Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugzeugführer einer irischen Fluggesellschaft

Für Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind (hier für Arbeitslohn eines Flugzeugführers nach dem DBA-Irland 1962), wird die Freistellung der Einkünfte unbeschadet des in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 n.F./2009 angeordneten Besteuerungsrückfalls auch dann gewährt, wenn der andere Vertragsstaat (hier Irland) das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht an den Einkünften im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des Flugzeugführers nur für einen Teil der Einkünfte wahrnimmt.

BFH Beschluss vom 19.12.2013, I B 109/13

Begründung:

Der Kläger hatte in den Streitjahren seinen Wohnsitz in Deutschland. Er unterfällt deswegen gemäß § 1 Abs. 1 EStG 2002 n.F./2009 hier mit seinem Welteinkommen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Dieser Pflicht ist auch der Arbeitslohn (§ 19 EStG 2002 n.F./2009) unterworfen, den er als Flugzeugführer für die irische Fluggesellschaft im Streitjahr vereinnahmt hat.

Das Besteuerungsrecht für diesen Arbeitslohn steht allerdings Irland zu. In Deutschland ist der Lohn hingegen nach Art. XII Abs. 3 i.V.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszunehmen, weil es sich hierbei um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands handelt, die in Übereinstimmung mit dem Abkommen in Irland besteuert werden können: Dass es sich um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands handelt, ergibt sich aus Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962; Dienstleistungen, die eine natürliche Person ganz oder überwiegend an Bord von Luftfahrzeugen erbringt, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person betreibt, gelten danach als in diesem Vertragsstaat erbracht. Und die Vergütungen für solche Dienstleistungen können nach Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet, im Streitfall also in Irland. Deutschland verbleibt nach Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 2 DBA-Irland 1962 lediglich die Möglichkeit, die Einkünfte gemäß § 32b EStG 2002 n.F./2009 dem sog. Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.

Der in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 n.F./2009 unilateral und "abkommensüberschreibend" angeordnete Besteuerungsrückfall ändert daran nichts. Nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 n.F./2009 wird die Freistellung jener Einkünfte nach Maßgabe des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ungeachtet des Abkommens nicht gewährt, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. Mit dieser Formulierung will das Gesetz erreichen, dass das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfällt, falls der andere Vertragsstaat als Quellenstaat von dem ihm abkommensrechtlich zugestandenen Besteuerungsrecht an bestimmten Einkünften im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht rechtlich keinen Gebrauch macht. Eine derartige Situation ist im Streitfall nach den tatrichterlichen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG zu der irischen Rechtslage indessen nicht gegeben. Denn die Arbeitslöhne des Klägers wurden in Irland besteuert. Die Besteuerung erfolgte dort zwar im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht, und die Löhne wurden auch (nur) infolge der fehlenden Ansässigkeit des Klägers in Irland lediglich zu einem Teil erfasst, nämlich demjenigen Teil, der eine territoriale Zuordnung der erbrachten Arbeit zum irischen Staatsgebiet ermöglichte. Doch tut dies nichts zur Sache, weil der abkommensüberschreibende Besteuerungsrückfall für die betreffenden Einkünfte nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 n.F./2009 tatbestandlich nur dann ausgelöst wird, "wenn" –nicht aber "soweit"– die betreffenden Einkünfte aus den Gründen der fehlenden Ansässigkeit im anderen Vertragsstaat nicht steuerpflichtig sind

 

Zur Besteuerung der Umsätze eines gemeinnützigen Reitsportvereins aus einer Pensionspferdehaltung

Dienstleistungen, die ein gemeinnütziger Reitsportverein im Rahmen einer Pensionspferdehaltung erbringt, können von der Umsatzsteuer befreit sein oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

BFH Urteil vom 16.10.2013, XI R 34/1

Begründung:

Das FG hat zwar zu Recht angenommen, dass die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG für die vom Kläger im Rahmen der Pferdepension erbrachten Leistungen in Betracht kommt. Es ist aber bei der Beurteilung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG keine abschließende Entscheidung zulassen.

 

Die Leistungen des Klägers betreffend die Pensionspferdehaltung erfüllen im Streitfall nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG. Davon ist das FG übereinstimmend mit den Beteiligten zu Recht ausgegangen.

Die vom Kläger im Rahmen seiner Pferdepension erbrachten Leistungen können aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem –MwStSystRL–) von der Umsatzsteuer befreit sein.

Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreien die von der Umsatzsteuer bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben.  Das UStG hat diese Bestimmung bislang nicht vollständig umgesetzt.

