Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können der Einkommensteuer unterliegen

 

Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können der Einkommensteuer unterliegen

BFH Urteil vom 16.09.15   X R 43/12

Begründung:

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit einem am 16. September 2015 verkündeten Urteil im Verfahren X R 43/12 entschieden, dass Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen können.

Der Kläger des zugrundeliegenden Verfahrens hatte nach den Feststellungen der Vorinstanz über Jahre hinweg hohe Preisgelder aus der Teilnahme an Pokerturnieren (u.a. in den Varianten „Texas Hold´em“ und „Omaha Limit“) erzielt. Das Finanzamt hat diese der Einkommensteuer unterworfen. Das Finanzgericht Köln als Vorinstanz hat durch Zwischenurteil entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus Turnierpokerspielen einkommensteuerbar sind. Über die Höhe des vom Kläger erzielten Gewinns ist noch nicht entschieden.

Dieses Zwischenurteil hat der X. Senat des BFH nunmehr bestätigt. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen zwar noch nicht vor. In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des X. Senats aber erläutert, dass das Einkommensteuergesetz (EStG) die Besteuerung weder in positiver noch in negativer Hinsicht an den Tatbestand des „Glücksspiels“ knüpft. Soweit dieser Begriff in Vorschriften des Straf- oder Verwaltungsrechts ausdrücklich genannt ist, ist dies für die Beurteilung der Frage, ob in steuerlicher Hinsicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, nicht maßgeblich.

Zwar hat die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung eine „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ –eines der Merkmale des in § 15 Abs. 2 EStG definierten einkommensteuerlichen Begriffs des Gewerbebetriebs– verneint, wenn eine Tätigkeit sich als „reines Glücksspiel“ darstellte (z.B. Lottospiel). Im vorliegenden Verfahren hat die Vorinstanz aber durch Auswertung zahlreicher Quellen festgestellt, dass die vom Kläger gespielten Pokervarianten nicht als reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement zurücktrete. Diese Würdigung bindet den BFH als Revisionsgericht.

Dies bedeutet nicht, dass jeder Turnierpokerspieler mit dieser Tätigkeit einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr ist –-wie bei jedem anderen Streitfall auch-– stets zwischen einem „am Markt orientierten“ einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen. Diese Abgrenzung findet aber vorrangig nicht bei einem –im EStG ohnehin nicht erwähnten– Merkmal des „Glücksspiels“ statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch bei der erforderlichen Abgrenzung zu einer privaten Vermögensverwaltung. Diese weiteren Merkmale des einkommensteuerlichen Gewerbebegriffs waren im Fall des Klägers nach den Feststellungen der Vorinstanz aber ebenfalls erfüllt.

Nicht zu entscheiden war in diesem Verfahren, ob auch Gewinne aus dem Pokerspiel in Spielcasinos (sog. Cash-Games) oder aus Pokerspielen im Internet (Online-Poker) einkommensteuerpflichtig sein können.

Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer

Die Körperschaftsteuer einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft wird nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. f EStG 1990 n.F./1997 nicht angerechnet, wenn die Einnahmen oder die anrechenbare Körperschaftsteuer bei der Veranlagung nicht erfasst werden. Dass die Anrechnungsbeschränkung auf unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Körperschaften gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, ändert daran nichts. Anders verhielt es sich bezogen auf die anrechenbare Körperschaftsteuer allerdings nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. f EStG 1990 a.F. für Veranlagungszeiträume bis 1995

