Unterbrechungen der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Betriebsstätte) werden auch mit der Entfernungspauschale berücksichtigt, wenn eine “Umwegfahrten” bzw. “Dreiecksfahrten” für einen Mandantenbesuch gemacht wird.

BFH Urteil vom 19.5.2015, VIII R 12/13

Begründung:

Die Abzugsbeschränkung durch die gesetzliche Entfernungspauschale gilt für “Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte” auch dann, wenn die jeweilige Hin- oder Rückfahrt durch ein Dienstgeschäft –wie etwa den Hausbesuch eines Arztes– unterbrochen wird, gleichwohl aber als Ziel und Zweck der Fahrt das Erreichen der Wohnung oder der Betriebsstätte –wie im Streitfall– im Vordergrund steht.

Die Aufwendungen für diese Fahrten sind ungeachtet der Fahrtunterbrechung schon nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 und 3 EStG Aufwendungen “für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer (oder Unternehmer) die Arbeitsstätte (oder Betriebsstätte) aufsucht”, die mit der typisierenden Entfernungspauschale abgegolten werden sollen.

Daraus folgt, dass für die weitere Fahrtstrecke zu dem jeweils aufgesuchten Mandanten (Kunden), die über die bei der Entfernungspauschale berücksichtigte Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte hinaus geht, nur die Mehrkosten der Fahrt allein durch das Dienstgeschäft veranlasst sind und deshalb (nur) die auf diese Strecke entfallenden tatsächlichen Kosten bei den Betriebsausgaben abziehbar sind.

Denn ein Aufwand, der nicht durch die Fahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte, sondern wie hier abgrenzbar ausschließlich durch einen einzelnen betrieblichen Vorgang veranlasst wird, ist bei der Ermittlung von Gewinneinkünften nach § 4 Abs. 4 EStG uneingeschränkt zum Abzug zuzulassen .

Denn das FG hat ihm mit dem angefochtenen Urteil die uneingeschränkte Entfernungspauschale für die streitigen Fahrttage zugesprochen; zusammen mit dem vom FA bereits berücksichtigten Ansatz der tatsächlichen Kosten für durch Mandantenbesuche unterbrochene Hin- oder Rückfahrten ist damit schon ein höherer Betrag an Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte berücksichtigt worden, als dem Kläger nach den oben dargelegten Maßstäben zugestanden hätte.

Danach hätten nämlich nicht die tatsächlichen Kosten für die gesamte Fahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte unter Einbeziehung der Fahrten zu den jeweils aufgesuchten Mandanten, sondern lediglich die durch den Mandantenbesuch jeweils entstandenen Mehrkosten im Umfang der über die gewöhnliche Entfernung von Wohnung und Betriebsstätte hinausgehenden Fahrtstrecke –zusätzlich zum Ansatz der Entfernungspauschale– als Betriebsausgabe berücksichtigt werden dürfen.

Reparaturkosten infolge Falschbetankung neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar

Neben der Entfernungspauschale können Reparaturkosten infolge Falschbetankung als Werbungskosten abgezogen werden.

FG Niedersachsen Urteil vom 24.04.2013, ) K 218/12

Begründung:

Der Kläger hatte auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle beim Tanken aus Unachtsamkeit statt Diesel Benzin in sein Fahrzeug eingefüllt. Als der Motor kurze Zeit nach Fortsetzung der Fahrt „unregelmäßig" lief, bemerkte er das Unglück. Der Kläger gelangte noch bis zu einer nahe gelegenen Werkstatt, die den Motorschaden reparierte. Die Versicherung lehnte eine Erstattung der Reparaturkosten (ca. 4.300 €) wegen der Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers ab. Das Finanzamt meinte, neben der Entfernungspauschale (sog. Pendlerpauschale) seien nur Kosten eines Unfalls zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Die Falschbetankung sei aber kein Unfall.

