Sprachaufenthalte im Ausland als Berufsausbildung

Nicht jeder Auslandsaufenthalt kann als Berufsausbildung anerkannt werden, auch wenn sich dadurch die Kenntnisse der jeweiligen Landessprache verbessern.
Sprachaufenthalte im Ausland können unter besonderen Umständen als Berufsausbildung anerkannt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse auch der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium erforderlichen Fremdsprachentest dient und dieser nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt. Ausreichend kann insoweit auch ein allgemeinbildender fortlaufender theoretisch-systematischer Unterricht in englischer Sprache sein.

BFH Urteil vom 22.02.2017 – III R 3/16 BFH/NV 2017, 1304

Sachverhalt:

Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Monate Oktober 2014 bis Dezember 2014.
Nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nahm P, der im September 1996 geborene Sohn der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), vom September 2014 bis zum Februar 2015 an einem internationalen missionarischen Trainingsprogramm (“missionary training program”) teil. Veranstalter war die Organisation “Youth with a mission – YWAM”, deren Abteilung YWAM Ships ihren Sitz in den USA hat. Der deutschsprachige Zweig von YWAM heißt “Jugend mit einer Mission – JMEM” und versteht sich als internationale Bewegung junger Christen. Ausweislich der Teilnahmebestätigungen der Organisation vom Juli 2014 und vom Dezember 2014 absolvierte P das Programm “Discipleship Training School”, zu Deutsch Jüngerschaftsschule. Auf der Homepage des deutschen Ablegers der Organisation wird das Programm wie folgt beschrieben:
“Die Jüngerschaftsschule (die als 5- oder 6-monatiger Studienkurs bei JMEM angeboten wird) ist ein an der University of the Nations (U of N) registrierter Studienkurs der nach erfolgreichem Abschluss den Teilnehmern folgende Möglichkeiten eröffnet:
– Mitarbeit bei Jugend mit einer Mission, mit Diensten in Entwicklungshilfe, Bildung und Erziehung, Kinder-, Jugend- und Familienarbeit u.a.
– Studium an der U of N, unserer internationalen Universität, verteilt auf allen 6 bewohnten Kontinenten der Erde. Abschlüsse an der U of N sind international anerkannt. Möglich sind A.A. (Associate of Arts) und A.S. (Associate of Science), B.A. (Bachelor of Art) oder B.S. (Bachelor of Science) und verschiedene Masters Programme.
Einem 3-monatigen Schulungsblock in Deutschland folgt ein 2-3-monatiger Aufenthalt in einem anderen Land. Dort werden die Teilnehmer Gelerntes in die Praxis umsetzen lernen und in Projekten vor Ort mitarbeiten, die u.a. folgende Inhalte haben: Kinder- und Jugendarbeit, Familiendienste, Entwicklungshilfe, Gemeindebau und Evangelisation, karitative Dienste & Völkerverständigung.”
Nach dem Stundenplan des für P geltenden Studienkurses wurden vormittags jeweils “Lectures” abgehalten und nachmittags “Work Duties” (insgesamt 50 Stunden einschließlich Arbeitseinsätzen, Leseaufgaben und Lernkontrollen). Für die Teilnahme an diesem Schulungsblock erhielt P 24 Credits und damit die Zugangsvoraussetzung für Bachelor of Arts Studiengänge der University of Nations und einer Mitarbeit bei JMEM.

