Aufwendungen für Besuchsfahrten des Ehegatten keine Werbungskosten

Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des anderen Ehepartners sind auch bei einer längerfristigen Auswärtstätigkeit des anderen Ehepartners grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar.

BFH Urteil vom 22.10.2015 – VI R 22/14 BFH/NV 2016, 308

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde für das Streitjahr (2007) zusammen mit seiner Ehefrau (E) zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte als Monteur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. E erzielte als Hausfrau keine Einkünfte.

Im Streitjahr war der Kläger auf verschiedenen Baustellen im Ausland eingesetzt. In der Zeit vom 27. August 2007 bis zum 12. Oktober 2007 war er auf einer Baustelle in den Niederlanden tätig. Seine Ehefrau besuchte ihn im Ausland. Die Aufwendungen für diese Fahrten der E (520 km × 0,30 EUR × 3 Fahrten = 468 EUR) machte der Kläger als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Zur Begründung trug er vor, er habe aus beruflichen Gründen die Fahrten nicht selbst durchführen können. Die Arbeitgeberin des Klägers bescheinigte in einem Schreiben vom 4. Februar 2013, dass die Anwesenheit des Klägers auf der Baustelle im Jahr 2007 an den Wochenenden aus produktionstechnischen Gründen erforderlich gewesen sei.

Begründung:

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Besuchsfahrten der E zu Unrecht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden..

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG gehören zu den Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Aufwendungen für die Wege vom Beschäftigungsort zum Ort des eigenen Hausstands und zurück (Familienheimfahrten) können jeweils für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).

Nach diesen Maßstäben ist das FG rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass dem Kläger durch die Besuchsreisen der E vom gemeinsamen Familienwohnsitz in A zu seinem Beschäftigungsort in den Niederlanden Werbungskosten entstanden sind.

Die betreffenden Reisen der E sind keine Familienheimfahrten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG. Der Kläger unterhielt an seinem Beschäftigungsort in den Niederlanden weder eine doppelte Haushaltsführung (1) noch nahm er die fraglichen Fahrten selbst vor (2), wie es Familienheimfahrten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG erfordern.

Eine doppelte Haushaltsführung ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG gegeben, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist nur der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte. Der Kläger unterhielt in den Niederlanden indes keine dauerhaft angelegte Arbeitsstätte; vielmehr war er dort auswärts tätig.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG war der Kläger in der Zeit vom 27. August 2007 bis zum 12. Oktober 2007 auf einer Baustelle in den Niederlanden beschäftigt. Hierbei handelte es sich um eine Auswärtstätigkeit, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Denn Bauausführungen oder Montagen (§ 12 Satz 2 der Abgabenordnung) sind keine regelmäßigen. Der Bezug einer Unterkunft an typischerweise ständig wechselnden beruflichen Tätigkeitsstätten begründet damit keine doppelte Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG.

Die Reisen der E sind zudem keine Familienheimfahrten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG. Die Norm erfasst nicht die im Streitfall vorliegenden Besuchsreisen des Ehepartners vom Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort des Arbeitnehmers, sondern den umgekehrten Fall, dass der steuerpflichtige Arbeitnehmer (Kläger) die Fahrt vom Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort selbst. Die Aufwendungen für die Besuchsfahrten der E zum Beschäftigungsort des Klägers in den Niederlanden sind entgegen der Ansicht des FG auch nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abzugsfähig. Denn sie sind nicht beruflich veranlasst.

Beruflich veranlasst sind grundsätzlich nur die Mobilitätskosten des steuerpflichtigen Arbeitnehmers selbst für seine eigenen beruflichen Fahrten. Die Aufwendungen für derartige Fahrten sind nach ständiger Rechtsprechung beruflich veranlasst und als Werbungskosten abziehbar, weil der Steuerpflichtige sich aus beruflichem Anlass zu seiner Tätigkeitsstätte begeben hatte, um dort seine Berufstätigkeit auszuüben. Der Weg zur Tätigkeitsstätte und zurück ist notwendige Voraussetzung zur Erzielung von Einkünften. Da der Arbeitnehmer typischerweise nicht am Ort seiner beruflichen (Auswärts-)Tätigkeit wohnt und auch nicht wohnen kann, kann er nur tätig werden, wenn er sich zu seiner Tätigkeitsstätte begibt.

Anders verhält es sich jedoch bei den im Streitfall zu beurteilenden Aufwendungen für die Fahrten der Ehefrau des steuerpflichtigen Arbeitnehmers zu dessen (auswärtiger) Tätigkeitsstätte. Diese Fahrten dienen grundsätzlich nicht der Förderung des Berufs und sind daher keine Werbungskosten.

Die berufliche Veranlassung solcher Fahrten des Ehepartners ist in der Regel auch dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine für ihn beruflich veranlasste Fahrt zwischen seiner auswärtigen Tätigkeitsstätte und der Wohnung nicht selbst durchführen kann, weil seine Anwesenheit am auswärtigen Tätigkeitsort z.B. aufgrund einer Weisung oder Empfehlung des Arbeitgebers oder aus anderen dienstlichen Gründen erforderlich ist. Der Ersatzcharakter der Fahrt als solcher vermag die berufliche Veranlassung der an sich privaten Fahrt des Ehepartners nicht zu begründen.

Der Senat braucht im Streitfall nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Notwendigkeit, private Dinge durch einen Besuch des Ehepartners bei dem Steuerpflichtigen zu regeln, durch den dienstlichen Einsatz des Steuerpflichtigen an dessen auswärtiger Tätigkeitsstätte in einem solchen Maße beruflich veranlasst sein kann, dass private Veranlassungsbeiträge dahinter zurücktreten und die Fahrt des Ehepartners zum Steuerpflichtigen deshalb nicht als private Besuchsfahrt, sondern ausnahmsweise als beruflich veranlasst anzusehen ist. Denn ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.