Sachliche Verpflechtung durch Überlassung von Büroräumen

Wenn es nach dem Rechtsstandpunkt des FG für die sachliche Verflechtung ausreicht, dass der Betrieb Verwaltungsarbeiten erfordert, diese in den angemieteten Büroräumen ausgeführt wurden und die Betriebsgesellschaft insofern auf dieses Grundstück angewiesen war, obwohl die Verwaltungstätigkeiten auch auf einem anderen Grundstück hätten ausgeübt werden können, dann braucht es nicht aufzuklären, welcher Art die in den angemieteten Räumen ausgeführten Verwaltungsaufgaben waren.

BFH Beschluss vom 16.04.2013 III B 89/11BFHNV 2013 S. 1100

Begründung:

Das FG ist davon ausgegangen, dass es für die sachliche Verflechtung ausreicht, dass der Betrieb der GmbH Verwaltungsarbeiten erfordert, diese in den angemieteten Büroräumen auf dem Grundstück H ausgeführt werden und die GmbH insofern auf dieses Grundstück angewiesen sei; unerheblich sei, dass der Vertrieb der Haustypen und die Bauleistungen anderswo erbracht würden und ob die Verwaltungstätigkeiten auch auf einem anderen Grundstück ausgeübt werden könnten.

Nach diesem Rechtsstandpunkt kam es nicht darauf an, welcher Art die auf dem Grundstück H ausgeführten Verwaltungsaufgaben waren, so dass darüber auch der dazu angebotene Beweis nicht erhoben werden musste.

Das FG hat zwar ausgeführt, es liege "auf der Hand, dass für die GmbH zur Erfüllung der in einem Unternehmen anfallenden organisatorischen und kaufmännischen Arbeiten (z.B. Entgegennahme von Kundenaufträgen, Vorbereitung von Vertragsabschlüssen und Preiskalkulation, Überwachung von Einkauf und Wareneingang, Koordination des Einsatzes der Mitarbeiter, Rechnungswesen und Buchführung) Büro- und Verwaltungsräume notwendig" seien. Dies ist indessen nicht dahin zu verstehen, dass nach seiner Überzeugung sämtliche dieser Tätigkeiten in den angemieteten Räumen des Grundstücks H ausgeführt wurden, sondern besagt –wie die nachfolgenden Sätze des Urteils zeigen– lediglich, dass einige dieser Arbeiten dort verrichtet wurden und diese Arbeiten auch angesichts der Miete in Höhe von 90.000 EUR jährlich nicht von untergeordneter Bedeutung waren. Auch der Hinweis des FG auf das weitere Bürogebäude der GmbH auf dem Nachbargrundstück zeigt, dass es nicht –wie der Kläger meint– davon ausgegangen ist, dass sämtliche Verwaltungstätigkeiten auf dem Grundstück H verrichtet wurden.

Soweit der Kläger beanstandet, dass der Prozessbevollmächtigte nicht dazu gehört wurde, "dass ein Großteil der Fläche von der … (T) GmbH in den Streitjahren gar nicht genutzt wurde", sind die Darlegungserfordernisse des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht erfüllt. Insoweit wären Angaben darüber erforderlich gewesen, was die Beweiserhebung voraussichtlich ergeben hätte, d.h. welche Flächen oder Räume in welchen Zeiträumen nicht von der T-GmbH genutzt worden sind, und dass das FG aufgrund des erwarteten Beweisergebnisses zu einer anderen Beurteilung der sachlichen Verflechtung hätte gelangen können.

 

Anwendung des Halbabzugsverbots auf laufende Aufwendungen in Fällen des vorübergehenden Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstehen, sind nicht vorrangig durch die Beteiligungs-, sondern durch die Miet- oder Pachteinkünfte veranlasst und daher ungeachtet des § 3c Abs. 2 EStG in vollem Umfang abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolgt, die einem Fremdvergleich standhalten.

Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachtzahlungen steht § 3c Abs. 2 EStG der Abziehbarkeit der durch die Nutzungsüberlassung entstehenden Aufwendungen nur entgegen, wenn der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und daher einem Fremdvergleich nicht standhält.

Auch wenn grundsätzlich das FA die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG trägt, ist der Steuerpflichtige unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs jedenfalls bei einem Pachtverzicht, der endgültig und nicht lediglich für einen ganz kurzen Zeitraum ausgesprochen wird, gehalten, dem FA ein Mindestmaß an substantiierten Darlegungen sowohl zur regionalen Marktlage im Bereich der Gewerbeimmobilien als auch zu seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der Pächterin zu unterbreiten.

BFH Urteil vom 17.7.2013, X R 17/11

Begründung:

Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG in der in den Streitjahren 2002 und 2003 geltenden Fassung dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem Veranlagungszeitraum 2009: zu 60 %) abgezogen werden.

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstünden, seien voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolge, die einem Fremdvergleich standhielten. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst. Demgegenüber sei bei einer unentgeltlichen, Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermögliche zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führe aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG.

Davon ausgenommen seien indes substanzbezogene Aufwendungen wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen; unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung seien die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

Der Veranlassungszusammenhang könne sich im Laufe der Zeit ändern. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachteinnahmen komme es darauf an, ob der Verzicht durch das Pachtverhältnis oder aber das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Die auf Seiten des Verpächters vorhandenen Gründe für den Verzicht seien durch die Tatsacheninstanz zu ermitteln und unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs zu würdigen. Ein Pachtverzicht aufgrund eines generellen Absinkens der marktüblichen Pachtentgelte oder im Rahmen einer fremdüblichen Sanierungsmaßnahme spreche für eine Veranlassung durch das Pachtverhältnis. Demgegenüber deute es auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin, wenn ein fremder Dritter den Verzicht in der konkreten Situation weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach akzeptiert, sondern weiterhin auf der Zahlung des vereinbarten Entgelts bestanden oder aber das Pachtverhältnis beendet hätte. Im Rahmen dieser Würdigung liege die Feststellungslast beim FA, weil § 3c Abs. 2 EStG die Abzugsfähigkeit von grundsätzlich einkünftemindernd zu berücksichtigenden Aufwendungen einschränke.

 

Abfärbetheorie bei Immobilien in der Betriebsaufspaltung

Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf sämtliche Einkünfte einer ansonsten vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft bei nachträglich erkannter  Betriebsaufspaltung.

BFH Urteil vom 29.11.2012, IV R 37/10

Begründung:

Das FG hat die Grundstücksvermietung durch die GbR an die Z-GmbH zu Recht als gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung qualifiziert (B.II.1.). Die Ausübung (auch) einer gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Folge, dass die gesamte Tätigkeit der GbR als Gewerbebetrieb gilt; damit hat die GbR in den Streitjahren ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt; das vermietete Grundstück ist insgesamt dem steuerlichen Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zuzuordnen.

In Folge der Betriebsaufspaltung sind die Einkünfte der GbR aus der Vermietung des Grundstückteils an die Z-GmbH in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren und die (anteiligen) Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Gebäude, Außenanlagen und der Geschäftsanteil an der Z-GmbH) dem (Sonder-)Betriebsvermögen zuzuordnen (§ 21 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 EStG). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch die Einkünfte aus der Vermietung des übrigen Gebäudeteils an fremde Dritte als gewerbliche Einkünfte der GbR zu qualifizieren und die diesbezüglichen Wirtschaftsgüter (Gebäudeteile sowie der anteilige Grund und Boden, u.a.) ebenfalls dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind.

