Aufwendungen für Doppelbett mit einseitig motorisch verstellbarem Einlegerahmen sind nicht als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) abzugsfähig

Aufwendungen für Doppelbett mit einseitig motorisch verstellbarem Einlegerahmen sind nicht als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) abzugsfähig, wenn der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit nicht erbracht wird.

FG Baden Württemberg 24.04.2013, 2K1962/12

Begründung:

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

Nach der Rechtsprechung erwachsen Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen stets zwangsläufig. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen.

Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen medizinisch indiziert sind.

Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall  in bestimmten Fällen formalisiert nachzuweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 3, 23, 31 bis 33 SGB V) ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen. Bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V). Ein solcher qualifizierter Nachweis ist beispielsweise bei medizinischen Hilfsmitteln, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB V anzusehen sind (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011), erforderlich.

Die Voraussetzungen der qualifizierten Nachweispflicht des § 64 Abs. 1 Nr. 2 e EStDV sind im Streitfall gegeben. Denn bei dem vom Kläger angeschafften Doppelbett handelt es sich um ein Hilfsmittel im weiteren Sinne, das – wie z.B. ein orthopädischer Stuhl – auch von gesunden Steuerpflichtigen aus Gründen der Vorsorge oder zur Steigerung der Bequemlichkeit genutzt wird. Das vom Kläger genutzte Bett mit motorbetriebenem Einlegerahmen ist wie ein normales, d.h. von einer großen Zahl von Menschen genutztes, Bett ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V. Die Eigenschaft als Gebrauchsgegenstand ging auch nicht dadurch verloren, dass dieser Gegenstand durch gewisse Veränderungen oder durch eine bestimmte Qualität oder Eigenschaft medizingerecht für Kranke oder Behinderte gestaltet wurde. Dies ist nur dann anders, wenn die Veränderung aus medizinischen Gründen nach Art und Ausmaß so umfassend ist, dass der Gegenstand einem dem gleichen Zweck dienenden Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht mehr gleichgestellt werden kann. Maßgebend für die Abgrenzung ist vor allem, ob der veränderte Gegenstand ausschließlich bei Kranken bzw. Behinderten Verwendung findet, oder ob er auch von Gesunden benutzt und ohne weiteres gegen einen dem selben Zweck dienenden handelsüblichen Gegenstand ausgetauscht werden kann.

Im Streitfall handelt es sich bei dem Doppelbett um einen einheitlichen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der auch von Gesunden zur Befriedigung ihres Ruhe- und Schlafbedürfnisses genutzt wird. Lediglich das Oberkörperteil, das Ober- und Unterschenkelteil sowie das Nackenteil des motorbetriebenen Einlegerahmens sind verstellbar. Ansonsten sind die Bestandteile des Doppelbettes identisch. Insbesondere ist das vom Kläger genutzte Bett nicht in der Höhe verstellbar. Die bloße Verwendung eines motorbetriebenen Einlegerahmens macht das Bett noch nicht zu einem Hilfsmittel, das ausschließlich von kranken oder behinderten Menschen beansprucht wird. Vielmehr ist das Doppelbett auch äußerlich erkennbar auf Grund der gleichen Höhe der beiden Lattenrostrahmen bis zur Matratzenoberkante ein einheitlicher Gegenstand, der auch von Gesunden als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens genutzt wird.