Einholung eines Sachverständigengutachtens

Die Beauftragung eines Sachverständigen steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.

BFH Beschluss vom 02.08.2016 – IX B 46/16

Begründung:

Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) in Gestalt einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) zuzulassen. Denn das Finanzgericht (FG) hat die ihm obliegende Pflicht zur Sachaufklärung nicht dadurch verletzt, dass es den beantragten Sachverständigenbeweis nicht erhoben hat.

Das FG ist verpflichtet, von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) und ihn unter allen ernstlich in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Während das FG die von den Verfahrensbeteiligten angebotenen Beweise grundsätzlich erheben muss, steht die Zuziehung eines Sachverständigen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Das dem Tatsachengericht bei der Einholung von Sachverständigengutachten nach § 82 FGO i.V.m. § 404 der Zivilprozessordnung zustehende Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.

Vor diesem Hintergrund war die Ablehnung eines Sachverständigenbeweises im Streitfall frei von Ermessensfehlern. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise seine Begründung darauf gestützt, dass vor der Vermietung an die Tochter der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) eine Vermietung an fremde Dritte zu marktüblichen Bedingungen stattgefunden hatte. Dieser vom FG herangezogene entscheidungserhebliche Umstand war in der mündlichen Verhandlung in tatsächlicher Hinsicht unstreitig. Nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG, das die Miethöhe des vorangegangenen Mietverhältnisses als Maßstab für die ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen hat, war der Verzicht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens daher nicht ermessensfehlerhaft.

Mit ihrem übrigen Vorbringen wenden sich die Kläger nicht gegen eine unvollständige Tatsachenermittlung des FG, sondern gegen dessen Annahme eines verbilligten Mietverhältnisses und somit im Ergebnis gegen die Einzelfallwürdigung eines insoweit unstreitigen Sachverhalts. Insbesondere soweit die Kläger anführen, die vor der Vermietung an ihre Tochter erzielte Miete sei im Hinblick auf die örtliche Mietsituation ein “Ausreißer” gewesen, betrifft ihr Vorbringen allein die tatsächliche Würdigung des FG. Damit kann aber die Zulassung der Revision wegen einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht erreicht werden.

Darüber hinaus hat das FG seine Klageabweisung hilfsweise darauf gestützt, dass der Mietvertrag mit der Tochter der Kläger mangels Fremdüblichkeit steuerlich nicht anzuerkennen war. Im Hinblick auf diesen Umstand war das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten auch nicht entscheidungserheblich.

Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Grundstücksbewertung

Verpflichtung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Grundstücksbewertung im Finanzgerichtsverfahrens.

BFH Beschluss vom 7.1.2015, I B 42/13

Begründung:

Nach der  Rechtsauffassung des FG war für die Annahme einer vGA im Streitfall maßgeblich, mit welchem Wert das von der Klägerin erworbene Grundstück im Rahmen des Ertragswertverfahrens anzusetzen war. Das FG hätte wegen der zwischen den Beteiligten umstrittenen Bewertung –insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen (Rest-)Nutzungsdauer nach Lage der Dinge ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

Während das FG die von den Verfahrensbeteiligten angebotenen Beweise grundsätzlich erheben muss, steht die Zuziehung eines Sachverständigen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Hat es die nötige Sachkunde selbst, braucht es einen Sachverständigen nicht hinzuziehen. Das dem Tatsachengericht bei der Bestimmung von Art und Zahl einzuholende Sachverständigengutachten nach § 82 FGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO zustehende Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung gutachtlicher Stellungnahmen absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Das ist gemäß § 81 Abs. 1 FGO regelmäßig der Fall, wenn die Bewertung eines Grundstückes streitig ist. Hiervon absehen kann das FG nur dann, wenn es ausnahmsweise selbst über die nötige Sachkunde verfügt und diese in den Entscheidungsgründen darlegt.

Vor diesem Hintergrund beruht die Ablehnung eines Sachverständigenbeweises im Streitfall auf einem Ermessensfehler.