 

Betriebsaufspaltung

Die BFH Rechtsprechung enthält mit seiner Aussage, eine sachliche Verflechtung i.S.d. Betriebsaufspaltung durch Überlassung eines Grundstücks liege bereits dann vor, wenn das Betriebsunternehmen aus innerbetrieblichen Gründen ohne ein Grundstück dieser Art den Betrieb nicht fortführen könne, lediglich eine Präzisierung und keine Verschärfung einer bis dahin bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Abweichendes gilt nur insoweit, als der BFH in dem genannten Urteil die frühere Rechtsprechung aufgegeben hat, nach der eine sachliche Verflechtung dann nicht gegeben sei, wenn das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen könne.

BFH 16.02.2012 X B 99/10 BFHNV 2012 Seite 1110

Begründung.

Die Kläger machen geltend, das FG habe unterstellt, dass jedes Ladenlokal als wesentliche Betriebsgrundlage zu beurteilen, welches die sachliche Verflechtung im Sinne einer Betriebsaufspaltung begründen könne. Hingegen habe die Altrechtsprechung das Vorliegen einer wesentlichen Betriebsgrundlage insbesondere dann verneint, wenn der Betrieb keinen Bezug zum Grundstück bzw. zum Gebäude gehabt habe.

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BFH, dass eine wesentliche Betriebsgrundlage i.S. der zur Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze dann vorliegt, wenn das überlassene Grundstück für die Betriebsgesellschaft wirtschaftlich von nicht nur geringer Bedeutung ist. Dies setzt nicht zwingend voraus, dass die Betriebsführung durch die Lage des Grundstücks bestimmt wird oder das Grundstück auf die Bedürfnisse des Betriebs zugeschnitten bzw. es für Zwecke des Betriebsunternehmens hergerichtet oder gestaltet worden ist. Vielmehr wird eine sachliche Verflechtung bereits dann begründet, wenn feststeht, dass das Betriebsunternehmen aus innerbetrieblichen Gründen ohne ein Grundstück dieser Art den Betrieb nicht fortführen könnte.

Notwendig für das Vorliegen einer wesentlichen Betriebsgrundlage ist allein, dass das Grundstück die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet und es ihr ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb auszuüben. Die zur Beurteilung dieser Frage erforderlichen Tatsachen hat das FG festgestellt. Nach diesen Feststellungen betreibt die Betriebsgesellschaft einen Einzelhandel mit Textilien, insbesondere Bettwaren (Bettroste, Bettdecken, Matratzen), und die Raumausstattung (Gardinen und Jalousieanlagen, Polsterei). Die Gesellschaft betreibt ihr Unternehmen in den im Alleineigentum des Klägers stehenden Geschäftsräumen, die sie seit Januar 1978 anmietete. Im Erdgeschoss dieses Gebäudes befindet sich das Ladenlokal der Betriebsgesellschaft.

Bereits auf Grund dieser Feststellungen, die in der Beschwerdebegründung nicht angegriffen worden sind, ergibt sich, dass das Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage ist. Denn es bildet die räumliche und funktionale Grundlage für das Handelsunternehmen der Betriebsgesellschaft. Ob das Grundstück über einen Lagevorteil verfügt oder die Baulichkeiten in besonderer Weise hergerichtet oder gestaltet sind, ist daher im Streitfall für das Vorliegen einer wesentlichen Betriebsgrundlage und damit für eine sachliche Verflechtung unerheblich.

Der beschließende Senat hat in dem sog. Dachdecker-Urteil herausgearbeitet, für das Vorliegen einer sachlichen Verflechtung genüge es, dass die Betriebsgesellschaft zur Erreichung ihres Betriebszwecks ein Grundstück der überlassenen Art benötige, ohne dass es auf eine besondere Lage oder Gestaltung des Grundstücks ankomme.

Eine Rechtsprechungsänderung hat das Senatsurteil nur insoweit bewirkt, als der Senat in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung angenommen hat, eine sachliche Verflechtung werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen könnte. Dass eine solche jederzeitige Ersetzbarkeit im Streitfall gegeben war, wird von den Klägern nicht behauptet.