 Der BFH hat bereits entschieden, dass für einen gemeinnützigen Reitverein, der –wie der Kläger– ohne Gewinnstreben handelt und eine Pensionspferdehaltung betreibt, die begehrte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht kommen kann.

Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die Dienstleistungen mit dem Sport in engem Zusammenhang stehen und ferner "für seine Ausübung unerlässlich" sein (Urteil –Canterbury Hockey Club– in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 32). Als Beispiele hierfür nennt der EuGH die Überlassung von Sportstätten oder die Zurverfügungstellung eines Schiedsrichters.

 Im Streitfall kann die vom Kläger erbrachte Pensionspferdehaltung, die –entgegen der Auffassung des FA– offenkundig "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG steht, "unerlässlich" im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des EuGH sein.

 

 

 

Erziehungsrenten sind mit dem Besteuerungsanteil zu besteuern

Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung sind mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Besteuerung zu unterwerfen. Sie unterscheiden sich von den nicht steuerbaren Schadensersatzrenten oder Unterhaltsrenten gemäß § 844 Abs. 2 BGB, weil sie auf steuerlich abziehbaren Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung beruhen.

Die Einbeziehung der Erziehungsrenten in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durch das AltEinkG ist verfassungsgemäß.

BFH Urteil vom 19.8.2013, X R 35/11

Begründung:

Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung gehören zu den Leibrenten und sonstigen Leistungen, die gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern sind (unten 1.). Sie sind keine nicht steuerbaren Schadensersatz- oder Unterhaltsrenten gemäß § 844 Abs. 2 BGB (unten 2.). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung der Erziehungsrenten in die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG bestehen nicht (unten 3.).

Zu den sonstigen Einkünften des § 22 EStG gehören Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG). Bemessungsgrundlage ist der Besteuerungsanteil, der nach den Vorgaben des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 2 bis 8 EStG errechnet wird.

Bereits in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Regelungsgehalt des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG sämtliche Rentenarten, insbesondere auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenrenten umfasse, die bisher als abgekürzte Leibrenten nach der Ertragsanteilstabelle in § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) besteuert worden seien. Begründet wird diese Entscheidung mit der steuerlichen Entlastung der zugrunde liegenden Beiträge (vgl. den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, BTDrucks 15/2150, S. 40).

Bei der Erziehungsrente handelt es sich trotz ihrer Einordnung unter die Renten wegen Todes nicht um eine Rente aus abgeleitetem Recht (der Versicherung des geschiedenen Ehegatten), sondern um eine Rente aus eigener Versicherung. Dies ergibt sich bereits aus § 47 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, in dem der Bezug einer Erziehungsrente davon abhängig gemacht wird, dass die Wartezeiten durch den Berechtigten selbst erfüllt sein müssen. Auch sind Grundlage für die Ermittlung der –für die Höhe des individuellen Rentenbetrags entscheidenden– persönlichen Entgeltpunkte die Entgeltpunkte des Versicherten selbst (vgl. § 66 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI), während bei Witwen- und Witwerrenten die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten maßgebend sind (§ 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Zudem wird in § 89 SGB VI die Erziehungsrente als "Rente aus eigener Versicherung" bezeichnet (§ 89 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 9 SGB VI), die Witwen- und Waisenrenten.

Die Erziehungsrente der Klägerin beruht auf den Beiträgen, die sie in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Ihr Vorbringen, sie habe die Beiträge ausschließlich für ihre spätere Altersversorgung geleistet, steht nicht nur im Gegensatz zu den Regelungen des SGB VI, sondern widerspricht auch den tatsächlichen Gegebenheiten.

Die Erziehungsrente soll ebenfalls einen Ausgleich für den durch den Tod des geschiedenen Ehegatten weggefallenen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB gewähren. Nach § 1570 Abs. 1 BGB in der im Streitjahr gültigen Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Aufgrund von § 1570 Abs. 2 BGB verlängert sich die Dauer des Unterhaltsanspruchs darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

Durch die Gewährung der Erziehungsrente soll vermieden werden, dass der geschiedene Ehegatte zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gezwungen wird, die nicht im Interesse seiner Kinder liegt. Der Rentenanspruch nach § 47 SGB VI setzt tatbestandlich trotz dieser Zielsetzung weder voraus, dass der Versicherte gegen seinen geschiedenen Ehegatten vor dessen Tod einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB hatte, noch dass er wegen der Kindererziehung tatsächlich keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.

