Bezugsfertigkeit eines zur Vermietung vorgesehenen Bürogebäudes

Ein neu errichtetes Bürogebäude, das nach seiner Funktion zur Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Räume dienen soll, ist bezugsfertig i.S. von § 72 Abs. 1 Satz 3 BewG, wenn die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) fertig gestellt sind und zumindest ein Teil nutzbar ist.

 Der Benutzbarkeit im bewertungsrechtlichen Sinn steht nicht entgegen, wenn vor dem Einzug der Mieter noch z.B. Innenwände und Türen errichtet, Malerarbeiten durchgeführt, sanitäre Einrichtungen eingebaut und Bodenbeläge verlegt werden müssen.

BFH Urteil vom 25.04.2013 – II R 44/11BFH/NV 2013, 1544

Begründung:

Das FG hat zu Unrecht angenommen, der streitbefangene Gebäudeteil sei nicht zu bewerten, denn das Gebäude war zum Bewertungsstichtag 1. Januar 2003 insgesamt bereits bezugsfertig. In dem Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts sind gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a des Bewertungsgesetzes in der für den streitigen Stichtag maßgebenden Fassung (BewG) auch Feststellungen darüber zu treffen, ob es sich bei dem Grundstück um ein unbebautes Grundstück (§ 72 Abs. 1 BewG) oder bebautes Grundstück (§ 74 BewG) handelt. Unbebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich kein benutzbares Gebäude befindet (§ 72 Abs. 1 Satz 1 BewG). Die Benutzbarkeit beginnt mit der Bezugsfertigkeit (§ 72 Abs. 1 Satz 2 BewG).

Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend (§ 72 Abs. 1 Satz 3 BewG). Die Frage der Bezugsfertigkeit ist nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden. Ein Gebäude ist bezugsfertig, wenn die wesentlichen Bauarbeiten ausgeführt sind und nur noch unwesentliche Restarbeiten verbleiben. Die Bezugsfertigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass Fenster und Türen eingebaut, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind  betreffend Wohngebäude). Bei einem betrieblich genutzten Gebäude ist von einer Bezugsfertigkeit auszugehen, wenn das Gebäude in seinen wesentlichen Bereichen bestimmungsgemäß für den

Ein neu errichtetes Büro- und Geschäftsgebäude, das nach seiner Funktion der Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Räumlichkeiten dienen soll, ist bezugsfertig i.S. von § 72 Abs. 1 Satz 3 BewG, wenn es potentiellen Mietern möglich ist, die Büro- oder Geschäftsräume zu nutzen. Dies setzt neben der Fertigstellung der für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) voraus, dass zumindest ein Teil des Gebäudes benutzbar ist. Eine Benutzbarkeit liegt vor, wenn die Büro- oder Geschäftseinheit durch Wände bzw. eingebaute Türen gegenüber dem noch nicht vermieteten Bereich abgegrenzt ist, die Innenwände eingebaut und Heizung, Sanitäreinrichtungen sowie alle notwendigen Grundleitungen für Wasser, Strom, Be- und Entlüftung, Kommunikationsanlagen usw. installiert sind.

Für die Benutzbarkeit ist nicht erforderlich, dass in einem neu errichteten, zur Vermietung vorgesehenen Büro- und Geschäftsgebäude bereits alle Räumlichkeiten mietergerecht ausgebaut und benutzbar sind. Ein Büro- und Geschäftsgebäude, bei dem der Innenausbau der jeweiligen Büroeinheiten wegen der Anpassung an die Wünsche der zukünftigen Mieter zurückgestellt wird, gilt nach der Verkehrsanschauung als bezugsfertig und wird am Markt üblicherweise bereits in diesem Zustand zur Vermietung angeboten. Ist in einem solchermaßen fertig gestellten und für den Innenausbau vorbereiteten Gebäude zumindest ein Teil benutzbar, steht damit zugleich fest, dass auch das Gebäude insgesamt als solches genutzt werden kann.

Der Senat folgt damit seiner Entscheidung zum Beginn der Alterswertminderung bei zur Vermietung vorgesehenen Bürogebäuden. Ausgehend von diesen Ausführungen hat das FG im Streitfall zu Unrecht angenommen, die dritte bis fünfte Etage des Gebäudes seien am Bewertungsstichtag nicht bezugsfertig gewesen. Die Entscheidung war daher aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Nach den nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG wurde ein Teil des Gebäudes, nämlich das Erdgeschoss sowie das erste und zweite Obergeschoss, zum Bewertungsstichtag bereits genutzt. Die dritte bis fünfte Etage waren bis auf den Innenausbau fertig gestellt. Fenster, Heizkörper, Estrichboden, Treppenhäuser und Aufzugsanlagen waren bereits vorhanden. Flurwände, Türen, Bürotrennwände mussten noch errichtet, Malerarbeiten durchgeführt und Bodenbeläge verlegt werden. Letzteres steht einer Bezugsfertigkeit und damit einer Benutzbarkeit für Bürozwecke nicht entgegen.

 

Bezugsfertigkeit eines zur Vermietung vorgesehenen Bürogebäudes

Ein neu errichtetes Bürogebäude, das nach seiner Funktion zur Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Büros dienen soll, ist bezugsfertig i.S. von § 146 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG, wenn die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) fertiggestellt sind und zumindest eine Büroeinheit benutzbar ist.

BFH Urteil vom 18.4.2012, II R 58/10

Begründung:

Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend (§ 145 Abs. 1 Satz 3 BewG). Im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit beginnt die Benutzbarkeit der Gebäude (§ 145 Abs. 1 Satz 2 BewG), mit der Folge, dass das Grundstück als bebautes Grundstück anzusehen ist (§ 146 Abs. 1 BewG).

Ein Gebäude ist bezugsfertig, wenn die wesentlichen Bauarbeiten ausgeführt sind und nur noch unwesentliche Restarbeiten verbleiben. Die Bezugsfertigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass Fenster und Türen eingebaut, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind. Bei einem betrieblich genutzten Gebäude ist von einer Bezugsfertigkeit auszugehen, wenn das Gebäude in seinen wesentlichen Bereichen bestimmungsgemäß für den vorgesehenen Betrieb nutzbar ist.

Ein neu errichtetes Bürogebäude, das nach seiner Funktion zur Vermietung einzelner, entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Mieter gestalteter Büros dienen soll, ist bezugsfertig i.S. von § 146 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG, wenn es potentiellen Mietern möglich ist, Büroräume zu nutzen. Dies setzt neben der Fertigstellung der für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) voraus, dass zumindest eine Büroeinheit benutzbar ist. Eine Benutzbarkeit liegt vor, wenn die Büroeinheit durch Wände bzw. eingebaute Türen gegenüber dem noch nicht vermieteten Bereich abgegrenzt ist, die Innenwände eingebaut und Heizung, Sanitäreinrichtungen sowie alle notwendigen Grundleitungen für Wasser, Strom, Be- und Entlüftung, Kommunikationsanlagen usw. installiert sind.

Die Berücksichtigung einer Alterswertminderung i.S. des § 146 Abs. 4 Satz 1 BewG erfordert nicht, dass in einem neu errichteten, zur Vermietung vorgesehenen Bürogebäude bereits alle Büroeinheiten mietergerecht ausgebaut und benutzbar sind. Durch den pauschalen Abzug von 0,5 % des Ausgangswerts für jedes seit der Bezugsfertigkeit vollendete Jahr soll der Wertminderung des Grundstücks durch die altersbedingten Abnutzungserscheinungen des Gebäudes Rechnung getragen werden. Bei einem Bürogebäude, bei dem der Innenausbau der jeweiligen Büroeinheiten wegen der Anpassung an die Wünsche der zukünftigen Mieter zurückgestellt wird, setzt die Wertminderung schon mit der Abnutzung der bereits fertiggestellten wesentlichen Gebäudebestandteile ein. Auch das Alter des Bürogebäudes bestimmt sich maßgeblich danach, wann die Fertigstellung der wesentlichen Bauteile erfolgt ist. Ist in einem solchermaßen fertiggestellten und für den Innenausbau vorbereiteten Bürogebäude zumindest eine Büroeinheit benutzbar, steht damit zugleich fest, dass auch das Bürogebäude als solches genutzt werden kann. Deshalb ist mit der Fertigstellung einer Büroeinheit die Bezugsfertigkeit des Bürogebäudes i.S. des § 146 Abs. 4 BewG gegeben.