Ansparabschreibung für eine ausländische Betriebsstätte

Eine Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3 EStG 2002 a.F. kann auch für Wirtschaftsgüter gebildet werden, die für eine im Ausland belegene Betriebsstätte angeschafft werden sollen.

BFH Urteil vom 10.8.2011, I R 45/10

Begründung:

Der Bildung der Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 EStG 2002 a.F. steht nicht entgegen, dass sie sich im Streitfall ausschließlich auf Investitionen in ausländische Betriebsstätten beziehen. Die aus der Bildung der Ansparabschreibungen resultierenden Verluste sind Bestandteil der gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002 a.F. bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte.

Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG 2002 a.F. können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 40 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird. Eine Ansparabschreibung kann auch gebildet werden, wenn dadurch –wie im Streitfall– ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 a.F.). Insgesamt dürfen die danach gebildeten Rücklagen je Betrieb des Steuerpflichtigen den Betrag von 154.000 EUR nicht übersteigen (§ 7g Abs. 3 Satz 5 EStG 2002 a.F.).

 

Ausländische Betriebsstättenverluste dürfen nur ausnahmsweise berücksichtigt werden

Der Senat hält auch für Art. 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich daran fest, dass Deutschland für Verluste, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in seiner in Frankreich belegenen Betriebsstätte erwirtschaftet, kein Besteuerungsrecht hat (ständige Rechtsprechung)    .

Ein Verlustabzug kommt abweichend davon aus Gründen des Gemeinschaftsrechts nur ausnahmsweise in Betracht, sofern und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar sind (sog. finale Verluste, Anschluss an EuGH-Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium", Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692). An einer derartigen "Finalität" fehlt es zwar, wenn der Betriebsstättenstaat nur einen zeitlich begrenzten Vortrag von Verlusten zulässt (Anschluss an EuGH-Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt", Slg. 2008, I-8061). Daran fehlt es jedoch nicht, wenn der Betriebsstättenverlust aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden kann (z.B. bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer "endgültigen" Aufgabe; entgegen BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835)        .

Der ausnahmsweise Abzug der Betriebsstättenverluste ist nicht im Veranlagungszeitraum des Entstehens der Verluste, sondern in jenem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in welchem sie "final" geworden sind (ebenso wie BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835) .

Die in den Gewinn ausnahmsweise einbezogenen "finalen" Betriebsstättenverluste sind auch in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen. Sie sind nicht gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999 wieder hinzuzurechnen     

BFH Urteil vom 9.6.2010, I R 107/09

 Erläuterungen:

 Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat in zwei Urteilen vom 9. Juni 2010 I R 100/09 und I R 107/09 darüber entschieden, wann ausländische Betriebsstättenverluste „final“ sind und deshalb im Inland abgezogen werden können.

Erwirtschaftet ein inländischer Steuerpflichtiger aus einer ausländischen Betriebsstätte Verluste, dann kann er diese negativen Einkünfte im Inland mit steuerpflichtigen positiven Einkünften regelmäßig nicht ausgleichen. Hat Deutschland mit dem Betriebsstättenstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, sind die betreffenden negativen Einkünfte nämlich ebenso wie positive ausländische Einkünfte im Inland üblicherweise steuerfrei. Diese Steuerfreiheit ist dem Steuerpflichtigen bei positiven Einkünften von Vorteil, bei negativen Einkünften jedoch von Nachteil.

Nach feststehender Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, verstößt diese Benachteiligung von Auslands- gegenüber Inlandsverlusten im Grundsatz nicht gegen die gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote: Es ist auch innerhalb der Europäischen Union allein Sache des Betriebsstättenstaats, die freigestellten Auslandsverluste steuerlich zu berücksichtigen. Nur dann, wenn diese Verluste „final“ werden, im Ausland also endgültig nicht berücksichtigt werden können, tritt der Ansässigkeitsstaat insoweit ausnahmsweise an die Stelle des Betriebsstättenstaats.

Unbeantwortet blieb bislang, wann von einer derartigen „Finalität“ der Verluste gesprochen werden kann. Darüber hat der I. Senat des BFH nun abschließend entschieden: „Final“ sind die Verluste nicht, wenn sie im Betriebsstättenstaat aufgrund dessen Steuergesetzen vollständig oder nach Ablauf eines Verlustvortragszeitraums vom Abzug ausgeschlossen sind. „Final“ sind sie nur, wenn sie aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden können, beispielsweise bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, der Übertragung der Betriebsstätte oder deren Aufgabe. Für diese Fälle sind die Verluste im Inland sowohl bei der Bemessungsgrundlage für die Einkommen- und Körperschaftsteuer als auch die Gewerbesteuer (erst) in jenem Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum abzuziehen, in dem die „Finalität“ feststeht.

Konkret ging es in beiden Urteilen um die negativen Einkünfte aus in Frankreich unterhaltenen Betriebsstätten. In beiden Verfahren klagten inländische Kapitalgesellschaften, in dem Urteil I R 100/09 ohne, in dem Urteil I R 107/09 im Grundsatz mit Erfolg; erfolglos blieb die klagende GmbH hier nur insoweit, als sie die Berücksichtigung der Auslandsverluste bereits im Jahr des Entstehens dieser Verluste begehrte.