Nach der Rückkehr aus den USA plante P im Wintersemester 2015 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School (BLS) in Hamburg aufzunehmen. Zur Vorbereitung hierauf absolvierte er von März bis Mai 2015 ein Praktikum in einer Rechtsanwaltskanzlei. Gleichzeitig bewarb er sich bei der Hochschule in Hamburg und erhielt für das Wintersemester 2015/2016 einen Studienplatz. Sein Berufswunsch nach dem Studium ist, als Jurist in einem gemeinnützigen Bereich tätig zu sein.
Mit Bescheid vom 11. September 2014 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für P ab dem Monat Oktober 2014 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf. P könne nicht mehr berücksichtigt werden, weil er die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht erfülle. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Im Klageverfahren brachte die Klägerin vor, die JMEM sei ein internationales Missionswerk, Mitglied in den Dachverbänden “netzwerk-m” und der Arbeitsgemeinschaft Pfingstlich-Charismatischer Missionen (APCM). Die Jüngerschaftsschule sei Teil des Studienprogramms Bachelor of Arts und damit unmittelbar berufsqualifizierend. Der Abschluss dort sei außerdem Voraussetzung für ein Studium an der University of Nations. Es sei auch strukturiert Wissen mit einem wöchentlichen Unterrichtsprogramm von 50 Stunden (einschließlich Arbeitseinsätzen, Leseaufgaben und Lernkontrollen) vermittelt worden. Im Rahmen dieser Jüngerschaftsschule sollte u.a. der christliche Glauben fundiert, biblisches Wissen vertieft, der Charakter gestärkt und die eigene Persönlichkeit und Begabungen ausgebildet werden. Zu diesem Zweck habe das Studienprogramm allgemeinbildende und zahlreiche theologische Einheiten beinhaltet. Schließlich habe der Aufenthalt des Sohnes auch der Verbesserung seiner englischen Sprachkenntnisse gedient, da der gesamte Unterricht auf Englisch stattgefunden habe. Für den Zugang zur BLS in Hamburg sei ein Sprachtest erforderlich, den P erfolgreich durchgeführt habe.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, für die Annahme einer Berufsausbildung fehle es an einem hinreichenden Zusammenhang mit einem konkret angestrebten Beruf. Vielmehr hätten die Vertiefung des Fundaments des christlichen Glaubens, die Vermittlung biblischen Wissens, die Stärkung des Charakters und der Persönlichkeit der Teilnehmer und das Ausloten ihrer Begabungen im Vordergrund gestanden. Das Programm der Jüngerschaftsschule habe in keiner Weise dem geplanten rechtswissenschaftlichen Studium gedient.
Der Ausbildungscharakter des Auslandsaufenthalts sei auch nicht aufgrund der dabei erreichten Verbesserung der englischen Sprachkenntnisse zu bejahen. Das Kursprogramm habe keinen theoretisch-systematischen Sprachunterricht umfasst, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigen würde.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Aufhebungsbescheid der Familienkasse in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2014 aufzuheben. Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Denn die Vorentscheidung verletzt § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. P befand sich entgegen der Auffassung des FG im Streitzeitraum in Berufsausbildung und war daher als Kind der Klägerin nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen.
Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG –unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen– Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

In Berufsausbildung befindet sich, wer “sein Berufsziel” noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des “angestrebten” Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind.

Zur Berufsausbildung gehört grundsätzlich auch der Erwerb von Sprachfertigkeiten. Dem Tatbestandsmerkmal “für einen Beruf ausgebildet wird” i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist allerdings zu entnehmen, dass das Gesetz nicht jeden Auslandsaufenthalt als Berufsausbildung anerkennt, auch wenn sich dadurch die Kenntnisse der jeweiligen Landessprache verbessern. Sprachaufenthalte im Ausland können vielmehr nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse einen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweist und dieser nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel vorgegeben werden.

In Abgrenzung von längeren Urlauben und sonstigen Auslandsaufenthalten, etwa zur Persönlichkeitsbildung –z.B. zur Verbesserung der Selbstständigkeit oder um andere Länder und Kulturen kennenzulernen–, werden Sprachaufenthalte beispielsweise im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses nach ständiger Rechtsprechung nur dann als Berufsausbildung angesehen, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden, der nach seinem Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt und grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden umfassen muss. Ein Unterschreiten dieser Grenze kann unschädlich sein, wenn mit dem Auslandsaufenthalt ein gutes Ergebnis in einem für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderweitigen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest Zudem kann die fehlende Teilnahme an einem zehnstündigen theoretisch-systematischen Sprachunterricht mit zusätzlichen fremdsprachenfördernden Aktivitäten.
F
este Vorgaben lassen sich für die Auslegung der Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht aufstellen; vielmehr sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls abzuwägen und in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen.

Nach den vorgenannten Grundsätzen stellte die Teilnahme an dem Studienprogramm der Jüngerschaftsschule im englischsprachigen Ausland, die mit einer Verbesserung der Sprachkenntnisse verbunden war, im Streitzeitraum für P eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar.

