Vorsteuerabzug bei Entnahmen

Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Es ist dann im Hinblick auf den Grundsatz der direkten und unmittelbaren Zuordnung unerheblich, dass er mit einer sog. Eigenbedarfsbestellung (Bestellung für den privaten Bedarf) mittelbar bezweckt, eine Provisionsberechtigung herzustellen und damit steuerpflichtige Umsätze (Provisionen für Weiterempfehlung) zu erzielen.

BFH Urteil vom 20.12.2012 – VR 37/11 BFHNV 2013 S. 781

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Unternehmer nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt.  

Beabsichtigt der Unternehmer demgegenüber bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG zu verwenden, ist er auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er mit dieser Entnahme mittelbar Ziele verfolgt, die ihn nach seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen würden.  Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der mit Urteil vom 16. Februar 2012 C-118/11, Eon Aset (Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 230 Rdnrn. 70 ff.) entschieden hat, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht besteht, wenn die Gegenstände oder Dienstleistungen für unentgeltliche Umsätze oder für andere Tätigkeiten als die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestimmt sind.

Diesen Grundsätzen entsprechend hat das FG zu Recht entschieden, dass die Klägerin insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, als sie Waren nicht als Proben und Testmuster, sondern für den privaten Verbrauch ihrer Gesellschafter bezogen hat.

Das FG hat die Versagung des Vorsteuerabzugs in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats darauf gestützt, dass der Unternehmer, der bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG zu verwenden, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und es im Hinblick auf den Grundsatz der direkten und unmittelbaren Zuordnung unerheblich ist, dass die Klägerin mit der Eigenbedarfsbestellung mittelbar bezweckte, die Provisionsberechtigung zu erlangen und damit Provisionen für Weiterempfehlung zu erzielen, die als Entgelt für steuerpflichtige Umsätze der Umsatzsteuer unterlagen.

Dabei ist aufgrund der Vermerke der Klägerin beim Warenbezug davon auszugehen, dass bereits beim Leistungsbezug feststand, in welchem Umfang sie Waren für die Konsumzwecke ihrer Gesellschafter bezog. Daher ist im Hinblick auf diesen Teil des Wareneinkaufs von einem Warenerwerb in der Absicht einer bei den Gesellschaftern erfolgenden Privatverwendung auszugehen.

Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. Die Klägerin meint, sie sei aus dem Warenerwerb, den sie ihren Gesellschaftern für deren privaten Bedarf zur Verfügung gestellt habe, zum Vorsteuerabzug berechtigt, da für sie ohne Einhaltung der Mindestabnahmemenge der Produkte der X bereits dem Grunde nach keine Provisionsberechtigung bestanden habe. Zwar bestand für die Klägerin eine Mindestabnahmeverpflichtung, ohne deren Einhaltung sie keine Provisionseinnahmen erzielen konnte. Hieraus ergab sich jedoch nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) keine Verpflichtung, die bezogenen Waren für den Konsum ihrer Gesellschafter zu verwenden. Die Waren konnten ebenso als Proben und Testmuster zur Gewinnung weiterer Teilnehmer für das Vertriebssystem verwendet werden. Der Klägerin war lediglich die entgeltliche Abgabe an andere untersagt. Dass die Klägerin die von X zwingend zu beziehenden Waren unter Umständen nicht ausschließlich für die Gewinnung weiterer Vertriebsmitglieder verwenden konnte und ggf. deshalb ihren Gesellschaftern für Verbrauchszwecke zur Verfügung stellte, begründet keinen hinreichenden unmittelbaren Zusammenhang zur wirtschaftlichen Tätigkeit.

Ebenso führt die Überlegung der Klägerin, sie müsse Eigenkonsum betreiben, um die Gegenstände im Rahmen des Empfehlungsmarketings überzeugend bewerben zu können, zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit hätte es auch ausgereicht, Waren der X als Proben und Testmuster zu konsumieren.

 

Entnahme von Kapitalbeteiligungen führt nur bei Versteuerung der stillen Reserven zu erhöhten Anschaffungskosten

Veräußert ein i.S. des § 17 EStG qualifiziert beteiligter Gesellschafter Anteile an der Kapitalgesellschaft, die er zuvor aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt hat, so tritt der Teilwert oder der gemeine Wert dieser Anteile nur dann an die Stelle der (historischen) Anschaffungskosten, wenn durch die Entnahme die stillen Reserven tatsächlich aufgedeckt und bis zur Höhe des Teilwerts oder gemeinen Werts steuerrechtlich erfasst sind oder noch erfasst werden können .

