Feststellung fehlender Einkunftserzielungsabsicht

Umstrukturierungsmaßnahmen sind als geeignet anzusehen,und können daher trotz tatsächlich erzielter Verluste den Schluss auf das Vorliegen von Einkunftserzielungsabsicht zulassen, wenn nach dem damaligen Erkenntnishorizont aus der Sicht eines wirtschaftlich vernünftigen Gewerbetreibenden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass die Maßnahmen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen würden.

Die Beschäftigung des Ehegatten im unteren Bereich der sozialversicherungsrechtlichen Gleitzone (§ 20 Abs. 2 SGB IV) zur Erlangung eines preisgünstigen vollen Schutzes durch die gesetzliche Krankenversicherung kann ein persönliches Motiv für die Hinnahme von Verlusten darstellen.

Die Möglichkeit der Einkommensteuerersparnis durch die Ausgleichsfähigkeit der erzielten Verluste mit anderweitigen positiven Einkünften ist  rechtlich nicht geeignet, um als einziges persönliches Motiv für die Hinnahme der Verluste herangezogen zu werden. Ein FG handelt aber nicht rechtsfehlerhaft, wenn es die Möglichkeit der Einkommensteuerersparnis neben einem weiteren persönlichen Motiv in seine Würdigung einbezieht.

Ein Rechtssatz, den das FG zu den gewerblichen Einkünften des Steuerpflichtigen aufgestellt hat, kann nicht in einem eine Divergenz begründenden Widerspruch zu einem Rechtssatz stehen, dessen Reichweite der BFH in der herangezogenen vermeintlichen Divergenzentscheidung ausdrücklich auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe begrenzt hat.

BFH Beschluss vom 04.03.2016 – X B 188/15 (NV) BFH/NV 2016, 1036

Begründung:

Der Kläger entnimmt dem Senatsurteil zunächst zutreffend den Rechtssatz, der Totalgewinn stelle das Gesamtergebnis des Betriebs in der Zeit von seiner Gründung bis zu seiner Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation dar. In Bezug auf das angefochtene vorinstanzliche Urteil ist der Kläger der Auffassung, das FG habe den Rechtssatz aufgestellt, die Totalperiode ende pauschal nach 15 Jahren.

Grundlage für die vom FG angestellten Überlegungen zu den erzielbaren Ergebnissen der Betriebe des Klägers waren,-neben den bereits bekannten Ergebnissen der Vorjahre, die vom Kläger selbst eingereichten Prognoserechnungen. Dieser hatte bereits im Verwaltungsverfahren eine Prognoserechnung für die Jahre 2012 bis 2018 eingereicht (seinerzeit waren die tatsächlichen Ergebnisse für den Zeitraum der Betriebseröffnung im Jahr 2003 bis zum Jahr 2011 bekannt). Hieraus ergaben sich –nach den in den Jahren 2003 bis 2011 tatsächlich erzielten Ergebnissen von insgesamt./. 677.428 EUR– für den Prognosezeitraum 2012 bis 2018 kumuliert nochmals Verluste von./. 802 EUR. Das vom Kläger für den von ihm zugrunde gelegten Zeitraum von 2003 bis 2018 prognostizierte Ergebnis belief sich daher auf./. 678.230 EUR.

Im Klageverfahren wurde bekannt, dass der Kläger in den Jahren 2003 bis 2013 tatsächlich Verluste von insgesamt./. 1.106.073 EUR erzielt hatte. Mit Klageerhebung reichte er eine aktualisierte Prognose für die Jahre 2014 bis 2018 ein. Darin prognostizierte er für diese Jahre einen Gewinn von insgesamt 172.202 EUR. Danach beliefe sich das Gesamtergebnis für den vom Kläger herangezogenen Zeitraum von 2003 bis 2018 auf./. 933.871 EUR.

Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens reichte der Kläger noch eine dritte Prognose ein, in der er für die Jahre 2014 bis 2018 ein saldiertes Ergebnis von 224.430 EUR prognostizierte. Zusammen mit den tatsächlichen Verlusten der Jahre 2003 bis 2013 zeigte sich ein Gesamtergebnis von./. 881.643 EUR.