Bei der Prüfung, ob eine Berufsausbildung vorliegt, sind die konkreten beruflichen Pläne des Kindes zu beachten. Nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG beabsichtigte P, nach seinem Auslandsaufenthalt an der BLS zu studieren. Dementsprechend bewarb P sich nach seiner Rückkehr an der BLS. Für die Aufnahme an dieser Universität war die erfolgreiche Teilnahme an einem englischen Sprachtest erforderlich. Angesichts dessen bestand objektiv ein konkreter Bezug zwischen der Verbesserung der Sprachkenntnisse durch einen Auslandsaufenthalt und dem angestrebten Beruf. Bezweckt der Auslandsaufenthalt –wie hier– auch, ein gutes Ergebnis in einem für die Zulassung zum Studium erforderlichen Fremdsprachentest zu erlangen, so kann ein Auslandsaufenthalt schon dann als Berufsausbildung zu qualifizieren sein, selbst wenn ein theoretisch-systematischer Sprachunterricht von zehn Wochenstunden nicht erreicht wird. Diesen Umstand hat das FG nicht berücksichtigt.

Der Erwerb der für den angestrebten Beruf erforderlichen erweiterten Fremdsprachenkenntnisse war auch nicht allein dem ausbildungswilligen P überlassen.
An jedem werktäglichen Vormittag erfolgte eine theoretische Wissensvermittlung (Lectures) in englischer Sprache, die zusammen mit den praktischen Arbeiten (work duties) einschließlich der Lernkontrollen einen von der Schule vorgegebenen Zeitaufwand umfasste. Insoweit unterscheidet sich das Lernprogramm der Jüngerschaftsschule von einem Au-pair-Aufenthalt oder einem Freiwilligendienst im Ausland, der regelmäßig nicht von einer fortlaufenden theoretischen systematischen Wissensvermittlung in der Landessprache begleitet wird. Das Erfordernis eines theoretisch-systematischen Sprachunterrichts ist auch nicht dahin zu verstehen, dass ein spezieller Sprachkurs für Ausländer absolviert werden müsste. Ausreichend ist vielmehr ein allgemeinbildender fortlaufender theoretisch-systematischer Unterricht in englischer Sprache (vgl. Selder, juris PraxisReport Steuerrecht 31/2012 Anm. 3). Im vorliegenden Fall lassen jedenfalls der sachliche und zeitliche Umfang des in englischer Sprache durchgeführten strukturierten Unterrichts und die Lernkontrollen den Schluss auf eine hinreichende qualitative Erweiterung der Fremdsprachenkenntnisse zu.
Soweit das FG zur Begründung seiner Ansicht, das Kursprogramm habe keinen theoretisch-systematischen Sprachunterricht umfasst, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche Sprachausbildung rechtfertigen würde, auf die Entscheidungen des BFH, lagen diesen Entscheidungen keine vergleichbaren Fallkonstellationen zugrunde. In dem Verfahren ging es um ein Au-pair-Verhältnis. Darüber hinaus war kein konkreter Bezug zwischen der Erweiterung der Sprachkenntnisse und einer sich anschließenden Berufsausbildung oder Berufstätigkeit erkennbar. In der Entscheidung ging es um ein Kind, welches an einem Programm “Work & Travel Australien” teilnahm. Anders als im Streitfall hat sich das Kind während des Auslandsaufenthalts auch keinen planmäßigen Bildungsmaßnahmen unterzogen, die sich anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien von einem gewöhnlichen Aufenthalt abgrenzen ließen.

Begleitender Sprachunterricht als Berufsausbildung

Durch die Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass im Einzelfall auch ein begleitender Sprachunterricht im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses von wöchentlich unter zehn Stunden ausnahmsweise als Berufsausbildung gewertet werden kann. Einer erneuten Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO bedarf es nicht.

BFH Urteil vom 14.06.2016 – III B 132/15 BFH/NV 2016, 1449

Begründung:

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt, soweit dieser überhaupt in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt ist, nicht vor.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es u.a., wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist.  Das Vorliegen dieser Zulassungsvoraussetzungen muss der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO).

An diesen Voraussetzungen fehlt es zu allen aufgeworfenen Rechtsfragen.

Soweit die Klägerin sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob bei einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht von durchschnittlich 8,6 Wochenstunden unter Berücksichtigung von Vor- und Nachbereitung des Unterrichts eine Berufsausbildung vorliege, ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar, da die Frage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt ist.