Um den unionsrechtlichen Anforderungen standzuhalten, muss bei der Berechnung des Anrechnungsbetrages die im Sitzmitgliedstaat der ausschüttenden Kapitalgesellschaft tatsächlich entrichtete Steuer berücksichtigt werden, wie sie sich aus den auf die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen anwendbaren allgemeinen Regeln und aus dem Satz der Körperschaftsteuer im Sitzmitgliedstaat ergibt. Die tatsächliche Entrichtung der Körperschaftsteuer ist jedoch nicht Anrechnungsvoraussetzung. Die maßgebliche ausländische (hier dänische und niederländische) Körperschaftsteuer ist aus Gründen der unionsrechtlich einzufordernden Gleichbehandlung mit einem Inlandssachverhalt einem vom Anteilseigner vereinnahmten Beteiligungsertrag im grenzüberschreitenden Sachverhalt vielmehr nach den steuerlichen Grundsätzen einer “Verwendungsfiktion” zuzuordnen, und zwar unabhängig davon, ob es im Ausland an einer Verpflichtung zur Eigenkapitalgliederung fehlt

Für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer bedarf es einerseits keiner “Schatten-Eigenkapitalgliederung”. Andererseits genügt aber auch die Vorlage einer “nur-formellen” Körperschaftsteuerbescheinigung der depotführenden Bank nicht, wenn dadurch der materiell-rechtliche Anrechnungsbetrag nicht definitiv belegt wird

Fehlt ein Nachweis der tatsächlich entrichteten Körperschaftsteuer, kann die Berechnung der Körperschaftsteuergutschrift nicht auf eine bloße Schätzung des einschlägigen Steuersatzes gestützt werden.

BFH Urteil vom 15.1.2015, I R 69/1

Begründung (BFH)

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 15. Januar 2015 I R 69/12 abschließend darüber entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Körperschaftsteuer, die im Ausland gegen dort ansässige Kapitalgesellschaften festgesetzt worden ist, im Inland auf die Einkommensteuer der hier ansässigen Anteilseigner dieser Gesellschaften angerechnet werden kann. Vorangegangen war dem ein langjähriger Rechtsstreit, in welchem vorab gleich zweimal der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) durch dessen sog. „Meilicke“-Urteile vom 6. März 2007 C-292/04 und vom 30. Juni 2011 C-262/09 zu Wort gekommen ist

Konkret ging es um die Körperschaftsteuer, die in Dänemark und den Niederlanden gegen dortige Kapitalgesellschaften festgesetzt worden waren. An den Kapitalgesellschaften waren die in Deutschland wohnenden Kläger – Mitglieder der Erbengemeinschaft Meilicke – beteiligt. Die Kapitalgesellschaften hatten ihre Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet. Die Kläger begehrten nun nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuern auf ihre individuelle Einkommensteuer. Das stand ihnen nach seinerzeitiger Gesetzeslage in den Streitjahren 1995 bis 1997 nach Maßgabe des sog. körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens jedoch nicht zu; anzurechnen war danach allein die Körperschaftsteuer, die gegen inländische Kapitalgesellschaften festgesetzt worden war. Der EuGH sah in der unterschiedlichen Behandlung einen Verstoß gegen die unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote. Er verlangte die Gleichbehandlung der Anteilseigner an in- wie ausländischen Kapitalgesellschaften

Diesem Verlangen nach Gleichbehandlung hat der BFH nun unter Anwendung der an sich nicht “passenden” Gesetzeslage Rechnung getragen; im Ergebnis aber dennoch zu Lasten der klagenden Gesellschafter entschieden: Zum einen ist – in einem ersten Schritt – die anzurechnende ausländische Körperschaftsteuer (seit 1996) nicht anders als die inländische Körperschaftsteuer bei der Einkommensteuerfestsetzung als Einkunft zu erfassen; die Einkommensteuer erhöht sich dem entsprechend. Zum anderen sind – in einem zweiten Schritt – für die Anrechnung dieselben Maßstäbe anzusetzen wie in der “reinen” Inlandssituation. Das bedeutet vor allem: Der Anrechnungsbetrag bestimmt sich danach, in welcher Höhe die Gewinne der ausländischen Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht mit Körperschaftsteuer vorbelastet sind. Der so ermittelte Anrechnungsbetrag muss sodann in substantieller Weise gegenüber den deutschen Finanzbehörden nachgewiesen werden. Dafür reicht es nicht aus, eine (ausländische) Bankbescheinigung über die tatsächliche Zahlung von Körperschaftsteuer vorzulegen. Es reicht ebensowenig aus, jene Körperschaftsteuer grob zu schätzen. Die Verwendungsfiktion ist vielmehr in allen ihren Belastungsschritten, wenn auch mit gewissen, vom BFH zugestandenen Erleichterungen, nachzuvollziehen und zu belegen.