Das FG hat sich lediglich mit den vom Kläger selbst eingereichten Prognoserechnungen befasst und schon diese –obwohl keine dieser Berechnungen für den Zeitraum von 2003 bis 2018 auch nur annähernd zu einem Totalgewinn kam– mit nachvollziehbarer Begründung als unrealistisch optimistisch angesehen. Aus diesen, rein fallbezogenen Ausführungen des FG lässt sich aber nicht der abstrakte Rechtssatz ableiten, Prognoserechnungen seien generell auf 15 (bzw. 16) Jahre begrenzt. Vielmehr hatte der Kläger selbst in drei unterschiedlichen Prognoserechnungen diesen Zeitraum als Ausgangsgröße gewählt. Darlegungen zu der Frage, welche geschäftlichen Pläne er für die Zeit nach 2018 –dem Jahr, in dem er sein 66. Lebensjahr vollenden wird– hege, hat er dem FG niemals unterbreitet. Vor diesem Hintergrund durfte das FG sich darauf beschränken, sich mit den eingereichten Prognoserechnungen zu befassen, aus denen sich deutlich ergab, dass die Erzielung eines Totalgewinns in dem vom Kläger selbst bezeichneten Zeitraum ausgeschlossen war. Dies würde angesichts der erheblichen Höhe der bereits aufgelaufenen Verluste im Übrigen auch dann gelten, wenn man den Prognosezeitraum noch um einige Jahre über das Jahr 2018 hinaus ausdehnen würde.

In Bezug auf die Eignung von Umstrukturierungsmaßnahmen entnimmt der Kläger dem Senatsurteil zutreffend den Rechtssatz, Umstrukturierungsmaßnahmen seien als geeignet anzusehen, wenn nach dem damaligen Erkenntnishorizont aus der Sicht eines wirtschaftlich vernünftigen Gewerbetreibenden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass die Maßnahmen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen würden. Demgegenüber entnimmt der Kläger den fallbezogenen Ausführungen des FG den Rechtssatz, die Eignung von Umstrukturierungsmaßnahmen sei nur im Falle eines konkreten merklichen wirtschaftlichen Erfolgs zu bejahen.

Die darin liegende mögliche Abweichung vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn das FG hat den Gesichtspunkt “Umstrukturierungsmaßnahmen” auch deshalb nicht zugunsten des Klägers berücksichtigt, weil dieser konkrete Maßnahmen weder nachgewiesen noch glaubhaft dargelegt habe. Diese Würdigung ist angesichts des sehr vagen Vorbringens des Klägers zu den vermeintlich von ihm durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen nachvollziehbar. Sie trägt das angefochtene Urteil selbständig, so dass es nicht mehr auf den weiteren vom Kläger herausgearbeiteten Rechtssatz ankommt.

Er formuliert, der BFH sehe in der Beschäftigung des Ehepartners an sich grundsätzlich noch keine persönlichen, familiären Gründe für die Hinnahme der Verluste, da der ehelichen Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft durch die steuerneutrale Behandlung des Arbeitslohns keine Vorteile entstehen. Damit endet der vom Senat in der bezeichneten Entscheidung gebildete Rechtssatz aber nicht. Vielmehr hat der Senat ausgeführt, von Bedeutung könne der Umstand sein, ob der Betriebsinhaber-Ehegatte dem Arbeitnehmer-Ehegatten einen verhältnismäßig preisgünstigen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen und die Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen als Betriebsausgaben abziehen wolle. Der Kläger hat selbst vorgetragen, er habe seine Ehefrau mit einem Gehalt im unteren Bereich der sozialversicherungsrechtlichen Gleitzone beschäftigt. In derartigen Fällen erlangt der Arbeitnehmer-Ehegatte den vollen Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung; es sind aber nur verhältnismäßig geringfügige Beiträge zu zahlen die im Übrigen noch überwiegend vom Arbeitgeber zu tragen sind (vgl. § 168 Abs. 1 Nr. 1d SGB VI und die Parallelvorschriften in den anderen Büchern des SGB), so dass diesem der Betriebsausgabenabzug zusteht, während der Arbeitnehmer diesen überwiegenden Beitragsteil nicht zu versteuern hat (§ 3 Nr. 62 des Einkommensteuergesetzes). Dem Senatsurteil ist zu entnehmen, dass eine solche Gestaltung als persönliches Motiv für die Hinnahme der Verluste gewertet werden darf. Eine Divergenz liegt damit nicht vor.