Schon nach dem Senatsurteil werden zwecks Abgrenzung von längeren Urlauben und sonstigen Auslandsaufenthalten, etwa zur Persönlichkeitsbildung, zur Verbesserung der Selbstständigkeit oder um andere Länder und Kulturen kennenzulernen, Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses nur dann als Berufsausbildung angesehen, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Dieser Unterricht muss nach seinem Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigen und grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden umfassen. Dabei ist eine Durchschnittsbetrachtung für die Dauer des gesamten Aufenthaltes anzustellen, so dass bei insgesamt hinreichend umfangreichem Unterricht die Berücksichtigung in einem Ferienmonat nicht unterbrochen wird. Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate gleichwohl als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie –z.B. infolge von Blockunterricht oder Lehrgängen– durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden.

Ein begleitender Sprachunterricht von wöchentlich zehn Unterrichtsstunden kann dabei –bei einem nicht in einer Ausbildungs-/Studienordnung vorgeschriebenen oder empfohlenen Auslandsaufenthalt– grundsätzlich deshalb als ausreichend angesehen werden, da die Zeit der Vor- und Nachbereitung sowie die praktische Anwendung der Fremdsprache außerhalb des Unterrichts in die Gesamtbetrachtung miteinbezogen.

Nach den Umständen des Einzelfalls kann ausnahmsweise auch das Unterschreiten dieser Grenze unschädlich sein, wenn etwa der Sprachkurs der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt oder wenn Einzelunterricht in Verbindung mit umfänglicheren Vor- und Nacharbeiten erteilt wird oder neben dem Sprachunterricht zusätzliche fremdsprachenfördernde Aktivitäten (z.B. die Teilnahme an Vorlesungen oder das Halten von Vorträgen in der Fremdsprache) unternommen werden.

Von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen ist das FG zutreffend ausgegangen. Anders als die Klägerin meint, erhebt das FG auch nicht ausnahmslos einen zeitlichen Umfang von zehn Wochenstunden als Voraussetzung eines Kindergeldanspruchs. Denn ausweislich der Entscheidungsgründe hat es das Vorliegen einer Berufsausbildung vielmehr aufgrund der Angaben der Klägerin abgelehnt, wonach der systematische Sprachunterricht lediglich 8,6 Stunden in der Woche betragen habe.

Angesichts der unter II.2.a dargestellten Grundsätze besteht auch kein Klärungsbedarf im Hinblick auf die von der Klägerin sinngemäß dahingehend formulierte Frage, ob es für die Annahme einer Berufsausbildung ausreichend sei, wenn der theoretisch-systematische Sprachunterricht zwar keine zehn Wochenstunden umfasse, aber eine hinreichend gründliche und qualitativ hochwertige Sprachausbildung biete. Entsprechendes gilt bezüglich der Frage, ob angesichts einer Sprachausbildung an einem US-College der Umfang von zehn Wochenstunden nicht gelte, weil dort auch in den Pausen zwischen den Unterrichtsstunden die Fremdsprache regelmäßig zur Anwendung gelange.

Die Frage, ob eine Berufsausbildung auch bei einem lediglich 8,6 Wochenstunden umfassenden Sprachunterricht vorliege, wenn eine hinreichend gründliche und qualitativ hochwertige Sprachausbildung festgestellt werde, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Denn nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin dahingehende besondere Umstände weder vorgetragen noch nachgewiesen.

Soweit die Klägerin die Klärung der Fragen begehrt, ob wöchentlich mindestens zehn Unterrichtsstunden als Umfang der Sprachausbildung nicht nur im Zusammenhang mit einer eigentlichen Berufsausbildung zur Voraussetzung einer anspruchsbegründenden Sprachausbildung erhoben werden könnten und ob der Mindestumfang von zehn Wochenstunden dann nicht gelte, wenn der Sprachunterricht nicht im Rahmen einer Berufsausbildung, sondern in Form eines Praktikums absolviert werde, fehlt es bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit.

