Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente nach den Verhältnissen des Jahres nach dem Rentenbeginn

Die Höhe des steuerfreien Teils einer Rente aus der Basisversorgung ist nach den Verhältnissen des Jahres zu ermitteln, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt.

Dies gilt auch dann, wenn die Rente schon im Jahr ihres Beginns für volle zwölf Monate bezogen wurde.

BFH Urteil vom 17.11.2015 – X R 53/13 BFH/NV 2016, 549

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezieht seit Januar 2007 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Hinterbliebenenrente in Form der großen Witwerrente nach seiner verstorbenen Ehefrau (E). Die entsprechende Altersrente der E hatte bei dieser schon vor 2005 zu laufen begonnen.

Darüber hinaus erzielt der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte aus zwei eigenen Altersrenten. Auf seine Hinterbliebenenrente wurden gemäß § 97 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 18a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Erwerbseinkommen) und aus den eigenen Altersrenten (Erwerbsersatzeinkommen) angerechnet. Dies führte zu Kürzungen des Zahlbetrags der Hinterbliebenenrente. Jeweils zum 1. Juli eines Jahres wurden Änderungen des anzurechnenden Einkommens beim Zahlbetrag der Hinterbliebenenrente berücksichtigt (§ 18d SGB IV).

Begründung:

Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 5 EStG gilt der steuerfreie Teil der Rente ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs.

Da die Witwerrente des Klägers im Jahr 2007 zu laufen begonnen hat, wird der steuerfreie Teil der Rente erst im Streitjahr 2008 ermittelt. Auf dieser Grundlage kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob es im Jahr 2008 zu solchen Veränderungen in der Rentenhöhe gekommen ist, die eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente gebieten, für die Entscheidung des Streitfalls nicht an. Vielmehr ist der steuerfreie Teil der Rente erstmals im Streitjahr –und nach den Verhältnissen des Streitjahrs– zu ermitteln. Dies hat das FA im Ergebnis –wenn auch mit abweichender Begründung– getan.

Es kommt auch dann stets auf die Verhältnisse des zweiten Rentenbezugsjahrs an, wenn bereits das erste Rentenbezugsjahr –wie hier– einen Zeitraum von vollen zwölf Monaten umfasst hat.

Zwar soll das Anknüpfen an die Verhältnisse des Zweitjahrs nach der Begründung des Entwurfs des Alterseinkünftegesetzes vermeiden, dass es bei einem nicht ganzjährigen Bezug der Rente im Erstjahr zu Unterschieden bei der Feststellung des steuerfreien Betrags kommt (Gesetzentwurf vom 9. Dezember 2003, BTDrucks 15/2150, 41; ebenso Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Rz 287). Diese Gefahr besteht nicht, wenn die Rente bereits im Erstjahr für volle zwölf Monate bezogen wurde.

Allein dieser Umstand rechtfertigt aber –auch zur Vermeidung einer weiteren Verkomplizierung der Rechtslage– nicht die Vornahme einer teleologischen Reduktion gegen den klaren Gesetzeswortlaut. Es kommt daher auch in einem Fall wie dem vorliegenden für den lebenslangen Rentenfreibetrag auf die Verhältnisse (erst) des zweiten Rentenbezugsjahres an.