Im Gegensatz zu den Schadensersatz- und Unterhaltsrenten gemäß § 844 Abs. 2 BGB beruht der Anspruch auf Zahlung der Erziehungsrente nicht auf einem schädigenden Ereignis, das zu einer Ersatzpflicht des dafür Verantwortlichen führt, sondern auf der Mitgliedschaft des Berechtigten, hier der Klägerin, in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Besteuerung der Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung hat ihren Rechtsgrund in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Durch diesen eigenständigen Steuertatbestand hat der Gesetzgeber –wie bereits erläutert– ausdrücklich sämtliche Leibrenten und andere Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Besteuerung unterworfen.

 

Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder kommunaler Mandatsträger

Die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern aus ehrenamtlicher Tätigkeit als Kreis- und Stadtrat sowie von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern aus Ausschuss- und Beiratstätigkeit dieses Personenkreises als Vertretungsorgan des Kreises bei einer Kreissparkasse ist geklärt.

Diese Steuerpflichtigen beziehen Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Dass die Situation umsatzsteuerrechtlich anders zu beurteilen ist, weil ehrenamtliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 26 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist, ändert daran nichts.

BFH Beschluss vom 14.04.2011 – VIII B 110/10 BFH NV 2011 S. 1138

Begründung:

Zutreffend weist der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) darauf hin, dass die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern aus ehrenamtlicher Tätigkeit als Kreis- und Stadtrat sowie aus Ausschuss- und Beiratstätigkeit dieses Personenkreises als Vertretungsorgan des Kreises bei einer Kreissparkasse geklärt ist. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung beziehen diese Steuerpflichtigen Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes.

Besteuerung der Altersrenten verstößt nicht gegen die Verfassung

Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Altersrenten durch das Alterseinkünftegesetz ist verfassungsmäßig, sofern das Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG verletzt weder das Recht des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung noch sein Vertrauen auf Beibehaltung der Ertragsanteilsbesteuerung seiner Renteneinkünfte (Bestätigung des Senatsurteils vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710).

Bei der Anwendung der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG kommt es darauf an, für welche Jahre der Steuerpflichtige die Beiträge geleistet hat (gegen BMF-Schreiben vom 30. Januar 2008, BStBl I 2008, 390, Rz 137).

BFH Urteil vom 19. Januar 2010 X R 53/08

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit dem heute veröffentlichten Urteil vom 19. Januar 2010 X R 53/08 seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und entschieden, dass die Umstellung der Besteuerung der Alterseinkünfte auf das System der nachgelagerten Besteuerung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Besteuerung der Alterseinkünfte ist durch das Alterseinkünftegesetz zum 1. Januar 2005 neu geregelt worden. Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der berufsständischen Versorgungswerke werden ebenso wie die Beamtenpensionen in vollem Umfang – nachgelagert – besteuert; in der Übergangszeit von 2005 bis 2039 wird der steuerbare Anteil der Renten kontinuierlich erhöht, wobei für dessen Höhe das Jahr des Renteneintritts entscheidend ist.

Zur allmählichen Überführung in die volle Besteuerung beträgt der Besteuerungsanteil bei Rentenbeginn bis zum Jahr 2005 50 %. Beruhen Altersrenten auf Beiträgen, die oberhalb der gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenze geleistet wurden, können die Renten im Rahmen der sog. Öffnungsklausel insoweit weiterhin mit dem (niedrigeren) Ertragsanteil besteuert werden. Im Unterschied zur Auffassung der Finanzverwaltung – so der X. Senat – kommt es nicht darauf an, in welchen Jahren die Zahlungen erfolgt sind; entscheidend ist vielmehr, für welche Jahre die Beiträge geleistet wurden.

Der Kläger, ein selbständig tätiger Wirtschaftsprüfer, der seit 1996 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, hatte geltend gemacht, dass die gleiche Besteuerung seiner Altersrenten im Vergleich zur Besteuerung einer Altersrente eines früheren angestellten Rentners gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, da seine früher geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich stärker belastet gewesen seien. Zudem verletze ihn die Neuregelung in seinem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Ertragsanteilsbesteuerung seiner Altersrente; er habe als sog. Bestandsrentner keine Chance gehabt, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.

Mit seiner Entscheidung hat der X. Senat des BFH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Bei dem Alterseinkünftegesetz handele sich um die Regelung komplexer Lebenssachverhalte, bei denen dem Gesetzgeber gröbere Typisierungen und Generalisierungen zugestanden werden müssten, so dass die Besteuerung der Renteneinkünfte eines (vormals) Selbständigen im Rahmen der Übergangsregelung verfassungsrechtlich unbedenklich sei, sofern – wie im Streitfall – nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen werde.