Reserveoffiziersanwärterausbildung ist Berufsausbildung

Ein Reserveoffiziersanwärter wird auch dann für einen Beruf ausgebildet, wenn nicht abzusehen ist, ob er einen Antrag auf Verlängerung der Dienstzeit oder die Übernahme als Berufssoldat stellen oder am Ende seiner Dienstzeit aus der Bundeswehr ausscheiden und sodann einen anderen Beruf ergreifen wird.

BFH Urteil vom 8.5.2014, III R 41/13

Begründung:

Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Der Begriff der Berufsausbildung wird vom EStG mehrfach verwendet (z.B. auch in § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5, § 33a Abs. 2 EStG), aber nicht näher beschrieben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) befindet sich in Berufsausbildung, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind .

Das FG hat –für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend– festgestellt, dass die vom Sohn des Klägers betriebene Ausbildung zum Reserveoffizier der Ausbildung der aktiven Offiziersanwärter des Truppendienstes ohne Studium entspricht, die nach dem eine Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist.

Das FG hat weiter festgestellt, dass Reserveoffiziersanwärter wie der Sohn des Klägers als Offiziersanwärter übernommen oder Reserveoffiziere nach bestandener Offiziersprüfung zu Berufsoffizieren ernannt werden können. Daher eignet sich die Ausbildung zum Reserveoffiziersanwärter auch als Grundlage für die Ausübung des Offiziersberufs.

Wer sich ernsthaft und nachhaltig Fähigkeiten aneignet, die sich als Grundlage für die Ausübung eines Berufs eignen, befindet sich auch dann in Berufsausbildung, wenn er diesen Beruf später tatsächlich nicht ausüben will. Nimmt ein Kind an einem regulären, typischen Ausbildungsgang teil, so bedarf es keiner weiteren Prüfung, wie die dort erlangten Kenntnisse in Zukunft beruflich verwertet werden sollen.

Dies gilt umso mehr, wenn die durch die Ausbildung vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten oder Abschlüsse bzw. Titel auch für andere Berufe nützlich sind, was für die Reserveoffiziersausbildung z.B. wegen der dabei vermittelten fachlichen- und Führungsfähigkeiten oder im Hinblick auf die Anstellung bei einem für die Bundeswehr tätigen Unternehmen zutrifft.

Die Rechtsprechung hat –worauf die Familienkasse zutreffend hinweist– unter Berufsausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG die Erlangung der für die Ausübung des angestrebten Berufs geeigneten Grundlagen verstanden. Dabei wurde indessen eine Berücksichtigung in keinem Falle abgelehnt, weil das Kind nicht einen der Ausbildung entsprechenden Beruf anstrebte. Die gründliche und systematische Erlangung von berufsnützlichen Kenntnissen wurde vielmehr auch dann als Ausbildung angesehen, wenn das Kind noch keine oder andersartige berufliche Pläne hatte.

Verlängerter Bezug von Kindergeld auch für Dienstmonate der Berufsausbildung

Ein Kind, das den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet hat, ist nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG über die Vollendung des 25. Lebensjahrs hinaus für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum kindergeldrechtlich auch dann zu berücksichtigen, wenn es während der Dienstzeit zugleich für einen Beruf ausgebildet und i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Kind berücksichtigt wurde (Abweichung von Abschn. 63.5 Abs. 3 Satz 4 DA-FamEStG).

BFH Urteil vom 5.9.2013, XI R 12/12

Begründung (BFH):

Die für den Bezug von Kindergeld maßgebliche Altersgrenze von 25 Jahren verlängert sich auch dann um einen der Dauer des vom Kind geleisteten Grundwehr- oder Zivildienstes, wenn auch während der Dauer des Dienstes Kindergeld gezahlt worden ist, weil das Kind zeitgleich für einen Beruf ausgebildet wurde (hier: Hochschulstudium). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 5. September 2013 XI R 12/12 entschieden.

Nach dem Abitur im Juni 2004 leistete der Sohn (S) des Klägers von November 2004 bis Juli 2005 neun Monate Zivildienst. Daneben war S im Wintersemester 2004/2005 von Oktober 2004 bis März 2005 sechs Monate an einer Universität im Fachbereich Mathematik immatrikuliert. Im Oktober 2005 begann S mit dem Studium der Physik. Im April 2010 vollendete S sein 25. Lebensjahr. Der Kläger erhielt für S – auch für die gesamte Zeit des Zivildienstes – bis einschließlich April 2010 Kindergeld. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für den jedenfalls noch bis zum 31. August 2010 immatrikulierten S ab Mai 2010 auf, weil die Altersgrenze überschritten sei.

