EuGH-Vorlage zur Steuerschuldnerschaft von Personen, die im Steuergebiet geschmuggelte Zigaretten erwerben

Steht Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren unbeschadet seines systematischen Zusammenhangs mit Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG einer gesetzlichen Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach der eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführte verbrauchsteuerpflichtige Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz hält, nicht Steuerschuldner wird, wenn sie die Waren erst nach Beendigung des Vorgangs des Verbringens von einer anderen Person erworben hat?

BFH Entscheidung vom 12.12.2012, VII R 44/11

Begründung:

Werden Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht oder versandt, entsteht die Steuer mit dem Verbringen oder Versenden in das Steuergebiet. Steuerschuldner ist, wer verbringt oder versendet und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Der Steuerschuldner hat über Tabakwaren, für die die Steuer entstanden ist, unverzüglich eine Steueranmeldung abzugeben. Die Steuer ist sofort zu entrichten. Die Tabakwaren sind nach § 215 der Abgabenordnung sicherzustellen.

Die rechtliche Würdigung des Streitfalls ist unionsrechtlich zweifelhaft. Die Entscheidung über die Revision hängt von der Frage ab, ob Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 92/12/EWG dahingehend auszulegen ist, dass die Steuer von jeder Person geschuldet wird, die in einem Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführte verbrauchsteuerpflichtige Waren zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz hält, oder ob diese Vorschrift dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass die Steuer nur von derjenigen Person geschuldet wird, die die Waren erstmals zu gewerblichen Zwecken in dem anderen Mitgliedstaat in Besitz hält. Die letztgenannte Deutung führte dazu, dass in Fällen, in denen die verbrauchsteuerpflichtigen Waren innerhalb des anderen Mitgliedstaats in einer Reihe von Transaktionen nacheinander an verschiedene Personen übergeben werden, nur der Erstbesitzer in der Kette als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden könnte.