Ein solcher Nachweis war den Klägern im Streitfall aber nicht gelungen. Ihre Klage war (auch) deswegen abzuweisen. Ihr ursprünglicher Erfolg vor dem EuGH wurde im Ergebnis also nicht belohnt.

Die Entscheidung des BFH betrifft das besagte, seit langem (im Jahre 2001) abgeschaffte körperschaftsteuerrechtliche Anrechnungsverfahren. Allerdings ist dieses Verfahren für den Haushalt nach wie vor von großer Bedeutung. Viele Steuerbescheide sind noch „offen“, weil die Anteilseigner den Abschluss des Klageverfahrens „Meilicke“ abgewartet haben. Und nach Verlautbarungen des Bundesministeriums der Finanzen geht es dabei um drohende Steuerausfälle aus den Altfällen in Milliardenhöhe. Zuletzt war in den Verfahren vor dem EuGH von 5 Milliarden Euro die Rede.

Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters

Der Zwangsverwalter hat auch die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt (Änderung der Rechtsprechung).

An der Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters ändert sich nichts, wenn während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.

 BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.2.2015, IX R 23/14

 Begründung:

 Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 10. Februar 2015 (IX R 23/14) entschieden, dass neben dem Schuldner auch der Zwangsverwalter die aus der Zwangsverwaltung eines (vermieteten) Grundstücks resultierende Einkommensteuer an das Finanzamt entrichten muss. Er hat insoweit als Vermögensverwalter die steuerlichen Pflichten des Schuldners als eigene zu erfüllen (§ 34 Abs. 3 i.V.m. § 33 der Abgabenordnung). Daran ändert sich nichts, wenn während fortbestehender Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.

Geklagt hatte ein Insolvenzverwalter, der vom Finanzamt auf Zahlung (Entrichtung) der Einkommensteuer des Schuldners in Anspruch genommen worden war. Er wehrte sich dagegen, soweit sich die Einkommensteuer aus einer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordneten Zwangsverwaltung (Vermietung) von Grundstücken des Schuldners ergab. Er habe über das Grundstück nicht verfügen können. Deshalb müsse er die daraus resultierende Einkommensteuer nicht entrichten.

Dem ist der Bundesfinanzhof nun gefolgt und hat damit seine bisherige Rechtsprechung geändert.

Bei der Zwangsverwaltung als Form der Einzelzwangsvollstreckung wird das Grundstück zugunsten des Gläubigers in der Weise „beschlagnahmt“, dass die Nutzungsbefugnis auf den Zwangsverwalter übergeht. Dieser setzt in der Regel die bestehenden Mietverträge fort und vereinnahmt fortan die Mieten für die Gläubiger. Daneben hat er die öffentlichen Lasten aus dem Grundstück zu entrichten. Bisher nahm man an, dass die persönlichen Steuern wie die Einkommensteuer nicht darunter fielen. Diese war (nur) vom Schuldner persönlich zu entrichten.

Diese Annahme hat der BFH nun korrigiert. Neben dem Schuldner hat danach auch der Zwangsverwalter insoweit als Vermögensverwalter die steuerlichen Pflichten des Schuldners als eigene zu erfüllen (§ 34 Abs. 3 i.V.m. § 33 der Abgabenordnung) und die aus der Vermietung des zwangsverwalteten Grundstücks resultierende anteilige Einkommensteuer aus den von ihm vereinnahmten laufenden Erträgen (vorab) an das Finanzamt zu entrichten. Der an die Gläubiger auszuschüttende Betrag verringert sich dadurch.