Die anschließende Klage hatte (nur) zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der Verlängerungszeitraum sei um die tatsächliche Dauer des neben dem Zivildienst betriebenen Studiums (sechs Monate) zu kürzen. Für die restliche Dauer des Zivildienstes (drei Monate) verlängere sich dagegen der Bezug des Kindergeldes.

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf. Kindergeld wird grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs gewährt. Über diese Altersgrenze hinaus wird ein Kind gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausnahmsweise berücksichtigt, wenn es den gesetzlichen Grundwehrdienst oder den Zivildienst geleistet hat. Der Endzeitpunkt für die Gewährung des Kindergeldes wird in diesem Fall um einen der Dauer des geleisteten Dienstes entsprechenden Zeitraum (im Streitfall neun Monate) hinausgeschoben. Der Gesetzgeber, so der BFH, habe in § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG eine typisierende Regelung getroffen mit dem Zweck, eine durch die Ableistung des Dienstes im Regelfall eingetretene Ausbildungsverzögerung zu kompensieren. Entgegen der Auffassung des FG sei insoweit nicht darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang sich durch die Dienstzeit die Ausbildung für einen Beruf im konkreten Fall tatsächlich verzögert habe.

 

Die fremde Berufsausbildungsstätte stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte

 Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur eine dauerhafte Einrichtung des Arbeitgebers sein, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortlaufend und immer wieder aufsucht.

 Eine Berufsausbildungsstätte, bei der es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Dabei ist unerheblich, ob der Auszubildende dort berufspraktische oder theoretische Teile seiner Ausbildung absolviert.

BFH Urteil vom 18.09.2012 VI R 65/11 BFHNV 2013 S. 517

Begründung.

 Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und sich in Ausbildung befindet, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen.

Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen, die objektiv durch die berufliche Tätigkeit veranlasst sind und die subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Hierzu können auch Fahrtkosten gehören. Sie sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Fahrtkosten sind jedoch nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur nach den Regeln über die Entfernungspauschale zu berücksichtigen, soweit es sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte handelt. In diesem Fall sind pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte grundsätzlich 0,30 EUR anzusetzen.  Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur eine dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Regelmäßig handelt es sich dabei um den Betrieb des Arbeitgebers oder einen Zweigbetrieb.  

Das Berufsausbildungswerk erfüllt nach den angeführten Rechtsgrundsätzen schon deshalb nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte, weil es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Unerheblich ist aus diesem Grund u.a., ob dort der  berufspraktische oder theoretische Teile der Ausbildung absolvierte wird.

Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine Feststellungen zur Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten des C zum Bfw getroffen. Die diesbezüglichen Feststellungen wird es im zweiten Rechtsgang ebenso nachzuholen haben wie Feststellungen zur Höhe der übrigen geltend gemachten Werbungskosten einschließlich ggf. angefallener Verpflegungsmehraufwendungen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen insoweit vorliegen (§ 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG).

 

Berufsausbildung bei Au-Pair-Aufenthalt im Ausland

Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses sind grundsätzlich nur dann als Berufsausbildung anzusehen, wenn sie von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden (Bestätigung der Rechtsprechung). Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden (z.B. Blockunterricht oder Lehrgänge).

Darüber hinaus können Auslandsaufenthalte im Einzelfall als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Fremdsprachenunterricht zwar weniger als zehn Wochenstunden umfasst, aber einen über die übliche Vorbereitung und Nachbereitung hinausgehenden zusätzlichen Zeitaufwand erfordert (z.B. fachlich orientierter Sprachunterricht, Vorträge des Kindes in der Fremdsprache).

Auslandsaufenthalte, die von einer Ausbildungsordnung oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt werden oder der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest dienen (z.B. TOEFL oder IELTS), können unabhängig vom Umfang des Fremdsprachenunterrichts als Berufsausbildung zu qualifizieren sein.

BFH Urteil vom 15.3.2012, III R 58/08

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. März 2012 III R 58/08 seine Rechtsprechung bestätigt, dass Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses im Ausland grundsätzlich nur dann als Berufsausbildung anzusehen sind, wenn sie von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden.