Auch im Zusammenhang mit der Einkommensteuerersparnis durch die steuerliche Ausgleichsfähigkeit der erzielten Verluste mit anderweitigen positiven Einkünften gibt der Kläger die Rechtssätze nicht ganz zutreffend wieder. Der Senat hat dort die folgenden Rechtssätze aufgestellt:

– Die Steuerersparnis ist in der bisherigen Rechtsprechung nur dann tragend als persönliches Motiv für die Hinnahme der Verluste herangezogen worden, wenn es sich um Verlustzuweisungsgesellschaften handelte, deren Geschäftskonzept darauf beruhte, zunächst buchmäßige Verluste… aufzuweisen und zu einem späteren Zeitpunkt steuerfreie oder -begünstigte Veräußerungsgewinne zu erzielen.

– Steuerliche Gesichtspunkte sind auch dann entscheidend für die Hinnahme der Verluste, wenn die Tätigkeit die Möglichkeit eröffnet, Kosten der privaten Lebensführung (z.B. anteilige Fixkosten ohnehin vorhandener Gegenstände wie PKW, Wohnung, Kommunikationsmittel oder Computer) in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern.

– Die Rechtsprechung hat bisher in keinem Fall die Möglichkeit der Verrechnung “echter” –den Steuerpflichtigen wirtschaftlich belastender– Verluste mit anderweitigen positiven Einkünften schon für sich genommen als privates Motiv angesehen, das zur Annahme fehlender Gewinnerzielungsabsicht führt. Im Gegenteil hat der BFH mehrfach klargestellt, dass allein dieser Umstand zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht nicht ausreicht.

Daraus ergibt sich, dass die Möglichkeit der Verrechnung der Verluste mit anderweitigen positiven Einkünften –von den dargestellten Ausnahmefällen (Verlustzuweisungsgesellschaften, Abzug anteiliger Fixkosten von Gegenständen der privaten Lebensführung) abgesehen– rechtlich nicht geeignet ist, um als einziges persönliches Motiv für die Hinnahme der Verluste herangezogen zu werden.

Im Streitfall hat das FG diesen Umstand jedoch nicht als einziges persönliches Motiv, sondern nur neben einem weiteren persönlichen Motiv –der Beschäftigung des Ehegatten zur Verschaffung eines günstigen Krankenversicherungsschutzes– berücksichtigt. Dies ist nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht rechtsfehlerhaft

Kein Abzug nachträglicher Schuldzinsen nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von (nachträglichen) Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG ist nicht anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

BFH Urteil vom 21.1.2014, IX R 37/12

Begründung (BFH):

Im Urteil vom 21. Januar 2014 IX R 37/12 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zur Frage des Abzugs nachträglicher Schuldzinsen nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht geäußert.

Der Kläger erwarb 1999 ein u.a. mit einer Gaststätte und mit sieben Ferienwohnungen bebautes Grundstück, aus dem er in den Streitjahren 2003 bis 2006 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Wegen mangelnder Rentabilität des Gesamtobjektes versuchte der Kläger –parallel zu seinen Vermietungsbemühungen– ab Mai 2003, das Objekt zu veräußern, was letztlich 2008 gelang. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht mit Blick auf die seit 2003 unternommenen Verkaufsbemühungen aufgegeben habe und berücksichtigte dementsprechend die vom Kläger in den Streitjahren ermittelten Einkünfte aus der Immobilie nicht. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in diesem Punkt teilweise statt. Es ging zwar auch davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht schon 2003 aufgegeben habe; unbeschadet dessen seien die in den Streitjahren vom Kläger gezahlten „nachträglichen Schuldzinsen“ aber nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, BStBl II 2013, 275) als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das FG zurück. Dabei hob er hervor, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von sog. „nachträglichen Schuldzinsen“ mit früheren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht anzunehmen sei, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.