An der Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters ändert nichts, wenn später das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Zwar muss auch der Insolvenzverwalter anteilig die Einkommensteuer des Schuldners entrichten, z.B. wenn er den Betrieb des Schuldners fortführt. Eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnete Zwangsverwaltung bleibt jedoch von Gesetzes wegen zunächst bestehen. Der Insolvenzverwalter kann deshalb nicht unmittelbar auf die Fortsetzung oder Beendigung der Mietverhältnisse einwirken. Aus diesem Grund verbleibt es im Grundsatz bei der an das jeweilige Verwaltungsvermögen anknüpfenden Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters.

Die Entscheidung bedeutet für Zwangsverwalter eine erhebliche Änderung ihrer Aufgaben und Pflichten. Insolvenzverwalter, wie der Kläger, werden hingegen entlastet.

 

Wirksame Übermittlung einer Einkommensteuererklärung per Fax

Eine Einkommensteuererklärung kann auch wirksam per Fax an das FA übermittelt werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Einkommensteuererklärung tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat.

BFH Urteil vom 8.10.2014, VI R 82/13

Begründung:

Mit Urteil vom 8. Oktober 2014 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass eine Einkommensteuererklärung auch wirksam per Fax an das Finanzamt (FA) übermittelt werden kann.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Über den Inhalt der von ihrer Steuerberaterin erstellten Einkommensteuererklärung 2007 hatte sich die Klägerin ausschließlich telefonisch informiert und das ihr zugefaxte Deckblatt der Erklärung unterschrieben. Die Steuerberaterin übermittelte dem FA die Steuererklärung über das ELSTER-Portal ohne Zertifizierung. Beim FA ging am 30. Dezember 2011 die hierzu gehörende komprimierte Einkommensteuererklärung ein, deren erste Seite das zugefaxte Deckblatt mit der telekopierten Unterschrift der Klägerin war. Erst im Januar 2012 unterschrieb die Klägerin erneut das Deckblatt der Erklärung an Amtsstelle. Das FA lehnte den Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer 2007 wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab. Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage statt.

Der BFH bestätigt die Entscheidung des FG. Eine Einkommensteuererklärung kann danach auch wirksam per Fax an das FA übermittelt werden. Denn für die Einkommensteuererklärung gilt insoweit nichts anderes als für die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze, für die höchstrichterlich bereits entschieden ist, dass eine Übermittlung per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98). Durch das Erfordernis der Schriftlichkeit soll sichergestellt werden, dass Person und Inhalt der Erklärung eindeutig festgestellt werden können und dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt. Diese Zwecke werden auch bei der Übermittlung einer Einkommensteuererklärung per Fax gewahrt.

Dabei ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige den Inhalt der Erklärung tatsächlich in vollem Umfang zur Kenntnis genommen hat. Denn mit der auf der Erklärung geleisteten Unterschrift macht sich der Steuerpflichtige deren Inhalt zu eigen und übernimmt dafür die Verantwortung.

 

Srafverteidigerkosten wegen privater Einkommensteuer nicht abzugsfähig

Strafverteidigerkosten sind privat und nicht beruflich veranlasst, wenn der Vorwurf dahin geht, zu eigenen Gunsten (Minderung der privaten Einkommensteuer) Einnahmen vorsätzlich verschwiegen oder Ausgaben zu Unrecht angesetzt zu haben. Dies und die Verhinderung der damit verbundenen persönlichen Bestrafung betrifft die private Lebensführung. Ein Werbungskostenabzug kommt insoweit nicht in  Betracht

FG Hessen 14.04.2014,  4 K 1757/11

Abgabepflicht von Rentnern zur Einkommensteuer

Rentner sind auch dann zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn ihnen das Finanzamt vor 2005 mitgeteilt hat, dass sie dazu nicht mehr verpflichtet seien

Finanzgericht Rheinland Pfalz Beschluss vom 24. Juli 2013 (Az.: 4 V 1522/13)

Begründung:

Die verheirateten Antragsteller sind Rentner bzw. Pensionäre und erzielen seit mehreren Jahren Einkünfte aus Rentenzahlungen und aus Versorgungsbezügen. Die letzte Einkommensteuererklärung reichten sie für das Jahr 2000 ein. Die Einkommensteuer wurde seinerzeit auf 0 DM festgesetzt.

