Schallschutzwand als Betriebsvorrichtung

Dass das öffentliche Recht bestimmte von den Ordnungsbehörden durchzusetzende Anforderungen an den Betriebsablauf stellt und deswegen hergestellte oder angeschaffte Anlagen unabdingbar für die Gewerbeausübung sind, reicht für die Annahme einer Betriebsvorrichtung nicht aus. An der hierfür erforderlichen Voraussetzung, dass durch die Vorrichtung das Gewerbe unmittelbar betrieben werden muss, fehlt es daher, wenn mit der Anbringung einer zusätzlichen Schallschutzwand an einer Schmiedehalle lediglich den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an den Schmiedebetrieb zur Nachtzeit genügt werden soll.

BFH Beschluss vom 16.08.2013 – III B BFH/NV 2013, 1816

Begründung:

Zu den beweglichen Wirtschaftsgütern, deren Anschaffung oder Herstellung das Investitionszulagenrecht unter weiteren Voraussetzungen fördert, gehören nach ständiger BFH-Rechtsprechung unter anderem die Betriebsvorrichtungen i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Vorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Für die Annahme einer Betriebsvorrichtung reicht es nicht aus, wenn eine Vorrichtung für einen Gewerbebetrieb lediglich nützlich, notwendig oder behördlich vorgeschrieben ist.

Das FG hat seiner angegriffenen Entscheidung genau diese abstrakten Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt. Ihm ist allerdings bei der Subsumtion der von ihm festgestellten Tatsachen (Errichtung einer auf einem gesonderten Betonsockel ruhenden Schallschutzwand, die im Abstand von 8 cm fest mit der Gebäudeaußenwand einer Schmiedehalle verankert ist) unter den in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung definierten Rechtsbegriff der Betriebsvorrichtung ein Fehler unterlaufen, als es den erforderlichen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Gewerbeausübung und Vorrichtung darin erblickt hat, dass ohne die in Übereinstimmung mit dem für die Durchführung des Immissionsschutzrechts zuständigen Regierungspräsidium angebrachte Schallschutzwand die öffentlich-rechtlichen Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes für einen Betrieb der Schmiedehalle zur Nachtzeit nicht gegeben gewesen wären. Dass das öffentliche Recht bestimmte von den Ordnungsbehörden durchzusetzende Anforderungen an den Betriebsablauf stellt und deswegen hergestellte oder angeschaffte Anlagen unabdingbar für die Gewerbeausübung sind, reicht für die Annahme einer Betriebsvorrichtung aber gerade nicht aus.

 

Aufzugsanlage in einer Bäckerei

Der Aufzug in einer Bäckerei, dessen Hauptzweck darin besteht, die für die Herstellung der Backwaren benötigten Materialien zu den verschiedenen Produktionsebenen zu befördern, stellt eine Betriebsvorrichtung dar.

BFH Urteil vom 28.2.2013, III R 35/12

Begründung:

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der streitbefangenen Aufzugsanlage um eine Betriebsvorrichtung. Gegenstand des Betriebs einer Bäckerei ist die Herstellung und der Verkauf von Backwaren. Es gehört daher zur gewerblichen Tätigkeit eines Bäckers, mittels Backzutaten Teige u.ä. zu produzieren, diese in Backöfen zu backen, die Backprodukte ggf. zu verpacken und sie schließlich in Verkaufsräume zu transportieren. Müssen Backzutaten, Zwischenprodukte (Teige u.ä.) oder Gerätschaften (Backbleche, rollbare Backblechständer u.ä.) zum Zwecke der Weiterverarbeitung der Vor- und Zwischenprodukte zu verschiedenen Stationen innerhalb einer Bäckerei verbracht werden, dann dienen die eingesetzten technischen Transporteinrichtungen unmittelbar der Fabrikation der Backwaren und damit der Ausübung des Gewerbes. Zwischen einem Förderband und einem Aufzug besteht insoweit kein Unterschied.

Nach den nicht angegriffenen und damit bindenden tatrichterlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) werden mit dem Aufzug "die Wagen mit den riesigen gewerblichen Backblechen und Materialien … zwischen den Fertigungsebenen hin- und herbefördert". Diese Feststellung trägt die vom FG gezogene Schlussfolgerung, dass der Aufzug unmittelbar dem Betriebsvorgang dient. Es handelt sich folglich um einen Lastenaufzug in einem ausschließlich gewerblich genutzten Fabrikationsgebäude. Derartige Aufzüge wurden von der Rechtsprechung, der Verwaltung und in der Literatur einhellig als Betriebsvorrichtungen qualifiziert.

Entgegen der Auffassung des FG und des FA scheidet die "objektive Eignung des Aufzugs zur Personenbeförderung" als Kriterium für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteil und Betriebsvorrichtung von vornherein deswegen aus, weil hiermit von den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles abstrahiert wird. Ob eine Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Grundstücks oder Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar dem Betrieb des Unternehmens dient, kann nur anhand der Verhältnisse des konkret betriebenen Gewerbes beurteilt werden. So können dieselben baulichen Einrichtungen bei dem einen Unternehmen Betriebsvorrichtungen sein, bei einem anderen aber nicht.

Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Einordnung von Aufzugsanlagen als Betriebsvorrichtung war nicht die objektive Eignung zur Personenbeförderung rechtlich maßgeblich, sondern die genaue Bestimmung des Inhalts der vom Steuerpflichtigen konkret ausgeübten gewerblichen Tätigkeit. Personenaufzüge sind nur deshalb in der Regel keine Betriebsvorrichtungen, weil die Beförderung von Personen (Arbeitnehmer, Kunden und Besucher des Steuerpflichtigen sowie sonstige Dritte) keine unmittelbare und besondere Beziehung zum ausgeübten Gewerbe aufweist.

 

Tiefkühllager keine Betriebsvorrichtung

Ein Tiefkühllager ist nicht deshalb ungeeignet zum Aufenthalt von Menschen und damit eine Betriebsvorrichtung, weil die Lagerarbeiter ihre Tätigkeit mit Hilfe von Gabelstaplern verrichten, deren Kabinen beheizt sind.

BFH Urteil vom 07.04.2011 III R 8/09 BFH NV 2011 S. 1187f

Begründung:

Die Abgrenzung der als bewegliche Wirtschaftsgüter zu behandelnden Betriebsvorrichtungen von Gebäuden, die als unbewegliche Wirtschaftsgüter zu beurteilen sind, richtet sich auch im Investitionszulagenrecht nach bewertungsrechtlichen Gesichtspunkten,

Zu den beweglichen Wirtschaftsgütern zählen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Der Begriff der Betriebsvorrichtung umfasst nicht nur Maschinen und maschinenähnliche Anlagen, sondern alle Teile einer Betriebsanlage, die in einer so engen Beziehung zu dem ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, dass dieser unmittelbar mit ihnen betrieben wird.

 Grundvermögen, auch Gebäude, gehören allgemein nicht zu den beweglichen Wirtschaftsgütern. Bei der Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, nicht Betriebsvorrichtung sein kann.

Für die Einordnung eines Bauwerks als Gebäude ist entscheidend, ob es alle, nicht nur einzelne Begriffsmerkmale aufweist. Ein Bauwerk ist ein Gebäude, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist. Für das Merkmal "Gestattung des Aufenthalts von Menschen" kommt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht darauf an, dass das Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist.

 Der Gebäudeeigenschaft steht nicht entgegen, wenn sich Menschen nur in Schutzkleidung darin aufhalten können. Bauwerke, in denen wegen extremer Bedingungen während des laufenden Betriebs ein Aufenthalt von Menschen nicht oder nur kurzfristig mit Schutzkleidung möglich ist, sind keine Gebäude. Die Eignung zu einem mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt fehlt, wenn in dem Bauwerk kontinuierlich ablaufende Betriebsvorgänge stattfinden, die den Aufenthalt von Menschen überhaupt nicht oder nur während kurzer Betriebspausen zulassen.

Im Streitfall ist ein Aufenthalt von Menschen in dem Tiefkühllager während des laufenden Betriebs nicht nur möglich, sondern sogar erforderlich. Er ist integraler Bestandteil des Betriebsablaufs. Es handelt sich hier nicht um ein automatisches Hochregallager, in dem der Aufenthalt von Menschen während des laufenden Betriebs nicht vorgesehen ist, sondern um einen Lagerraum, in dem die Lagerarbeiten von Menschen verrichtet werden, ohne die der Betrieb des Tiefkühllagers nicht möglich wäre. Deshalb ist nicht entscheidungserheblich, dass das Tiefkühllager während der weit überwiegenden Arbeitszeit von den Mitarbeitern der Klägerin nicht betreten, sondern "befahren" wird.

Sogar wenn die klägerische Behauptung zutreffen sollte, dass außerhalb der Gabelstapler trotz Schutzkleidung nur ein vorübergehender Aufenthalt von Menschen möglich ist, gestatten dennoch die beheizbaren, für den Betrieb des Lagers unabdingbaren Fahrzeuge einen längeren Aufenthalt. Auch nach der Verkehrsanschauung ist das Merkmal "Gestattung des Aufenthalts von Menschen" erfüllt. Obwohl die Fahrer der Gabelstapler ihre Tätigkeit hauptsächlich von den abgeschlossenen Kabinen aus verrichten, ändert dies nichts daran, dass sie sich dabei "im Tiefkühllager" aufhalten.

Wärmerückgewinnungsanlage kann Betriebsvorrichtung sein

Eine Wärmerückgewinnungsanlage ist nicht schon deshalb als Betriebsvorrichtung zu beurteilen, weil es sich bei den Kühlzellen, deren abgegebene Wärme durch die Anlage aufbereitet wird, um Betriebsvorrichtungen handelt.

Eine Betriebsvorrichtung kann jedoch dann vorliegen, wenn die Anlage dem in einem Gebäude ausgeübten Gewerbebetrieb unmittelbar dient und der Zweck, das Gebäude zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen, demgegenüber in den Hintergrund tritt.
(BFH Urteil vom 5. September 2002 III R 8/99).