BFH Urteil vom 13.4.2010, IX R 22/09

Erläuterungen:

Veräußert ein i. S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) qualifiziert beteiligter Gesellschafter Anteile an der Kapitalgesellschaft, die er zuvor aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt hat, so tritt der Entnahmewert dieser Anteile nur dann an die Stelle der (historischen) Anschaffungskosten, wenn durch die Entnahme die stillen Reserven tatsächlich aufgedeckt und bis zur Höhe des Teilwerts oder gemeinen Werts steuerrechtlich erfasst sind oder noch erfasst werden können.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 13. April 2010 IX R 22/09 in einem Fall, in dem der Kläger zunächst unmittelbar und mittelbar qualifiziert an der Komplementär-GmbH einer KG beteiligt war und die Beteiligung dann in sein Privatvermögen entnahm. Der Entnahmegewinn blieb unversteuert. Später veräußerte der Kläger seine unmittelbare Beteiligung an der GmbH. Sein Begehren, den Veräußerungsgewinn als Differenz zwischen Veräußerungspreis und Entnahmewert zu versteuern, hatte letztlich keinen Erfolg.

Der Veräußerungsgewinn bildet sich aus dem Unterschied zwischen Veräußerungspreis und Anschaffungskosten. Anteile an einer Kapitalgesellschaft werden angeschafft, indem sie entgeltlich erworben werden. Überführt der Steuerpflichtige Anteile in sein Privatvermögen, erwirbt er sie mangels Rechtträgerwechsels nicht und schafft sie auch nicht an. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus ist die Entnahme einer Anschaffung aber gleichzusetzen, wenn stille Reserven dadurch tatsächlich erfasst wurden. Denn sonst würden Wertsteigerungen bei einer anschließenden Veräußerung entgegen der gesetzlichen Intention nochmals und damit doppelt erfasst. Einer einschränkenden Auslegung des § 17 Abs. 2 EStG bedarf es deshalb nicht, wenn wie im entschiedenen Fall kein Entnahmegewinn erfasst wurde und auch nicht erfasst werden kann.

Entnahme eines Grundstücks vor Verkauf

Die Veräußerung geht einer hinsichtlich der Gewinnrealisierung nur gleichgestellten Entnahme vor. Jedenfalls kann ein bilanziertes Grundstück nach der Veräußerung dann nicht mehr rückwirkend zum vorletzten Bilanzstichtag durch Entnahme ausgebucht werden, wenn diese Bilanz erst nach der Veräußerung des Grundstücks aufgestellt wird (Bestätigung des BFH-Urteils vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731).
(BFH Urteil vom 12. September 2002 IV R 66/00)

Entnahme von Fahrzeugen die ohne Vorsteuerabzug erworben wurden.

Die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw, den ein Unternehmer von einem Nichtunternehmer und damit ohne Vorsteuer erworben hat, unterliegt nicht der Umsatzbesteuerung.

Wird an dem Pkw nach seiner Anschaffung Arbeiten ausgeführt, die zum Einbau von Bestandteilen geführt haben und für die der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt war. unterliegen bei einer Entnahme des Pkw nur diese Bestandteile der Umsatzbesteuerung.

Bestandteile eines Pkw sind diejenigen gelieferten Gegenstände. Die durch den Einbau in den Pkw ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben und im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbraucht waren. Dies bedeutet, das sie zu einer Werterhöhung des Pkw beigetragen haben

Nicht dazu zählen kleine Lieferungen von Gegenständen und sonstige Leistungen (Dienstleistungen

(BFH Urteil vom 18.10.2001, VR 106/98 i.Vbn. mit EuGH-Urteil v.17.5.2001, C-323/99 –Brandenstein, DStRE 2002 S.43, DStR 2001 S.2199 ff.).

Die Urteilsbegründung führt zur Klarheit im Zusammenhang mit Besteuerung der Entnahme von Geschäftswagen. In der Regel wird als Entnahmewert bei einem Pkw der Wert der Schwackeliste angesetzt.

Nach der Auffassung des Bundesfinanzhof stellt dieser Wert keine nachträglichen Investitionen des Unternehmers in den Gebrauchtwagen wider. So mit hat sich der Wert des Pkw im Zeitpunkt der Entnahme nicht in Betracht.

Nach den Grundsätzen des Bundesfinanzhofs und des Europäischen Gerichtshofs kommt deshalb weder eine Entnahmebesteuerung noch eine Vorsteuerberichtigung in Betracht. Nur in den Fällen in denen der Wert erheblich von den Listen für Gebrauchtwagen abweicht ist eine Prüfung bezüglich der Werte für nachträglich eingebaute Bestandteile vorzunehmen und eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen.