Vorsteuerausschluss bei Erwerb eines Wohnhauses, das zu mehr als 90 % privat genutzt wird; unternehmerische Mindestnutzung

  • 15 Abs. 1 Satz 2 UStG beruht auf Art. 1 der Entscheidung des Rates vom 19. November 2004 (2004/817/EG), der Deutschland ermächtigt, abweichend von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG Ausgaben für solche Gegenstände und Dienstleistungen vom Abzug der Mehrwertsteuer auszuschließen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden.

Der Vorlagebeschluss betrifft nicht eine zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen genutztes Wohnhaus, sondern allein die Frage, ob diese Ermächtigung über ihren Wortlaut hinaus auch für den Vorsteuerausschluss in Bezug auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten des Unternehmens gilt.

BFH Beschluss vom 01.03.2016 XI B 51/15

Sachverhalt:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betrieb in den Jahren 2006 und 2007 (Streitjahre) u.a. einen Gewerbebetrieb. Das streitbefangene, in den Streitjahren auf ihrem Betriebsgelände errichtete „Betriebsleiterwohnhaus”, ein Einfamilienhaus mit Erd- und Dachgeschoss und einer Gesamtwohnfläche von 234,89 qm, wurde von den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH –X und deren Lebensgefährten Y– zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Zur Wohnfläche gehören ein Gästezimmer (15,44 qm), ein Gäste-WC (3,71 qm) und eine Diele, über die man zu den Gästeräumen und zum übrigen Gebäudebereich gelangt.

Die Klägerin ordnete das Betriebsleiterwohnhaus –ausgehend von einer hälftigen unternehmerischen Nutzung– vollständig ihrem Unternehmen zu und machte den vollen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes sowie aus denen einer Kläranlage, eines Bohrbrunnens und eines Blockheizkraftwerks, die auch anderen –unstreitig dem Unternehmen zugeordneten– Gebäuden dienten, sowie aus den Anschaffungskosten einer Einbauküche geltend.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) die Auffassung, das Betriebsleiterwohnhaus könne, da es zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werde, nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. Das FA ließ in den Änderungsbescheiden über Umsatzsteuer für 2006 und 2007 vom 3. März 2011 die Vorsteuer aus den Herstellungskosten des Betriebsleiterwohnhauses sowie diesbezüglich anteilig (zu jeweils 25 %) der Kläranlage, des Bohrbrunnens und des Blockheizkraftwerks und aus den Anschaffungskosten der Einbauküche nicht zum Abzug zu.

Sie führt in ihrer Beschwerdebegründung als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung an, „ob die Bestimmungen zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 EStG und die Auffassung des Finanzgerichts Münster, dass die Vorschrift des § 15 Abs. 1a UStG nicht EU-rechtswidrig sowie die in § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG genannte 10 %-Grenze EU-rechtskonform sei sowie eines sich daraus ergebenden Ausschlusses des Vorsteuerabzugs zu versagen sei”.

Die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin betreffen im Wesentlichen die Frage der Vereinbarkeit des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 EStG mit Unionsrecht, während sie die Frage des Vorsteuerausschlusses in Bezug auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten nicht betrifft, sondern das nach den Feststellungen des FG zu mehr als 90 % zu eigenen Wohnzwecken genutzte Betriebsleiterwohnhaus. Insoweit stellt der BFH im Leitsatz seines Beschlusses, zum Vorsteuerausschluss ermächtigt, wenn –wie hier– ein Gegenstand zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt wird.

Ferner sucht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache damit zu begründen, das FG habe „die sog. Leerstandszeiten für eine unternehmerische Nutzung bei der Berechnung der unternehmerischen Nutzung nicht unberücksichtigt gelassen”, was jedoch geboten gewesen sei, „da solche Zeiten nach der Rechtsprechung zu dem vergleichbaren Sachverhalt bei sog. Ferienwohnungen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht berücksichtigt werden dürfen”.