EuGH-Vorlage zur Besteuerung von Flugbenzin

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG dahingehend auszulegen, dass der Ausschluss der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuerbegünstigung bedeutet, dass eine Steuerbefreiung für Energieerzeugnisse zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt nur Luftfahrtunternehmen zu gewähren ist, oder ist die Steuerbefreiung auf alle in der Luftfahrt eingesetzten Kraftstoffe zu erstrecken, sofern der Einsatz des Flugzeugs erwerbsbezogenen Zwecken dient?

Ist Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96/EG dahingehend auszulegen, dass sich die Bestimmung auch auf Kraftstoffe bezieht, die ein Flugzeug für den Flug zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück benötigt, oder gilt die Begünstigungsmöglichkeit nur für Unternehmen, deren eigentlicher Geschäftszweck die Fertigung, Entwicklung, Erprobung oder Wartung von Luftfahrzeugen ist?

Ist Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG dahingehend auszulegen, dass beim Einsatz eines sowohl privat als auch gewerblich genutzten Flugzeugs für Wartungs- oder Schulungsflüge nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG eine auf die gewerbliche Verwendung bezogene anteilmäßige Steuerbefreiung für den bei diesen Flügen eingesetzten Kraftstoff zu gewähren ist?

Falls die Frage zu Nr. 3 verneint wird: Kann aus der Unanwendbarkeit des Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG geschlossen werden, dass bei gemischter Verwendung eines Flugzeugs zu privaten und gewerblichen Zwecken für Wartungs- und Schulungsflüge keine Steuerbefreiung zu gewähren ist?

Falls die Frage zu Nr. 3 bejaht wird oder falls sich aus einer anderen Bestimmung der Richtlinie 2003/96/EG eine entsprechende Rechtsfolge ergibt: Welche Kriterien und welcher Bezugszeitraum sind der Bestimmung des jeweiligen verwendeten Anteils i.S. des Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG bei Wartungs- und Schulungsflügen zugrunde zu legen?

BFH Beschluss vom 1. Dezember 2009 VII R 9, 10/09

Erläuterungen

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 VII R 9, 10/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mehrere Fragen vorgelegt, die die Besteuerung von Luftfahrtbetriebsstoffen (Flugbenzin und Kerosin) betreffen. Nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96/EG haben die Mitgliedstaaten Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nicht gewerblichen Luftfahrt von der Energiesteuer zu befreien. Von privater nicht gewerblicher Luftfahrt ist nach der gemeinschaftsrechtlichen Definition dann auszugehen, wenn das Flugzeug zu anderen als kommerziellen Zwecken genutzt wird. Damit stellt sich die Frage, ob die Ausnahme von der Befreiung nur für die sog. Sportfliegerei gilt. Von der Entscheidung des EuGH hängt es ab, ob Deutschland aufgrund des geltenden Gemeinschaftsrechts verpflichtet ist, alle in der Luftfahrt eingesetzten Kraftstoffe von der Energiesteuer (Mineralölsteuer) zu befreien, wenn der Einsatz von Flugzeugen erwerbsbezogenen Zwecken dient. Nach der gegenwärtigen Besteuerungspraxis wird die Steuerbefreiung grundsätzlich nur Luftfahrtunternehmen mit einer entsprechenden luftverkehrsrechtlichen Betriebsgenehmigung gewährt. Sonstige Unternehmen, die z.B. mit der Herstellung oder dem Vertrieb von Produkten befasst sind, wird die Steuerbegünstigung verweigert.

Im Streitfall setzte ein Unternehmen, dessen eigentlicher Unternehmenszweck nicht im gewerblichen Lufttransport besteht, ein firmeneigenes Flugzeug für Flüge zu Messen und Kunden ein. Darüber hinaus wurden mit dem Flugzeug Wartungs- und Schulungsflüge durchgeführt. Da das Flugzeug sowohl zu rein privaten Flügen als auch zu den genannten unternehmensbezogenen Flügen eingesetzt wurde, stellt sich im Streitfall die weitere Frage, ob in Fällen einer gemischten Nutzung zumindest eine anteilmäßige Steuerbefreiung zu gewährten ist. Der Rechtsstreit ist für alle Unternehmen von erheblicher Bedeutung, die ein einzelnes Flugzeug oder eine Luftflotte unterhalten, um damit dem Unternehmenszweck dienende Flüge durchführen, ohne jedoch einzelne oder regelmäßige Transporte von Personen oder Gütern anzubieten. Andere Mitgliedstaaten legen das einschlägige Gemeinschaftsrecht weiter aus und gewähren ihren Unternehmen großzügigere Steuervorteile. Es ist zu hoffen, dass der EuGH eindeutige Vorgaben zur Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen macht, so dass die betroffenen Unternehmen künftig eine gemeinschaftsweit einheitliche Besteuerungspraxis erwarten können.