 

Keine Betriebsaufspaltung bei Einstimmigkeitsprinzip in der Besitz-GbR

Überlässt eine GbR, an der Eheleute zu je ½ beteiligt sind, eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine GmbH, an der allein der Ehemann beteiligt ist, erfüllt dies mangels personeller Verflechtung nicht die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung.

Eine den Grundsätzen des § 710 BGB entsprechende Übertragung der gesamten GbR-Geschäftsführungsbefugnis durch den nicht an der GmbH beteiligten Ehegatten auf den anderen Ehegatten ist nicht gegeben, wenn der nicht an der GmbH beteiligte Ehegatte jeweils nur von Fall zu Fall stillschweigend sein Einverständnis mit Geschäftsführungsentscheidungen des anderen Ehegatten erklärt.

BFH Beschluss vom 15.06.2011 XB 255/10 BFHNV 2011 S. 1859

Begründung:

Zum einen hat das FG festgestellt, dass die Klägerin stets nur von Fall zu Fall stillschweigend ihr Einverständnis mit den Entscheidungen des E erklärt hat. Damit hat es gerade keine konkludente Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf E festgestellt –die es dann in möglicherweise angreifbarer Weise für steuerrechtlich unbeachtlich erklärt hätte–, sondern lediglich ein Einverständnis mit Einzelmaßnahmender Geschäftsführung. Dies schließt eine von Anfang an bestehende, den Grundsätzen des § 710 BGB entsprechende Übertragung der gesamtenGeschäftsführungsbefugnis auf E aber gerade aus. Auch die Feststellungen, die das FG im Rahmen der Prüfung einer faktischen Beherrschung der GbR durch E getroffen hat, schließen die Annahme einer konkludenten Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis aus. Damit stimmt überein, dass auch die Klägerin in der Klagebegründung von einem ihr "rechtlich zustehenden Vetorecht" ausgeht.

Zum anderen ist dem FA darin zuzustimmen, dass es auf die Rechtsfrage, ob auch zwischen Ehegatten eine konkludente Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis steuerrechtlich zugrunde gelegt werden könnte, im Streitfall schon deshalb nicht ankommt, weil damit lediglich das für die GbR geltende gesetzliche Einstimmigkeitserfordernis abbedungen wäre. Demgegenüber würde die Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis nichts daran ändern, dass der –nur mit 50 % an der GbR beteiligte– E nicht als Mehrheitsgesellschafter der GbR anzusehen wäre.

 

Geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts nach Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung

Jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in einen anderen betrieblichen Bereich desselben oder eines anderen Steuerpflichtigen stellt grundsätzlich eine Entnahme beim abgebenden und eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S. des § 4 Abs. 4a EStG dar.

Die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts während des Bestehens einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung stellt weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S. des § 4 Abs. 4a EStG dar, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat.

BFH Urteil vom 22.9.2011, IV R 33/08

Begründung:

Unter Berücksichtigung des finalen Entnahmebegriffs liegt es nahe, auch der Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG eine betriebsübergreifende Betrachtung zu Grunde zu legen. Danach wären Vermögensbewegungen zwischen zwei Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen ungeachtet der Frage, ob der Vermögenstransfer gemäß § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert erfolgt, weder als Entnahmen noch als Einlagen i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG zu erfassen. Allerdings hat der BFH unter Berücksichtigung der systematischen Stellung und der gesetzgeberischen Konzeption des § 4 Abs. 4a EStG, die darauf abzielt, eine Gewinnhinzurechnung bei Vorliegen von Überentnahmen in dem Betrieb vorzunehmen, für den eine eigenständige Gewinnermittlung durchgeführt wird, die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs ausschließlich betriebsbezogen ausgelegt. Hat der Steuerpflichtige daher mehrere Betriebe oder ist er an mehreren Personengesellschaften beteiligt, ist der Schuldzinsenabzug für jeden Betrieb bzw. Mitunternehmeranteil eigenständig zu ermitteln

Diese betriebsbezogene Beurteilung, stellt grundsätzlich jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in einen anderen betrieblichen Bereich desselben oder eines anderen Steuerpflichtigen eine Entnahme beim abgebenden und eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S. dar .

