinigung nachweist.

BFH Urteil vom 07.05.2015 – VI R 32/14

Sachverhalt:

Streitig ist, ob Aufwendungen für den Unterhalt an in Indonesien lebende Eltern als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) zu berücksichtigen sind.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist deutscher Staatsangehöriger indonesischer Herkunft. Wie in den Vorjahren lebte und arbeitete er als Diplom-Ingenieur im Streitjahr (2005) in Deutschland, zunächst im Raum G, im Streitjahr in B. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte er, Unterhaltsaufwendungen an seine in Indonesien lebende Mutter (geb. 1928) und seinen ebenfalls dort lebenden Vater (geb. 1925) in Höhe von 5.000 EUR als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a EStG zu berücksichtigen. Im Veranlagungsverfahren legte er zwei Dokumente der Stadtverwaltung A (Indonesien) vor, nach denen seine Eltern keine staatliche Rente als Beamte bzw. zivile Angestellte des öffentlichen Dienstes beziehen. Die Bestätigungen datieren vom 2. Januar 2007.

Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) –anders als das zuvor zuständige Finanzamt G in den Jahren 2002 bis 2004– die Unterhaltsleistungen an die Eltern jedoch nicht als außergewöhnliche Belastung. In den Erläuterungen zum Steuerbescheid ist Folgendes ausgeführt: „Unterhaltsleistungen wurden nicht berücksichtigt, weil die Zahlungen bzw. die Bedürftigkeit der unterstützten Personen nicht ausreichend nachgewiesen wurden.”

Im Einspruchsverfahren legte der Kläger einen Kontoauszug der X-Bank G vom 6. Dezember 2005 vor, der eine Barauszahlung am 1. Dezember 2005 von einem Bankautomat in G in Höhe von 5.597,69 EUR ausweist. Weiter legte er die Kopie seines Reisepasses vor, in der in den Sichtvermerken die Einreise nach Indonesien am 19. Dezember 2005 dokumentiert ist. Zudem reichte er eine (weitere) Bescheinigung der Stadtverwaltung A (Indonesien) vom 11. März 2009 ein, wonach der Vater nicht berufstätig ist, keinen eigenen Verdienst hat und keine Rente bezieht.

Gleichwohl wies das FA den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 2011 als unbegründet zurück. Die vom Kläger vorgelegten Nachweise zur Unterhaltsbedürftigkeit der Eltern und der Übergabe des Geldes genügten den in dem Verwaltungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 7. Juni 2010 (BStBl I 2010, 588) niedergelegten Anforderungen nicht und seien deshalb unzureichend.

Der daraufhin erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Es vertrat die Auffassung, der Kläger könne die geltend gemachte Unterhaltsleistung –entsprechend der Ländergruppeneinteilung gekürzt– nach § 33a EStG abziehen, obwohl die strenge Beweisführung nicht, wie im BMF-Schreiben vom 15. September 1997 (BStBl I 1997, 826) gefordert, erfüllt sei.

Begründung:

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei Unterhaltszahlungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger bestimmt § 33a Abs. 1 Satz 5 1. Halbsatz EStG, dass die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Der Höchstbetrag von 7.680 EUR mindert sich danach bei Aufwendungen für den Unterhalt von in Indonesien lebenden unterhaltsberechtigten Personen auf 1/4, also auf 1.920 EUR pro unterhaltener Person. Nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG darf die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen. Werden die Unterhaltsaufwendungen von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrages abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht (§ 33a Abs. 1 Satz 6 EStG).

Der Steuerpflichtige hat die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltszahlungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG nachzuweisen, und zwar neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbesondere auch die tatsächlichen Zahlungen. Gemäß § 90 Abs. 2 AO sind bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Unterstützungsempfänger die Beteiligten in besonderem Maße verpflichtet, bei der Aufklärung mitzuwirken und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Die in der Verwaltungsregelung aufgestellten Kriterien konkretisieren den Rechtsbegriff der „erforderlichen Beweismittel” zwar zutreffend, jedoch nicht abschließend.

Insbesondere müssen Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger detaillierte Angaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte enthalten. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende Angaben dazu unerlässlich. Grundsätzlich ist es zumutbar, vollständig ausgefüllte Bescheinigungen vorzulegen.

Die Erfüllung der Pflichten zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Vorsorge und Beschaffung von Beweismitteln muss allerdings möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein. So können etwa in Fällen eines Bürgerkrieges Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen.

Das FG hat auf die Unterhaltsbedürftigkeit der Eltern des Klägers erkannt und diese Erkenntnis aus der glaubhaften Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung und aus den schriftlichen Bescheinigungen der Stadtverwaltung A (Indonesien) vom 2. Januar 2007 sowie vom 11. März 2009 und der Bestätigung der Eltern vom 14. April 2011 über die Bargeldübergabe am 20. Dezember 2005 geschöpft. Es hat dabei jedoch verkannt, dass die vom Kläger vorgelegten „Unterhaltsbescheinigungen” der Stadtverwaltung A (Indonesien) in wesentlichen Teilen unvollständig sind. Insbesondere fehlen Angaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte der Eltern und damit Angaben dazu, wie sie ihren Lebensunterhalt vor Beginn der Unterstützungsleistungen durch den Kläger bzw. seine Geschwister bestritten haben. Darüber hinaus sind die vorgelegten Bescheinigungen der Stadtverwaltung A (Indonesien) insoweit lückenhaft, als sie keine Aussage zur Vermögenssituation der Eltern des Klägers, etwa zu (selbstgenutztem) Grundbesitz, treffen. Auch schließen diese Bescheinigungen lediglich einen eigenen Verdienst und den Bezug einer Rente (als Beamte bzw. zivile Angestellte des öffentlichen Dienstes) aus. Sie verhalten sich jedoch nicht zu anderen Einnahmen (beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung) der unterstützten Personen. Allein aus den in den Bescheinigungen enthaltenen Angaben kann im Streitfall deshalb nicht auf deren Bedürftigkeit geschlossen werden. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende und detaillierte Angaben dazu in den Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger grundsätzlich unerlässlich) und können deshalb nicht durch eine Eigenerklärung der Eltern ersetzt werden.

Die Sache ist spruchreif. Denn der Kläger hat keine den inhaltlichen Vorgaben des BMF genügende Unterhaltsbescheinigung vorgelegt und damit die Unterhaltsbedürftigkeit seiner Eltern i.S. des § 33a EStG nicht in hinreichendem Maße nachgewiesen. Auch sind Umstände, die Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen lassen, vom Kläger weder vorgetragen noch im Streitfall ersichtlich. Die Klage war daher abzuweisen. Ein dem entgegenstehender Vertrauensschutz zu Gunsten des Klägers besteht nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Finanzbehörde bei der Durchführung einer Veranlagung grundsätzlich nicht an die Sachbehandlung im Rahmen vorhergehender Veranlagungen gebunden