Das Gericht hält entgegen dem Wortlaut der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG, dass mit dem Ansatz der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten sein sollten, die Unfallkosten neben der Entfernungspauschale als Werbungskostenabzug abzugsfähig.

Das Finanzgericht  hat die durch den Ansatz der Entfernungspauschale erfolgte Abgeltungswirkung auf die gewöhnlichen (laufenden) Kfz-Kosten, die einer Pauschalierung zugänglich sind, begrenzt und damit im Wege der Gesetzesauslegung die Rechtslage wiederhergestellt. Danach waren neben der früheren Kilometerpauschale stets außergewöhnliche Wegekosten (z.B. Motorschaden, Diebstahl, Unfall) als Werbungskosten abzugsfähig.

Revision wurde zugelassen.  

 

Offensichtlich verkehrsgünstigere” Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfordert keine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten

Ob eine Straßenverbindung aufgrund einer zu erwartenden Zeitersparnis als "offensichtlich verkehrsgünstiger" anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Insbesondere ist nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten erforderlich.

BFH Urteil vom 16.11.2011, VI R 19/11

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteile vom 16. November 2011 VI R 19/11 und VI R 46/10 konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen die Entfernungspauschale für einen längeren als den kürzesten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden kann. Grundsätzlich kann die Entfernungspauschale nur für die kürzeste Entfernung beansprucht werden. Etwas anderes gilt aber, wenn eine andere Verbindung "offensichtlich verkehrsgünstiger" ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes).

In der Sache VI R 19/11 hatte das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen, weil stets eine zu erwartende Fahrtzeitverkürzung von mindestens 20 Minuten erforderlich sei. In der Sache VI R 46/10 hatte das FG der Klage teilweise stattgegeben und bei der Berechnung der Entfernungspauschale eine vom Kläger tatsächlich nicht benutzte Verbindung berücksichtigt, die dem FG offensichtlich verkehrsgünstiger erschien.

Der BFH hat nun entschieden, dass eine Mindestzeitersparnis von 20 Minuten nicht stets erforderlich ist. Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls, wie z.B. die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln o.ä. in die Beurteilung einzubeziehen. Eine Straßenverbindung kann auch dann "offensichtlich verkehrsgünstiger" sein, wenn bei ihrer Benutzung nur eine geringe Zeitersparnis zu erwarten ist (VI R 19/11). In der Entscheidung VI R 46/10 hat der BFH zudem klargestellt, dass nur die tatsächlich benutzte Straßenverbindung in Betracht kommt. Eine bloß mögliche, aber vom Steuerpflichtigen nicht benutzte Straßenverbindung kann der Berechnung der Entfernungspauschale nicht zugrunde gelegt werden.

Keine Berücksichtigung einer tatsächlich nicht benutzten Verbindung als “offensichtlich verkehrsgünstigere” Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

"Offensichtlich" verkehrsgünstiger i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG ist die vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung, wenn sich jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.

Zu vergleichen sind die kürzeste und die vom Arbeitnehmer regelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzte längere Straßenverbindung. Weitere mögliche, vom Arbeitnehmer tatsächlich aber nicht benutzte Fahrtstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bleiben dagegen unberücksichtigt.

BFH Urteil vom 16.11.2011, VI R 46/10

Begründung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteile vom 16. November 2011 VI R 19/11 und VI R 46/10 konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen die Entfernungspauschale für einen längeren als den kürzesten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden kann. Grundsätzlich kann die Entfernungspauschale nur für die kürzeste Entfernung beansprucht werden. Etwas anderes gilt aber, wenn eine andere Verbindung "offensichtlich verkehrsgünstiger" ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes).

Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte

Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. Denn der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen.
Allein die Gestattung der Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte begründet noch keine Überlassung zur privaten Nutzung i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG.
BFH Urteil vom 6.10.2011, VI R 56/10
Erläuterungen (BFH):
Mit Urteil vom 6. Oktober 2011 VI R 56/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) nicht anwendbar ist, wenn der Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug lediglich für betriebliche Zwecke sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt.
Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt dies nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu einem steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers der als Arbeitslohn zu erfassen ist. Der Vorteil ist entweder anhand des Fahrtenbuchs oder, wenn ein Fahrtenbuch nicht geführt wird, nach der 1 %-Regelung zu bewerten. Im Streitfall standen dem Kläger, der in einem Autohaus als Verkäufer beschäftigt ist, Firmenwagen für Probe- und Vorführfahrten zur Verfügung. Darüber hinaus durfte er diese Wagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger nicht. Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass die 1 %-Regelung anzuwenden sei. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Auf die Revision des Klägers hat der BFH nun die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Die Nutzung eines Fahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist, so der BFH, keine private Nutzung, denn der Gesetzgeber hat diese Fahrten in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG der Erwerbssphäre zugeordnet. Das FG muss nun noch prüfen, ob die Fahrzeuge dem Kläger darüber hinaus auch zu privaten Zwecken überlassen waren.

Zweifel an einem lohnsteuerlich erheblichen Vorteil bei Gestellung eines Fahrers

Der Senat lässt offen, ob an der Rechtsprechung weiterhin festzuhalten ist, dass die arbeitgeberseitige Fahrergestellung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der bis einschließlich 2000 geltenden Fassung erhöht eine solche Fahrergestellung jedenfalls nicht die anzusetzenden Lohneinkünfte des betreffenden Arbeitnehmers, weil selbst bei Ansatz eines lohnsteuerrechtlichen Vorteils ein entsprechender Aufwand in gleicher Höhe entgegenstünde .

BFH Urteil vom 22.9.2010, VI R 54/09

Erläuterung:

Im Streitfall VI R 54/09 hatte der Arbeitnehmer eine ihm von seinem Arbeitgeber überlassene Dienstwohnung in B. Diese umfasste auch zwei vom Arbeitgeber ausgestattete und zur Erledigung dienstlicher Aufgaben dienende Räume. An rund 60 Tagen im Jahr suchte der Arbeitnehmer den 49 km entfernt gelegenen Sitz seines Arbeitgebers in C auf. Dazu stand ihm ein Dienstwagen samt Chauffeur zur Verfügung. Der Kläger machte mit Klage und Revision geltend, dass die Fahrten von B nach C keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sondern solche zwischen zwei Betriebsstätten des Arbeitgebers seien, so dass dafür die 0,03 %-Zuschlagsregelung überhaupt nicht anzuwenden sei.

Hier schloss sich der BFH zwar nicht der Rechtsauffassung des Klägers an, dass die beruflich genutzten Räume in der Wohnung als Betriebsstätte des Arbeitgebers anzusehen seien. Er setzte allerdings auch hier die Zuschlagsregelung nur im Umfang der tatsächlich durchgeführten Fahrten an. Allerdings verneinte er für den Streitfall einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil aus der Fahrergestellung, weil Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich beruflich veranlasste Fahrten sind. Denn würde der Arbeitnehmer die Aufwendungen für den Chauffeur seinem Arbeitgeber erstatten, so könnte er diese Aufwendungen zugleich als Werbungskosten abziehen. Insoweit saldierten sich Einnahmen und Erwerbsaufwendungen. In den Streitjahren (1998 bis 2000) gab es noch keine mit § 9 Abs. 2 EStG vergleichbare Regelung, wonach die Entfernungspauschale alle Aufwendungen abgilt, die durch Wege zwischen Wohnung und regelmäßige Arbeitsstätte veranlasst sind.

 

 

 

 

BFH zur Besteuerung von Dienstwagen: Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach tatsächlicher Benutzung

Der Senat hält daran fest, dass die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt und daher nur insoweit zur Anwendung kommt, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat (Senatsurteile vom 4. April 2008 VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887; VI R 68/05, BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890) .