Eine Entnahme bzw. eine Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG liegt indes nicht vor, soweit ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil gemäß § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich übertragen worden ist. Denn bei der unentgeltlichen Betriebs- oder Mitunternehmeranteilsübertragung rückt der Rechtsnachfolger in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers ein. Die beim bisherigen Betriebsinhaber entstandenen Über- oder Unterentnahmen gehen auf den Rechtsnachfolger über. Die unentgeltliche Betriebs- oder Mitunternehmeranteilsübertragung kann daher ihrerseits keine Entnahme bzw. Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG auslösen.

Da der Mitunternehmeranteil eines Gesellschafters sowohl den Anteil am Gesamthandsvermögen als auch das dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende Sonderbetriebsvermögen umfasst, unterfällt auch die anteilige Übertragung des Sonderbetriebsvermögens dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG. Sie führt daher grundsätzlich ebenfalls nicht zu einer Entnahme bzw. Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG.

Wird infolge der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 3 EStG eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung begründet und führt dies auf Grund der bestehenden Bilanzierungskonkurrenz zu einer veränderten Zuordnung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens bei der neu entstandenen oder neu errichteten Besitzpersonengesellschaft, liegt eine Entnahme bzw. Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG nicht vor, soweit die veränderte Zuordnung des Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens nicht zu einer Gewinnrealisierung durch die Aufdeckung der stillen Reserven geführt hat.

Werden wesentliche Betriebsgrundlagen von einer Besitzpersonengesellschaft an eine Betriebspersonengesellschaft entgeltlich verpachtet, führt dies zur Entstehung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, soweit beide Gesellschaften auch personell verflochten sind. Dies gilt nicht nur dann, wenn die verpachteten Wirtschaftsgüter im Gesamthandseigentum der Besitzgesellschaft (Besitz-GbR) stehen, sondern auch dann, wenn sie im Bruchteilseigentum ihrer Gesellschafter stehen und von der Besitzgesellschaft oder zumindest von einer konkludent vereinbarten Besitz-GbR entgeltlich an die Betriebsgesellschaft verpachtet werden.

Folge der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ist, dass die verpachteten wesentlichen Wirtschaftsgüter sowohl die Voraussetzungen für Sonder- bzw. Betriebsvermögen bei der Besitzpersonengesellschaft als auch für Sonderbetriebsvermögen bei der Betriebspersonengesellschaft erfüllen. Aus der mittlerweile ständigen Rechtsprechung folgt bei Vorliegen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, dass die Bilanzierungskonkurrenz unter Ablehnung der Subsidiaritätsthese (Betriebsaufspaltung tritt hinter das Sonderbetriebsvermögen zurück) zu Gunsten der Besitzpersonengesellschaft zu lösen ist. Die wesentlichen Wirtschaftsgüter sind daher bei der Besitzpersonengesellschaft zu bilanzieren.

Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und Aktiengesellschaft

Die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung ist auch im Verhältnis zwischen einer Aktiengesellschaft und ihrem Mehrheitsaktionär grundsätzlich zu bejahen . Diese Grundsätze sind durch die zwischenzeitlichen Änderungen im Aktienrecht nicht überholt; sie sind auch auf börsennotierte Aktiengesellschaften anwendbar.

BFH Urteil vom 23.3.2011, X R 45/09

Begründung:

Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger im Streitjahr 2001 aus der Vermietung des Gebäudes an die AG Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 21 Abs. 3 EStG) erzielt hat, weil zwischen ihm und der AG eine Betriebsaufspaltung bestand.

