Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts durch einen Miterben

Ein Grundstückserwerb, der auf der Übertragung von Anteilen an einer Erbengemeinschaft beruht, kann auch dadurch rückgängig gemacht werden, dass ein Miterbe sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübt und der Erwerber in Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 2035 Abs. 1 Satz 1 BGB die Erbteile unmittelbar auf den vorkaufsberechtigten Miterben überträgt.

BFH Urteil vom 9.7.2014, II R 50/12

Begründung:

Die Übertragung eines Erbteils bewirkt eine Veränderung der eigentumsmäßigen Zuordnung der zum Nachlass gehörenden Grundstücke, ist aber keine Verfügung über die Grundstücke selbst. Der Anteilserwerb vollzieht sich mit Abtretung der Erbteile ohne Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch ist als bloße Grundbuchberichtigung (§ 894 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–, § 22 der Grundbuchordnung) für den Eigentumsübergang ohne Belang.

Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. Diese Vorschrift gilt auch für Feststellungsbescheide nach § 17 GrEStG und ist ferner über ihren Wortlaut hinaus auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG anwendbar, die auf der Übertragung von Anteilen an einer Erbengemeinschaft beruhen, wenn ein Miterbe sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübt und der Erwerber in Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 2035 Abs. 1 Satz 1 BGB die Erbteile auf den vorkaufsberechtigten Miterben überträgt.

Übt ein vorkaufsberechtigter Miterbe nach Übergang der Erbteile auf den Erbteilskäufer sein gesetzliches Vorkaufsrecht aus (vgl. § 2035 Abs. 1 Satz 1 BGB), entsteht zwischen dem Erbteilserwerber und dem das Vorkaufsrecht ausübenden Miterben ein gesetzliches Schuldverhältnis. Gegenüber dem Anteilsverkäufer erlischt das Vorkaufsrecht mit der Übertragung des Miterbenanteils (§ 2035 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der vorkaufsberechtigte Miterbe erwirbt mit Ausübung des Vorkaufsrechts unmittelbar gegen den Erbteilskäufer einen schuldrechtlichen Anspruch auf Abtretung der Erbteile Zug um Zug gegen Erstattung des gezahlten Kaufpreises und der durch den Erbteilskaufvertrag entstandenen Kosten. Der vorkaufsverpflichtete Anteilskäufer muss sich letztlich so behandeln lassen, als ob ein Erbteilskaufvertrag zwischen dem Anteilsverkäufer und dem vorkaufsberechtigten Miterben zustande gekommen wäre, der auch ihm gegenüber wirkt