Im August 2012 wurden sie vom Finanzamt aufgefordert, für den Veranlagungszeitraum 2010 eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Anlass war eine Verfügung der Oberfinanzdirektion, wonach Steuerpflichtige, bei denen anhand maschinell gesteuerter überschlägiger Ermittlung voraussichtlich Einkommensteuer anfallen wird, zur Einreichung von Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2010 aufzufordern sind. Hintergrund dieser OFD-Verfügung ist das zum 01.01.2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz, wonach Renten nicht mehr (wie früher) nur mit ihrem Ertragsanteil, sondern mit mindestens 50 Prozent der Jahresbruttorente steuerlich erfasst werden.

Die Antragsteller wandten ein, zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung nicht verpflichtet zu sein, weil dies in den Erläuterungen zum (letzten) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 entsprechend mitgeteilt worden sei. Das Finanzamt setzte sodann auf der Grundlage der dem Amt vorliegenden Rentenbezugsmitteilungen und sonstigen elektronischen Daten (u.a. Krankenversicherungsbeiträge) die Einkommensteuer für 2010 fest. Die steuerlichen Pauschbeträge wurden ebenfalls berücksichtigt.

Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch machten die Antragsteller geltend, dass das Finanzamt mit der Mitteilung in dem Steuerbescheid für 2000, dass sie für die Folgejahre keine Steuererklärungen mehr einreichen bräuchten, einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, an den das Amt nun gebunden sei. Im Vertrauen auf diesen Bescheid hätten sie auch alle für eine Steuererklärung relevanten Unterlagen vernichtet.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Antragsteller beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz Klage (über die noch nicht entschieden ist) und stellten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2010.

Dieser Eilantrag wurde mit Beschluss des Gerichts vom 24. Juli 2013 (Az.: 4 V 1522/13) abgelehnt. Zur Begründung wurde (u.a.) ausgeführt, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides. Die Antragsteller seien aus zwei Gründen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für 2010 verpflichtet gewesen: Zum Einen, weil sie vom Finanzamt dazu aufgefordert worden seien, und zum Anderen, weil der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte mehr als 16.009 € – also mehr als das Zweifache des Grundfreibetrages nach § 32 a des Einkommensteuergesetzes – betragen habe. Die Antragsteller könnten sich auch nicht auf den Hinweis des Finanzamtes im Einkommensteuerbescheid für 2000 berufen. Bei diesem Hinweis handele es sich nicht um einen sog. Freistellungsbescheid. Ein Freistellungsbescheid liege nur dann vor, wenn das Finanzamt den Steuerpflichtigen davon unterrichten wolle, dass von ihm keine Steuer gefordert werde. Einen derartigen Regelungsgehalt habe die Mitteilung des Finanzamtes im Einkommensteuerbescheid für 2000 nicht gehabt, denn sie habe sich nur auf die Abgabe von Steuererklärungen bezogen. Das Finanzamt habe auch keine sog. verbindliche Zusage erteilt. Die Antragsteller hätten nur bei einem gleichbleibenden Sachverhalt und einer unveränderten Rechtslage auf die künftige Abgabe von Steuererklärungen verzichten dürfen. Daran fehle es allerdings angesichts des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Alterseinkünftegesetzes. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben stehe der Steuerfestsetzung nicht entgegen, zumal die Antragsteller nicht konkret dargelegt hätten, welche steuerlich relevanten Unterlagen sie vernichtet hätten.

 

 

Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer für 2005 ist verfassungsgemäß

Das SolZG ist verfassungsgemäß zustande gekommen. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes umfasst die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe in Höhe von 5,5 % der Bemessungsgrundlage für Veranlagungszeiträume ab 1998.

