Ertragsanteilsbesteuerung einer privaten Berufsunfähigkeitsrente

Eine (private) Berufsunfähigkeitsrente ist eine abgekürzte Leibrente, die mit dem Ertragsteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 EStG i.V.m § 55 Abs. 2 EStDV besteuert wird, sofern nach den vertraglichen Bedingungen der Versicherung die Rentenansprüche nicht nur beim Tod des Versicherten, sondern auch dann erlöschen, wenn die Prämienzahlungsdauer der Hauptversicherung abläuft oder die Berufsunfähigkeit wegfällt.

Die Laufzeit der Berufsunfähigkeitsrente beginnt mit der Entstehung des Rentenanspruchs, d.h. dem Eintritt der Berufsunfähigkeit, und endet mit Ablauf der Zahlungen der Berufsunfähigkeitsrente, regelmäßig aufgrund des Beginns der Zahlungen der Altersrente.

BFH Beschluss vom 04.12.2012 – X B 151/11 BFHNV 2013 S. 534

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der angerufene Senat hat mehrfach entschieden, dass eine (private) Berufsunfähigkeitsrente eine abgekürzte Leibrente i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG a.F.) i.V.m. § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV a.F.)  ist, sofern nach den vertraglichen Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung die Rentenansprüche nicht nur beim Tod des Versicherten, sondern auch dann erlöschen, wenn die Prämienzahlungsdauer der Hauptversicherung abläuft oder die Berufsunfähigkeit wegfällt. In diesen Fällen wird die Berufsunfähigkeitsrente nicht als auf einen eng bemessenen Zeitraum von zwei oder drei Jahren befristet angesehen –was zu mehreren hintereinander geschalteten Zeitrenten führen würde–, da für eine solche zeitliche Befristung Anhaltspunkte fehlten. Diese ergäben sich insbesondere auch nicht aus den ärztlichen Untersuchungsintervallen.

Damit legte der Senat in seinen Entscheidungen eine Berufsunfähigkeitsrente mit einer (voraussichtlichen) Laufzeit der Besteuerung zugrunde, die  mit der Entstehung des Rentenanspruchs –d.h. dem Eintritt des Versicherungsfalles, also der Berufsunfähigkeit– beginnt und die mit Ablauf der Berufsunfähigkeitsrentenzahlungen –regelmäßig aufgrund des Beginns der Zahlungen der Altersrente—endet.

Der angerufene Senat hat bereits entschieden, der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger vor Erreichen der statistischen Lebenserwartung verstirbt, von ihm erlangte Rentenzahlungen aber gleichwohl mit dem gesetzlich festgelegten Anteil der Besteuerung unterworfen werden, stelle eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung dar. In einem solchen Fall verwirkliche sich das typische Rentenrisiko; während bei einem Teil der Steuerpflichtigen die Lebenszeit die statistische Lebenserwartung unterschreite, werde diese bei anderen überschritten

Zwar ist dieser Beschluss zu den Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ergangen. Er hat jedoch das identische Problem der pauschalen Prognose der Lebenserwartung eines Menschen zum Inhalt, sodass die der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen ebenfalls auf die Ermittlung des Ertragsanteils einer abgekürzten Leibrente i.S. des § 55 Abs. 2 EStDV zutreffen.

Abweichend vom Vorbringen der Kläger hat das FA nicht verlangt, dass sie eine geringere Lebenserwartung nachzuweisen hätten. Das FA hatte vielmehr zusätzliche Informationen angefordert, um die vertraglich festgelegte Ablaufzeit der Zusatzversicherung abzuklären. Diese Anforderung bezog sich damit erkennbar nicht auf die in § 55 Abs. 2 EStDV genannte Lebenserwartung, sondern auf die ebenfalls zu berücksichtigende zeitliche Begrenzung der Rentenzahlung, welche vor allem aus den zugrunde liegenden individuellen Vertragsbedingungen –sofern diese vorgelegt werden– ermittelt werden kann.

Das Vorbringen der Kläger, die Berufsunfähigkeitsrenten beruhten auf einer schweren Erkrankung und dem Verlust des Erwerbseinkommens, sowie ihr Hinweis darauf, dass die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung steuerlich nicht hätten berücksichtigt werden können, da die Freibeträge bereits ausgeschöpft gewesen seien, ist nicht geeignet, eine Zulassung der Revision herbeizuführen. Es fehlt vor allem eine substantiierte Auseinandersetzung mit der jüngsten Senatsrechtsprechung zur Besteuerung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrenten obwohl diese wegen der vergleichbaren Rechtslage geboten gewesen wäre.