Für volljährige Kinder wird Kindergeld u.a. dann gezahlt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. Eine Berufsausbildung dient dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Sie braucht weder in einer Ausbildungs- oder Studienordnung geregelt noch zur Erreichung eines bestimmten Berufsziels unerlässlich zu sein. Der Sprachunterricht von Au-pairs wird aber vom BFH für erforderlich gehalten, weil auch Auslandsaufenthalte, die nicht Ausbildungszwecken dienen, regelmäßig zu einer Verbesserung der Kenntnisse in der jeweiligen Landessprache führen.

Die Tochter des Klägers hielt sich nach dem Abitur von August 2006 bis Juni 2007 als Au-pair in England auf. Die Klage auf Kindergeld hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg, denn der BFH ging in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht davon aus, dass die Tochter weniger als zehn Unterrichtsstunden wöchentlich erhalten hatte, weil der Zeitaufwand für Hausarbeiten nicht einbezogen werden durfte und der Kläger keine näheren Angaben zu einer behaupteten sprachlichen Unterweisung durch die Gastmutter gemacht hatte.

Auslandsaufenthalte können allerdings unabhängig vom Umfang des Fremdsprachenunterrichts als Berufsausbildung zu qualifizieren sein, wenn sie von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt werden oder der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest dienen (z.B. TOEFL oder IELTS). Die Tochter des Klägers hatte aber lediglich eine Sprachprüfung abgelegt, die für die Integration von Einwanderern konzipiert wurde und für die Zulassung zu einem Ausbildungsgang oder Beruf nicht unmittelbar nützlich war.

 

Ausbildung zum Rettungssanitäter als Berufsausbildung

Eine erstmalige Berufsausbildung i.S. von § 12 Nr. 5 EStG setzt weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus.

Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist eine erstmalige Berufsausbildung.

BFH Urteil vom 27.10.2011, VI R 52/10

Begründung:

Werbungskosten, nämlich Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Sie sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Diese Voraussetzungen können auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsausbildungskosten. Entscheidend bleibt, ob die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit aufweisen.

Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Deshalb steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung sind nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

Nach Auffassung des Senats liegt eine Berufsausbildung im Sinne des Steuerrechts nicht nur vor, wenn der Steuerpflichtige im dualen System oder innerbetrieblich Berufsbildungsmaßnahmen durchläuft. Ebenso wenig setzt der steuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz und eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren voraus, wie das FG meint. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Ausbildung den Steuerpflichtigen befähigt, aus der angestrebten Tätigkeit Einkünfte zu erzielen. Deshalb ist auch die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Pilot) eine Berufsausbildung in diesem Sinne. Dabei ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob die Ausbildung zum Erwerb einer Musterberechtigung für ein bestimmtes Verkehrsflugzeug eine zweite Ausbildung darstellt oder Teil einer einheitlichen Ausbildung ist.

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger mit der Ausbildung zum Rettungssanitäter eine Berufsausbildung i.S. des § 12 Nr. 5 EStG absolviert. Der Beruf des Rettungssanitäters, der regelmäßig als Vollerwerbstätigkeit ausgeübt wird, setzt eine mehrmonatige, landesrechtlich geregelte Ausbildung voraus. Im Streitfall war die für das Land Nordrhein-Westfalen geltende Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter vom 25. Januar 2000 maßgeblich. Entgegen der Auffassung des FA ist es ohne Belang, dass der Kläger die Ausbildung während der Zivildienstzeit durchlaufen und auch nur in diesem Zeitraum den Beruf ausgeübt hat.

Berufsausbildung nach Exmatrikulation und Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit vor Ablegung der letzten universitären Prüfung

Ob ein Kind im Zeitraum zwischen seiner Exmatrikulation und der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses noch für einen Beruf ausgebildet wird, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Ein Universitätsstudium endet regelmäßig mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, frühestens mit der letzten Prüfungshandlung, außer wenn es vorher abgebrochen oder nicht mehr ernsthaft weiter betrieben wird. Ein exmatrikulierter Student kann die Ausbildung trotz Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit und fehlender Eingliederung in den Universitätsbetrieb fortführen; seine in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte sind dann im Hinblick auf den Jahresgrenzbetrag anzusetzen.