Der Solidaritätszuschlag bewirkt keine verfassungswidrige Aushöhlung der Bund und Ländern nach Art. 106 Abs. 3 Satz 2 GG gemeinschaftlich zustehenden Steuern. Die fehlende zeitliche Befristung des Solidaritätszuschlags beim Erlass des SolZG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, das SolZG wegen der fehlenden zeitlichen Befristung mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 aufzuheben. Das SolZG ist nicht durch Zeitablauf verfassungswidrig geworden.

Eine zeitliche Begrenzung einer nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG unbefristet erhobenen Ergänzungsabgabe kann sich allerdings daraus ergeben, dass die Ergänzungsabgabe nach ihrem Charakter den Zweck hat, einen aufgabenbezogenen Mehrbedarf des Bundes zu finanzieren, und sie damit im Grunde, selbst wenn sie längerfristig erhoben wird, kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung sein darf. Für 2005 konnte jedoch der Solidaritätszuschlag noch erhoben werden.

BFH Urteil vom 21.07.2011 – II R 50/09 BFHNV 2011 S. 1685

 

Verlustrücktrag

IIm Verlustentstehungsjahr nicht ausgeglichene Verluste sind in einen vorangegangenen, nicht festsetzungsverjährten Veranlagungszeitraum auch dann zurückzutragen, wenn für das Verlustentstehungsjahr selbst bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

 BFH Urteil vom 27.1.2010, IX R 59/08

 Begründung:

 Nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG sind Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des ersten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum abzuziehen.

 Der Verlustrücktrag ist unabhängig von dem in der Steuerfestsetzung des Verlustentstehungsjahres ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in zutreffender Höhe durchzuführen. Denn über Grund und Höhe des rücktragbaren Verlusts wird nicht im Entstehungsjahr, sondern in dem Jahr entschieden, in dem sich der Verlustrücktrag steuerrechtlich auswirkt.

 Deshalb steht einem Verlustrücktrag die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Verlustentstehungsjahr ebenso wenig entgegen wie die Festsetzungsverjährung dieses Jahres.

Erstmalige gesonderte Verlustfeststellung bei negativem Gesamtbetrag der Einkünfte

Bezugspunkt für eine Änderung der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen Verluste ist nicht der Einkommensteuerbescheid, sondern grundsätzlich der Verlustfeststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahres.

Ist der verbleibende Verlustabzug erstmals gesondert festzustellen, ist der "bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichene Verlust" nach den einschlägigen materiell-rechtlichen Regelungen in § 10d EStG zu bestimmen.

 BFH Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 52/08

Keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Barzahlung der Rechnung

Die Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs schließt die entsprechenden Aufwendungen von der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG in seiner im Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Fassung aus.

BFH Urteil vom 20. November 2008 VI R 14/08
Erläuterung:
Mit Urteil vom 20. November 2008 VI R 14/08 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die entsprechenden Aufwendungen von der Steuerermäßigung nach § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausschließt.
Nach § 35a EStG ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, höchstens 600 € (ab 2009: 1 200 €), der Aufwendungen, sofern diese nicht anderweitig abziehbar sind. Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung erfolgt ist.
Die in der Vorschrift geforderte bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs ist nach Auffassung des BFH eine folgerichtige Ausgestaltung der gesetzgeberischen Zielsetzung, die Schwarzarbeit im Privathaushalt zu bekämpfen. Dieser am Gemeinwohl orientierte Zweck des in den Gesetzmaterialien eindeutig als Lenkungsnorm bezeichneten § 35a EStG rechtfertige verfassungsrechtlich die Ungleichbehandlung unbarer und barer Zahlungsvorgänge. Auch gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes) verstoße das Erfordernis unbarer Zahlung nicht. Denn selbst ohne eigenes Bankkonto könne der Steuerpflichtige die formellen Voraussetzungen des § 35a EStG erfüllen, indem er den Rechnungsbetrag bei einem Kreditinstitut einzahle und sodann unbar auf das Konto des Leistungserbringers überweise.
Mit den gleichen Erwägungen hat der BFH außerdem in einem weiteren Urteil vom 20. November 2008 mit dem Aktenzeichen VI R 22/08 auch bei Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung verneint.