Abzugsfähigkeit von Scheidungsprozesskosten ab 2013 noch als außergewöhnliche Belastungen.

Abzugsfähigkeit von Scheidungsprozesskosten ab 2013 noch als außergewöhnliche Belastungen.

Finanzgericht Münster vom 21.11.2014, 4 K 1829/14 E

Sachverhalt:

Streitig ist die Anerkennung von Scheidungs- und Scheidungsfolgekosten als außergewöhnliche Belastungen.

Begründung:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Rechtsanwaltskosten für die „Geschäftsgebühr Trennung“ in Höhe von 235,- EUR und für das Scheidungsverfahren in Höhe von 500,- EUR sowie die Gerichtskosten in Höhe von 265,- EUR sind als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).

Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit ist auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt hat. Liegt diese in der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung, kommt ein Abzug nicht in Betracht. Durch Ehescheidungskosten entstandene Prozesskosten sind aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, weil bei einer Scheidung davon auszugehen ist, dass die Ehe zerrüttet ist. Als außergewöhnliche Belastungen anerkannt sind aus diesem Grund nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, alle unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung des Scheidungsverfahrens entstandenen Kosten, nicht hingegen solche Kosten, die nicht zum Zwangsverbund nach § 137 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG; früher in § 623 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung geregelt) gehören (BFH-Urteil vom 30.6.2005 III R 27/04, BStBl. II 2006, 492 m.w.N.).b.                Dem Abzug von zwangsläufig entstandenen Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen steht § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift, die ab dem Veranlagungszeitraum 2013 gilt, sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Zwangsläufig entstandene Scheidungskosten gehören zu den Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die wohl herrschende Gegenauffassung geht davon aus, dass Ehescheidungskosten trotz der Neuregelung in dem ursprünglich von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin abzugsfähig sein sollen. Dabei wird der Begriff der Existenzgrundlage über ein bloßes materielles Verständnis hinaus weit ausgelegt. Der Senat legt die Vorschrift dahingehend aus, dass weiterhin typisierend die Scheidungskosten, die unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasst sind, nicht vom Ausschluss erfasst werden, ohne dass es im Einzelfall auf eine Prüfung der materiellen Existenzgrundlage ankäme.