Die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG hat nicht die Funktion, eine irgendwie geartete zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Sie bezweckt lediglich einen Ausgleich für abziehbare, tatsächlich aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen.

BFH Urteil vom 22.9.2010, VI R 57/09

Erläuterung:

Wird der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines Dienstwagens typisierend mit der 1 %-Regelung besteuert, so erhöht sich der so ermittelte Betrag um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug auch dafür genutzt werden kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte mit drei Urteilen vom 22. September 2010 seine Rechtsprechung vom April 2008, dass nämlich diese 0,03 %-Zuschlagsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur einen Korrekturposten für abziehbare aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen darstellt und sie daher nur dann und insoweit zur Anwendung kommt, wie der Dienstwagen tatsächlich für solche Fahrten genutzt worden war.

In den Urteilen VI R 55/09 und VI R 57/09 hatten die Arbeitnehmer jeweils einen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzbaren Dienstwagen vom Arbeitgeber zur Verfügung. Während allerdings das Finanzamt auf Grundlage von Nichtanwendungsschreiben die Rechtsprechung des BFH vom April 2008 nicht angewandt und stattdessen als Einnahmen jeweils monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreis der Fahrzeuge für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzt hatte, berücksichtigte der BFH, wie schon die Vorinstanz, den Zuschlag nur nach der Anzahl der tatsächlich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführten Fahrten und gelangten so zu entsprechend geringeren Zuschlägen. Der BFH teilte in seiner Entscheidung VI R 57/09 insbesondere nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, dass diese Auslegung die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite. Entscheidend dafür ist insbesondere, dass die 1 %-Regelung für Arbeitnehmer ohnehin nur in entsprechender Anwendung der für Gewinneinkünfte geltenden Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gilt, es für diesen Bereich aber keine Zuschlagsregelung sondern nur eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs gibt. Dann aber entspricht es dem Gleichbehandlungsgebot und dem Gebot der Folgerichtigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auch bei Arbeitnehmern der Zuschlagsregelung lediglich die Funktion beizumessen, den Werbungskostenabzug zu begrenzen. Im Urteil VI R 57/09 entschied der BFH weiter, dass diese Zuschlagsregelung auch nicht formell verfassungswidrig sei, obwohl diese Regelung im Jahressteuergesetz 1996 erst nach Anrufung des Vermittlungsausschusses auf Grundlage der Beschlussempfehlungen dieses Gremiums zustande gekommen war und das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen u. a. vorgebracht hatte, dass deshalb eine detaillierte Dokumentation des historischen gesetzgeberischen Willens dazu fehle.

Bestimmung der Entfernung bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Kein Ansatz einer anderen als der kürzesten Straßenverbindung bei Nutzung von auf eigener Trasse fahrenden öffentlichen Verkehrsmitteln

Finanzgericht Baden Württemberg Urteil vom 30.03.2009, 4K 5374/08 EFG 2009 S. 926 f.

Begründung:

Entgegen der Auffassung der Kläger sind bei der Berechnung der Entfernungspauschale für die Aufwendungen des Klägers anlässlich seiner Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG, hier in der im Streitjahr geltenden Fassung – a. F. -) lediglich 25 Entfernungskilometer arbeitstäglich in Ansatz zu bringen. Dies entspricht (auf volle Kilometer abgerundet) der Länge der kürzesten Straßenverbindung zwischen dem Wohnort des Klägers in A und dem Ort seines Arbeitsplatzes in B, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 Halbsatz 1 EStG a. F. (jetzt: § 9 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 EStG) für die Bestimmung der Entfernung maßgeblich ist.

Zwar kann nach Halbsatz 2 der genannten Norm eine andere als die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird. Indessen gilt diese abweichende Bestimmung – anders als die Kläger meinen – nur in solchen Fällen, in denen der Steuerpflichtige eine längere Straßenverbindung gerade als solche nutzt und sich demzufolge auf eben dieser Straßenverbindung fortbewegt. Sie findet keine Anwendung auf Straßenverbindungen zwischen Orten, die der Arbeitnehmer anlässlich der Benutzung auf eigener Trasse fahrender öffentlicher Verkehrsmittel lediglich als Zwischenhaltepunkte berührt.

Dies legt bereits der Wortlaut der Vorschrift nahe. Er spricht von der Berücksichtigung einer anderen Straßenverbindung unter der Voraussetzung, dass „diese“ – gemeint ist: diese Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – regelmäßig für den Weg des Arbeitnehmers zur Arbeit genutzt wird. Zur Verwendung einer solchen Straßenverbindung kommt es indessen erst gar nicht, wenn der Steuerpflichtige – wie im Streitfall der Kläger – zur Beförderung mit der S-Bahn ein Verkehrsmittel einsetzt, das sich schienengebunden auf eigener Trasse abseits der Straßenverbindung fortbewegt. Der Ansatz einer Schienenverbindung im Rahmen der Entfernungsermittlung jedoch ist nach dem Gesetz nicht möglich (gleicher Ansicht: Finanzgericht – FG – München, Urteil vom 28. Mai 2008 10 K 2680/07, nicht veröffentlicht,

Fahrten Wohnung und Arbeitsstätte von Büroräumen aus der eigenen Wohnung

Bewohnt ein Arbeitnehmer eine Dienstwohnung, in der sich auch von ihm genutzte Büroräume befinden und fährt er von dort aus mit seinem Dienstwagen zum Betriebssitz seines Arbeitgebers, handelt es sich dabei um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und nicht um Fahrten zwischen zwei Arbeitsstätten.

Der deshalb zu versteuernde geldwerte Vorteil für die Dienstwagenbenutzung ist je nach den Umständen des Einzelfalles nicht immer zwingend nach der gesetzlichen Pauschaleregelung sondern bei nur gelegentlicher Nutzung durch eine Einzelbewertung der tatsächlich durchgeführten Fahrten zu ermitteln.

Hessische Finanzgericht Urteil vom 16.3. 2009, 11 K 3700/05 (nicht rechtskräftig)

Erläuterungen:

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der als leitender Angestellter eine ihm zugewiesene Dienstwohnung bewohnte. In dem Gebäude befanden sich auch zwei vom Arbeitgeber ausgestattete Büroräume zur Erledigung seiner dienstlichen Aufgaben. Die Büroräume waren von den übrigen Räumen baulich nicht getrennt. Dem Kläger stand darüber hinaus ein Dienstwagen mit Fahrer zur Verfügung. Das Finanzamt setzte für die Fahrten zwischen der Dienstwohnung und der Betriebsstätte zu Lasten des Klägers einen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn an. Dieser betrug nach der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) monatlich 0,03% des inländischen Listenpreises des Dienstwagen für jeden Kilometer der Entfernung zwischen der Dienstwohnung und dem Betriebssitz des Arbeitgebers. Auf den sich so ergebenden Wert erhob das Finanzamt zusätzlich einen Zuschlag von 50% wegen der Fahrergestellung.

Das wollte der Kläger nicht akzeptieren, weil seine Dienstwohnung wegen der umfangreichen beruflichen Nutzung kein privates Wohnhaus sondern – neben dem Betriebssitz des Arbeitgebers – eine weitere regelmäßige Arbeitsstätte sei. Ein geldwerter Vorteil für die Nutzung des Dienstwagens sei deswegen nicht anzusetzen. Den Dienstwagen habe er auch nur selten genutzt, wenn noch zusätzliche Termine angestanden hätten.