Die Vermietung von Wirtschaftsgütern an ein Unternehmen wird nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann als –über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgehende– gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Besitzunternehmen mit dem mietenden Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten ist. Die sachliche Verflechtung folgt im Streitfall aus der Überlassung des Gebäudes, in dem sich die Hauptverwaltung der AG befindet, und das in seiner Funktionalität auf die besonderen Anforderungen, die der Betrieb der AG mit sich bringt, zugeschnitten ist. Weil dies zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, sieht der Senat von weiteren Ausführungen hierzu ab. Entgegen der Auffassung des Klägers sind aber auch die Voraussetzungen der personellen Verflechtung erfüllt. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind verfassungsgemäß; der Kläger beherrschte nicht nur das "Besitzunternehmen", sondern auch die AG als Betriebs-Kapitalgesellschaf.

Der IV. Senat des BFH hat entschieden, dass der Rechtssatz, die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung sei gegeben, wenn diejenige Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrsche, auch über die Stimmenmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfüge, "grundsätzlich in gleicher Weise für Betriebsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH wie der AG" gelte.

Es genügt, wenn sich aufgrund der Befugnis, die Mitglieder der geschäftsführenden Organe der Betriebsgesellschaft zu bestellen und abzuberufen, in der Betriebsgesellschaft auf Dauer nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten kann, der vom Vertrauen der das Besitzunternehmen beherrschenden Personen getragen ist und demgemäß mit deren geschäftlichen Betätigungswillen grundsätzlich übereinstimmt.

 

Betriebsaufspaltung bei einer Steuerberatungsgesellschaft

 

Bei einer Steuergeratungsgesellschaft kann die Verpachtung des Mandantenstamms zu einer Betriebsaufspaltung führen.

BFH  Beschluss vom 8.4.2011, VIII B 116/10

Begründung:

In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass der Mandantenstamm eines Steuerberaters als eigenständiges Wirtschaftsgut Gegenstand eines Pachtvertrags sein kann und dass es sich dabei um "den wesentlichsten und werthaltigsten" Teil des Betriebsvermögens handelt . Anerkannt ist ebenfalls, dass die vermietende oder verpachtende Tätigkeit einer freiberuflichen Besitzgesellschaft im Rahmen einer freiberuflichen Betriebsaufspaltung zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt.

Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) bei Betriebsaufspaltung

Dass bei der Prüfung der Angemessenheit der Geschäftsführergehälter einer GmbH bei bestehender Betriebsaufspaltung die Umsätze und Umsatzrenditen der Besitzgesellschaft nicht zu berücksichtigen sind, sofern eine Überprüfung mittels externem Fremdvergleich anhand von Gehaltsstrukturanalysen erfolgt, ist in der Senatsrechtsprechung ausreichend geklärt.

BFH Beschluss vom 09.11.2009 BFH NV 2010 Seite 472 f.

 

 

Betriebsaufspaltung und Option auf Erwerb aller Geschäftsanteile an der Betriebs-GmbH

Räumt der Besitzunternehmer und Mehrheitsgesellschafter der Betriebsgesellschaft dem Minderheitengesellschafter eine unwiderrufliche Option auf Erwerb aller Geschäftsanteile an der Betriebs-GmbH ein, so ist die Betriebsaufspaltung trotz Stimmrechtsbindung und Rückzugs des Mehrheitsgesellschafters aus der Geschäftsführung nicht beendet, sondern lediglich unterbrochen; der Vermietungsbetrieb des Besitzunternehmers ruht, wenn der Mietvertrag zwischen dem Besitzunternehmen und der Betriebs-GmbH fortgesetzt wird, eine Aufgabeerklärung des Besitzunternehmers fehlt und ungewiss ist, ob die Option ausgeübt wird.

Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung und der Vorbehalt der Nachprüfung stehen dem Entstehen eines schutzwürdigen Vertrauens entgegen.

Einem Vorbehaltsvermerk kann aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine eingeschränkte Bedeutung zukommen.

BFH Urteil vom 14.10.2009 X R 37/07 BFH NV 2010 S. 407