Berechtigung und Berechnung von Recyclingkosten

Ein Unternehmen, das Bauabfälle aufkauft und zwecks Weiterveräußerung aufbereitet, kann im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen folgende Entsorgungsverpflichtung eine Rückstellung für die nach dem jeweiligen Bilanzstichtag anfallenden Aufbereitungskosten bilden, wenn nach Sachlage überwiegend wahrscheinlich ist, dass es aus dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung in Anspruch genommen wird.

Zur Bemessung der Höhe dieser Rückstellung.

BFH Urteil vom 21. September 2005 X R 29/03

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Steuerbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden.
Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das Bestehen einer, dem Betrage nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach –deren Höhe zudem ungewiss sein kann– und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Zudem ist erforderlich, dass der Schuldner ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen muss.

Auch für Verpflichtungen, die sich aus öffentlichem Recht ergeben (Geld- oder Sachleistungsverpflichtungen), können Rückstellungen gebildet werden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, weil sie auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums zielt. Dies ist regelmäßig bei Erlass einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluss einer entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vereinbarung der Fall. Bei einem entsprechend konkreten Gesetzesbefehl kann sich auch allein aus dem Gesetz eine Verpflichtung ergeben, die zur Bildung einer Rückstellung führt. Weiter ist erforderlich, dass an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann.

Bei Unternehmen, die gegen Bezahlung von Bau- und Abbruchunternehmen Bauabfälle annehmen, diese aufbereiten und die dabei gewonnenen Stoffe als Füllmaterial veräußern, wird angesichts der umweltrechtlichen Vorschriften in der Regel eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der vorstehend beschriebenen Art gegeben sein, die zur Bildung einer Rückstellung für Bauschuttverarbeitung berechtigt.

Rückstellungsfähig ist infolgedessen nur ein Teil der auf den Kläger im Folgejahr zukommenden Recyclingkosten. Der Senat erachtet es für angemessen, diesen Teil nach den Kosten zu bemessen, die der Kläger bei einer Entsorgung der Abfälle durch Ablagerung aufwenden müsste, weil er aus dieser Art der Entsorgung keine weiteren Einnahmen mehr erzielt. Es ist sachgerecht, die übrigen im Folgejahr aufzuwendenden Recyclingkosten dem zur Verwertung bestimmten Teil der Abfälle zuzuordnen, mit dem der Kläger weitere Erlöse in dem auf die Abnahme der Abfälle folgenden Jahr anstrebt. Dies hat das FG verkannt, wenn es sämtliche vom Kläger errechneten, im Folgejahr für die Entsorgung der im Streitjahr angenommenen Abfälle entstehenden Recyclingkosten der Rückstellung zugeführt hat.