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage zum Teil statt. Dabei stellte es zunächst zu Lasten des Klägers klar, dass die Büroräume in der Dienstwohnung steuerrechtlich keine gesonderte Arbeitsstätte seien sondern zur Wohnung gehörten. Fahrten zwischen zwei Arbeitsstätten könnten nur dann angenommen werden, wenn keine der Arbeitsstätten dem privaten Wohnbereich zuzurechnen sei. Das sei im Hinblick auf die Büroräume in der Dienstwohnung nicht der Fall. Insoweit komme es auf eine rein formale Betrachtung nach dem äußeren Erscheinungsbild an. Im Streitfall handele es sich folglich bei den Fahrten von der Dienstwohnung mit Büro zum Betriebssitz des Arbeitgebers um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, so dass nach § 8 EStG ein geldwerter Vorteil zu versteuern sei.

Erfolg hatte die Klage jedoch hinsichtlich der Höhe des anzusetzenden geldwerten Vorteils für die Nutzung des Dienstwagens. Die Richter urteilten, dass das Finanzamt fehlerhaft die pauschale Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG angewandt habe. Denn es habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger den Dienstwagen deutlich weniger als 15 mal im Monat und auch nur dann genutzt habe, wenn neben der Fahrt zum Betriebssitz des Arbeitgebers auch noch zusätzlich auswärtige Termine angestanden hätten. Damit liege aber hinsichtlich des Nutzungsumfangs eine erhebliche Abweichung von der gesetzlichen Typisierung vor. Anders als bei der privaten Nutzung eines Dienstwagens (sog. 1-Prozent-Regelung) sei es bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch unerblich, dass die geführten Fahrtenbücher nur unvollständig vorgelegt worden seien. Der geldwerte Vorteil für die Nutzung des Dienstwagens sei im Streitfall durch eine Einzelbewertung der tatsächlich durchgeführten Fahrten vorzunehmen, wobei – wenn die tatsächlichen Fahrtkosten nicht belegt seien – entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG je Entfernungskilometer 0,002 Prozent des Listenpreises anzusetzen seien.

Schließlich habe das Finanzamt den geldwerten Vorteil für die unentgeltliche Überlassung eines Fahrers zutreffend erhöht. Zwar erscheine die Bemessung des Zuschlags anhand des Listenpreises des gefahrenen Fahrzeugs anstelle des Stundenlohns des Fahrers und der Fahrzeit bedenklich, jedoch sei die für den Kläger günstigere Verwaltungsregelung anzuwenden.



Versagung der Entfernungspauschale für Familienheimflüge ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Der Umstand, dass der Gesetzgeber Flugstrecken nicht in die Entfernungspauschale einbezogen hat, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 Mit dem Abzug der tatsächlichen Flugkosten wahrt der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip in besonderer Weise und trägt folgerichtig dem Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit Rechnung.

 Soweit die Entfernungspauschale als entfernungsabhängige Subvention und damit als Lenkungsnorm wirkt, ist es gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber aus verkehrs- und umweltpolitischen Motiven Flugstrecken nicht in die Entfernungspauschale einbezogen hat.

BFH Urteil vom 26. März 2009 VI R 42/07

Begründung:

 Das FG hat die Vorschriften über die steuerrechtliche Berücksichtigung von Familienheimfahrten zutreffend angewendet. Auf der Grundlage der einfachgesetzlichen Rechtslage sind Aufwendungen für Flüge zwischen Beschäftigungs- und Wohnort im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung auch dann nur in Höhe der tatsächlichen Kosten dem Werbungskostenabzug zugänglich, wenn sich bei Anwendung der Entfernungspauschale ein höherer Abzugsbetrag ergäbe.

 Der Umstand, dass der Gesetzgeber Flugstrecken nicht in die Entfernungspauschale einbezogen hat, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diesen verfassungs- wie einfachrechtlichen Maßstäben wird die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 3 EStG gerecht. Schließlich lässt der Gesetzgeber Aufwendungen für Flüge zwischen Beschäftigungs- und Wohnort im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Höhe der tatsächlichen Kosten und nicht nur beschränkt durch die Entfernungspauschale zum Werbungskostenabzug zu. Damit wahrt der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip in besonderer Weise und trägt folgerichtig dem Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit Rechnung.