Fortgeltung der Antragsveranlagung ungeachtet der Antragsfrist

Stellt ein ausschließlich Arbeitslohn beziehender Arbeitnehmer den Antrag auf Einkommensteuer-Veranlagung für Veranlagungszeiträume vor 2005 erst nach dem 28. Dezember 2007, ist er –soweit Verjährungsfristen nicht entgegenstehen– gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. § 52 Abs. 55j EStG i.d.F. vom 20. Dezember 2007 zu veranlagen.

Die inzwischen aufgehobene zweijährige Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG a.F. gilt insoweit nicht fort.

BFH Urteil vom 12. November 2009 VI R 1/09

Begründung:

Besteht das Einkommen, wie im Streitfall, nach § 46 Abs. 2 EStG ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nur unter den in § 46 Abs. 2 Nrn. 1 bis 8 EStG genannten Voraussetzungen durchgeführt.

Eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG n.F. kommt in Betracht, wenn sie beantragt wird. Die frühere zusätzliche Voraussetzung, dass der Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres zu stellen war, ist nunmehr entfallen.

Befristung der Einkommensteuerveranlagung von Arbeitnehmern auf zwei Jahre verfassungsgemäß?

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1996 maßgeblichen Fassung vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297) mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar ist, als der Antrag auf Veranlagung bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs zu stellen ist.

BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 22.5.2006, VI R 46/05

Nach der Überzeugung des vorlegenden Senats ist § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1996 maßgeblichen Fassung insoweit mit dem GG unvereinbar, als der Antrag auf Veranlagung bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs zu stellen ist. Hierin liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Gleichbehandlung “aller Menschen” vor dem Gesetz. Steuerrechtliche Regelungen sind so auszugestalten, dass Gleichheit im Belastungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Der Einkommensteuergesetzgeber hat die Steuerschuldner in den verschiedenen Einkunftsarten gleich zu behandeln.