Wenn sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbständig auf Prüfungen vorbereitet, sind an die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung und deren Nachweis strenge Anforderungen zu stellen; bei bestandenen Prüfungen kann dies aber in der Regel unterstellt werden.

BFH Beschluss vom 26.04.2011 III B 191/10 BFHNV 2011 S. 1139

Begründung:

Die Frage, ob ein Kind im Zeitraum zwischen seiner Exmatrikulation und der letzten Prüfung oder der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses noch i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wird, hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die dafür maßgeblichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des BFH geklärt:

Schließt die Berufsausbildung mit einer Prüfung ab, so ist das Berufsziel erst mit dem Bestehen der Prüfung, spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erreicht. Ein Universitätsstudium endet daher regelmäßig mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, frühestens mit der letzten Prüfungshandlung, außer wenn es vorher abgebrochen oder nicht mehr ernsthaft weiter betrieben wird.

Eine Vollzeiterwerbstätigkeit schließt die Berücksichtigung als Kind in der Berufsausbildung oder in einer Warte- oder Übergangszeit nicht aus. Eine Ausbildung erfordert keine organisatorische Eingliederung in eine Ausbildungsinstitution. Dieses gilt z.B bei der Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ohne Berufsschulbesuch. Die Exmatrikulation eines Studenten kann daher nicht zwingend als Beendigung der Ausbildung angesehen werden.

Wenn sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbständig auf Prüfungen vorbereitet, sind an die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung und deren Nachweis strenge Anforderungen zu stellen. Bei bestandenen Prüfungen kann aber in der Regel unterstellt werden, dass sich das Kind ernsthaft und nachhaltig vorbereitet hat.

 

 

Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht als Berufsausbildung

Zur Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehört auch die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht. Das gilt auch dann, wenn der Umfang des danach zu besuchenden Unterrichts zehn oder weniger Wochenstunden umfasst.

BFH Urteil vom 28.4.2010, III R 93/08

Begründung:

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen.

Zur Berufsausbildung in diesem Sinne gehört auch die Schulausbildung, an der das Kind teilnimmt, um der Schulpflicht nachzukommen. Entgegen DA-FamEStG 2004  63.3.2 Abs. 5 Satz 5 (ebenso DA-FamEStG 63.3.2 Abs. 5 Satz 5 i.d.F. vom 30. September 2009, BStBl I 2009, 1030) kommt es insoweit nicht darauf an, ob die tatsächliche Unterrichtszeit (mindestens) zehn Wochenstunden beträgt. Entscheidend ist allein, ob das Kind an der entsprechenden Schulausbildung teilnimmt, wie sie durch die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen zur Erfüllung der Schulpflicht vorgesehen ist.

Die Grundsätze, die der BFH für die Anerkennung eines Sprachschulunterrichts im Rahmen eines Au-pair-Aufenthaltes als Berufsausbildung aufgestellt hat, finden auf die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht keine Anwendung. Denn anders als bei einem Sprachunterricht im Rahmen eines Au-pair-Aufenthaltes, der auf einem freiwilligen Entschluss des Kindes beruht und bei dem das Erfordernis der Teilnahme an einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht mit grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden der Abgrenzung zu Urlaubsaufenthalten dient,ist das Kind zur Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht verpflichtet.

Voraussetzungen für die Anerkennung eines Sprachaufenthalts im Ausland als Berufsausbildung

Sprachaufenthalte im Ausland können nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie entweder mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden oder von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt.

BFH Beschluss vom 14.09.2009 –  III B 119/08 BFHNV 2010 S. 19

Begründung:

Im Übrigen ist die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Sprachaufenthalt im Ausland anerkannt werden kann, geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung  ist dem Tatbestandsmerkmal "für einen Beruf ausgebildet wird" zu entnehmen, dass hierunter nicht jeder Auslandsaufenthalt zu fassen ist, der zu einer Verbesserung der Kenntnisse in der jeweiligen Landessprache führt.

Sprachaufenthalte im Ausland können vielmehr nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie entweder mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden oder von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt. Im Streitfall hat sich das Kind keiner solchen planmäßigen Bildungsmaßnahme unterzogen, die sich anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien von einem gewöhnlichen Auslandsaufenthalt abgrenzen ließe.