Begleitender Sprachunterricht als Berufsausbildung

Durch die Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass im Einzelfall auch ein begleitender Sprachunterricht im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses von wöchentlich unter zehn Stunden ausnahmsweise als Berufsausbildung gewertet werden kann. Einer erneuten Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO bedarf es nicht.

BFH Urteil vom 14.06.2016 – III B 132/15 BFH/NV 2016, 1449

Begründung:

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt, soweit dieser überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt ist, nicht vor.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es u.a., wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist.  Das Vorliegen dieser Zulassungsvoraussetzungen muss der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO).

An diesen Voraussetzungen fehlt es zu allen aufgeworfenen Rechtsfragen.

Soweit die Klägerin sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob bei einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht von durchschnittlich 8,6 Wochenstunden unter Berücksichtigung von Vor- und Nachbereitung des Unterrichts eine Berufsausbildung vorliege, ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar, da die Frage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt ist.

Schon nach dem Senatsurteil werden zwecks Abgrenzung von längeren Urlauben und sonstigen Auslandsaufenthalten, etwa zur Persönlichkeitsbildung, zur Verbesserung der Selbstständigkeit oder um andere Länder und Kulturen kennenzulernen, Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses nur dann als Berufsausbildung angesehen, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Dieser Unterricht muss nach seinem Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigen und grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden umfassen. Dabei ist eine Durchschnittsbetrachtung für die Dauer des gesamten Aufenthaltes anzustellen, so dass bei insgesamt hinreichend umfangreichem Unterricht die Berücksichtigung in einem Ferienmonat nicht unterbrochen wird. Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate gleichwohl als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie –z.B. infolge von Blockunterricht oder Lehrgängen– durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden.

Ein begleitender Sprachunterricht von wöchentlich zehn Unterrichtsstunden kann dabei –bei einem nicht in einer Ausbildungs-/Studienordnung vorgeschriebenen oder empfohlenen Auslandsaufenthalt– grundsätzlich deshalb als ausreichend angesehen werden, da die Zeit der Vor- und Nachbereitung sowie die praktische Anwendung der Fremdsprache außerhalb des Unterrichts in die Gesamtbetrachtung miteinbezogen.

Nach den Umständen des Einzelfalls kann ausnahmsweise auch das Unterschreiten dieser Grenze unschädlich sein, wenn etwa der Sprachkurs der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt oder wenn Einzelunterricht in Verbindung mit umfänglicheren Vor- und Nacharbeiten erteilt wird oder neben dem Sprachunterricht zusätzliche fremdsprachenfördernde Aktivitäten (z.B. die Teilnahme an Vorlesungen oder das Halten von Vorträgen in der Fremdsprache) unternommen werden.

Von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen ist das FG zutreffend ausgegangen. Anders als die Klägerin meint, erhebt das FG auch nicht ausnahmslos einen zeitlichen Umfang von zehn Wochenstunden als Voraussetzung eines Kindergeldanspruchs. Denn ausweislich der Entscheidungsgründe hat es das Vorliegen einer Berufsausbildung vielmehr aufgrund der Angaben der Klägerin abgelehnt, wonach der systematische Sprachunterricht lediglich 8,6 Stunden in der Woche betragen habe.

Angesichts der unter II.2.a dargestellten Grundsätze besteht auch kein Klärungsbedarf im Hinblick auf die von der Klägerin sinngemäß dahingehend formulierte Frage, ob es für die Annahme einer Berufsausbildung ausreichend sei, wenn der theoretisch-systematische Sprachunterricht zwar keine zehn Wochenstunden umfasse, aber eine hinreichend gründliche und qualitativ hochwertige Sprachausbildung biete. Entsprechendes gilt bezüglich der Frage, ob angesichts einer Sprachausbildung an einem US-College der Umfang von zehn Wochenstunden nicht gelte, weil dort auch in den Pausen zwischen den Unterrichtsstunden die Fremdsprache regelmäßig zur Anwendung gelange.

Die Frage, ob eine Berufsausbildung auch bei einem lediglich 8,6 Wochenstunden umfassenden Sprachunterricht vorliege, wenn eine hinreichend gründliche und qualitativ hochwertige Sprachausbildung festgestellt werde, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Denn nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin dahingehende besondere Umstände weder vorgetragen noch nachgewiesen.

Soweit die Klägerin die Klärung der Fragen begehrt, ob wöchentlich mindestens zehn Unterrichtsstunden als Umfang der Sprachausbildung nicht nur im Zusammenhang mit einer eigentlichen Berufsausbildung zur Voraussetzung einer anspruchsbegründenden Sprachausbildung erhoben werden könnten und ob der Mindestumfang von zehn Wochenstunden dann nicht gelte, wenn der Sprachunterricht nicht im Rahmen einer Berufsausbildung, sondern in Form eines Praktikums absolviert werde, fehlt es bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit.