Gewerblicher Grundstückshandel bei einem geplanten Objekt

Auch ein gewerblicher Grundstückshandel setzt Gewinnerzielungsabsicht voraus.
Die Gewinnerzielungsabsicht kann nachträglich entfallen.
Obliegt es dem gewerblichen Händler zu bebauender Grundstücke, mit Rücksicht auf eine längere Verlustphase Umstrukturierungsmaßnahmen zu treffen, so hat er geänderte konkrete Nutzungskonzepte zu entwickeln und zu verfolgen.

Die Hoffnung auf einen Veräußerungsgewinn jenseits einer Haltefrist von zehn Jahren ist regelmäßig privater Natur.

Wird der Betrieb weder umstrukturiert noch aufgegeben, kommt es zum Strukturwandel zur Liebhaberei.

BFH Urteil vom 05.04.2017 – X R 6/15

Begründung:

Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger mit dem Erwerb des Grundstücks in X im Jahre 1992, das er mutmaßlich zeitnah bebauen und veräußern wollte, dies jedoch nicht mehr umgesetzt hat, zunächst einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hat, insbesondere, welche Bedeutung die letztlich nicht erteilte Baugenehmigung sowie der Umstand, dass es bis 2014 nicht zu einem Verkauf gekommen ist, haben könnten.
Selbst wenn der Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten haben sollte, so wäre jedoch in der Folgezeit –jedenfalls noch vor dem Streitjahr– die Gewinnerzielungsabsicht fortgefallen, der Betrieb im Wege des Strukturwandels zum Liebhabereibetrieb geworden. Soweit möglicherweise zu Unrecht keine Feststellung nach § 8 der Verordnung (VO) über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) vorgenommen wurde, ist dies unerheblich. Ebenso wenig kommt es auf den genauen Zeitpunkt an, da dieser jedenfalls vor dem Streitjahr 2005 liegt.

Soweit es dem Kläger nicht gelungen ist, das Grundstück mit der ursprünglich vorgesehenen geplanten Bebauung zeitnah zu verkaufen, wäre dies zunächst nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für sich genommen unerheblich. Die Aktivitäten des Klägers zählten nicht zum typischen Hobbybereich, bei dem nur geringe Anforderungen an die Feststellung persönlicher Gründe und Motive zur Weiterführung des Unternehmens gestellt werden. Es wäre nicht zulässig, von dem tatsächlichen Ausbleiben eines Gewinns auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht zu schließen. Es gibt auch sonst keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Vorhaben von vornherein nicht geeignet gewesen wäre, einen Gewinn zu erzielen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die angebahnte Geschäftsbeziehung mit der F-GmbH von Beginn an keine Aussicht auf Umsetzung gehabt hätte.

Die Gewinnerzielungsabsicht kann indes wie die Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16. September 2015 IX R 31/14, BFH/NV 2016, 188) auch nachträglich wieder wegfallen. Dies führt zwar nicht zu einer vollständigen steuerlichen Entstrickung des vormaligen Gewerbebetriebs. Allein der Fortfall der Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden Betrieb bewirkt keine Betriebsaufgabe, sondern lediglich einen erfolgsneutralen Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben sog. “eingefrorenes Betriebsvermögen”. Die stillen Reserven werden auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei nach § 8 VO zu § 180 Abs. 2 AO gesondert festgestellt. Jedoch sind die laufenden Ergebnisse von diesem Zeitpunkt an steuerrechtlich ebenso irrelevant wie wenn die Gewinnerzielungsabsicht von Beginn an gefehlt hätte.

Die Gewinnerzielungsabsicht ist im Streitfall nachträglich entfallen. Nachdem die F-GmbH Ende 1994 das Projekt abgesagt hatte, hatte sich der ursprünglich verfolgte Plan zerschlagen. Spätestens mit diesem Zeitpunkt begann eine kontinuierliche Verlustperiode. Nicht nur verlor das Grundstück selbst bis zum Streitjahr objektiv erheblich an Wert, sondern es erwies sich als unmöglich, ein anderes gewinnbringendes Bebauungs- und Verwertungskonzept zu finden. Der Kläger musste vor einem Misserfolg seines Plans gewarnt sein und sich überlegen, wie er weiter verfahren wollte. Stattdessen hat er auf die zunehmenden Vermarktungsschwierigkeiten nur unzureichend reagiert und mit dem Unterlassen geeigneter neuer Planungen zu erkennen gegeben, dass die (etwaige) Betriebsführung nicht mehr ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war.

Der Senat lässt offen, ob dem Steuerpflichtigen eine Anlaufzeit von nicht weniger als fünf Jahren auch dann zuzugestehen ist, wenn, wie im Streitfall, zu keinem Zeitpunkt auch nur ein einziges gewerbetypisches Geschäft vollständig abgewickelt wurde. Die Anlaufzeit ist keine starre Grenze, sondern lediglich ein Richtmaß. Für eine nennenswerte Verlängerung dieser Anlaufzeit erkennt der Senat jedenfalls im Streitfall keinen Grund. Der Senat kann ebenfalls offenlassen, ob diese Anlaufzeit bereits mit dem Erwerb des Grundstücks im Jahre 1992 oder erst mit dem Scheitern des ursprünglichen Projekts 1994 beginnt. Sie war auch in letzterem Falle spätestens um die Jahrtausendwende erreicht und im Streitjahr 2005, elf Jahre nach dem Rückzug der F-GmbH und 13 Jahre nach dem Erwerb des Grundstücks, bei weitem überschritten.

Tatsächlich hat der Kläger auch innerhalb einer großzügig verstandenen Anlaufzeit, bis zum Streitjahr und darüber hinaus bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG (22 Jahre nach dem Ankauf des Grundstücks) nichts unternommen, was als geeignete Grundstücksentwicklungsmaßnahme verstanden werden könnte. Ihm ist zwar zuzugestehen, für eine anfängliche Durststrecke und auch nach der Absage der F-GmbH zunächst noch an seinem ursprünglichen und nach den Feststellungen des FG schlüssigen Konzept festzuhalten und zu versuchen, mit einem anderen Erwerber das Vorhaben so zu Ende bringen zu können wie er es mit der F-GmbH geplant hatte. Zum Ende der Anlaufzeit hätte er aber andere Vorstellungen entwickeln müssen, wie er seinen (etwaigen) gewerblichen Grundstückshandel doch noch zum wirtschaftlichen Erfolg führen könnte. Daran fehlt es. Er hat die Angelegenheit im Wesentlichen sich selbst überlassen und mehr auf glückliche Umstände gebaut als konkreten Plänen Gestalt verliehen. Das FG hat nicht festgestellt, der Kläger im Übrigen auch nicht vorgetragen, was er über Verkaufsangebote im Internet hinaus praktisch unternommen hat, um das Projekt zu einem positiven Ende zu führen.

Die Reaktion des Klägers auf die Ablehnung des Bauantrags ist insoweit kennzeichnend. Es kann offenbleiben, ob der Kläger zeitnah und ohne größere sachliche Schwierigkeiten in der Lage gewesen wäre, die begehrte Baugenehmigung zu erhalten. Tatsächlich hat er sich nicht weiter um eine Genehmigung welchen Inhalts auch immer bemüht. Das ist kein Signal für aktive Vermarktungsbemühungen. Einerseits ist es verständlich, dass er ohne konkreten Interessenten für das Grundstück und ohne die etwaigen Bebauungsvorstellungen eines etwaigen Interessenten zu kennen, nicht weiter in die Erteilung einer Baugenehmigung quasi ins Blaue hinein investiert. Andererseits ist zumindest vorstellbar, dass sich ein Grundstück mit vorhandener Baugenehmigung für ein Objekt, das seinerseits Gewinn verspricht, besser verkaufen lässt als ein unbebautes Grundstück, von dem alle Beteiligten nur wissen, dass es nach Maßgabe des Bebauungsplans im Gewerbegebiet bebaubar ist. Der Kläger hat in der gesamten Folgezeit nichts in dieser Richtung unternommen. Seine Aktivitäten erschöpften sich in einer durch die Realität ersichtlich nicht gedeckten Hoffnung, durch Inserate einen Zufallstreffer zu erzielen.

Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger gegenüber den gesunkenen Marktpreisen für Grundstücke machtlos war. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es schlechterdings unmöglich war, aus dem Verkauf des Grundstücks, ob bebaut oder unbebaut, überhaupt noch einen Gewinn zu erzielen. In diesem Falle hätten Grundstücksentwicklungsmaßnahmen niemals Erfolg gehabt. Der Steuerpflichtige kann aber nicht unbegrenzt einen (etwaigen) steuerlich relevanten Gewerbebetrieb fortführen, wenn gleichzeitig feststeht, dass dieser vermeintliche Gewerbebetrieb keinen Totalgewinn mehr erzielen wird. Vielmehr kann in einem solchen Falle nur die Betriebsaufgabe den Strukturwandel zur Liebhaberei vermeiden. Das bedeutet, dass der Kläger, selbst wenn er zu Beginn einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten haben sollte, das Grundstück rechtzeitig entweder durch Entnahme in sein Privatvermögen hätte überführen oder ggf. auch mit Verlust hätte verkaufen müssen, um nicht in die Liebhaberei zu geraten.
) Führte der Kläger dennoch den (etwaigen) Betrieb unverändert fort, nahm er den Verlust, den er angesichts dieser Entwicklung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten hatte, aus Gründen hin, die nicht mehr im Bereich der steuerlich relevanten Einkünfteerzielung lagen. Der Senat geht davon aus, dass das Motiv des Klägers in der Erwartung lag, dass die Immobilienpreise über einen sehr langen Zeitraum, ggf. auch über mehr als zehn Jahre hinweg, wieder steigen würden. Grundstücksveräußerungen nach einer derartig langen Haltephase sind aber nach der aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes erkennbaren Wertung regelmäßig privater Natur. Eine darauf gerichtete Absicht stellt daher keine Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen eines etwaigen gewerblichen Grundstückshandels dar.