Feststellung der Wertlosigkeit eines Anteils

Haben die Parteien eines Anteilsübertragungsvertrags eine Veräußerung vereinbart und die Gegenleistung im Vertrag mit 0 EUR festgelegt, so ergibt sich daraus, dass sie aus ihrer Sicht, d.h. subjektiv, übereinstimmend dem übertragenen Geschäftsanteil keinen Wert beigemessen haben.

Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beteiligten diese Vereinbarung nur zum Schein geschlossen haben, besteht für die davon abweichende Annahme einer subjektiven Bewertung mit einem höheren Wert als 0 EUR ungeachtet der persönlichen Motive für die Übertragung und die Übernahme des Übertragungsgegenstands durch den Erwerber kein Raum.

BFH Urteil vom 03.08.2016 – IX R 23/15 BFHNV 2017 S. 289

Begründung:

Veräußerung ist die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt. Der Erwerber muss grundsätzlich eine Gegenleistung erbringen. Eine Veräußerung kann allerdings auch vorliegen, wenn ein Entgelt nicht oder lediglich in symbolischer Höhe von z.B. 1 EUR vereinbart und geleistet wird. Das ist der Fall, wenn der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist.
Ob in einem solchen Fall eine Veräußerung (ohne Entgelt) oder eine Schenkung (ohne Bereicherung) vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände sowie dem Willen und den Vorstellungen der Parteien.

Bei der Übertragung eines wertlosen GmbH-Anteils ohne Entgelt zwischen fremden Dritten ist in der Regel eine Veräußerung anzunehmen. Diese Vermutung hat jedoch keine Grundlage für Verträge zwischen einander nahe stehenden Personen, denn bei ihnen kann nicht unterstellt werden, dass sie Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt haben.

Haben einander nahe stehende Personen für die Übertragung eines Anteils keinen oder lediglich einen symbolischen Kaufpreis vereinbart, kann eine Veräußerung (ohne Gegenleistung) nur angenommen werden, wenn feststeht, dass der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist. Dies erfordert im Regelfall eine Bewertung des Anteils.

Das FG hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, die übertragenen Anteile seien jedenfalls subjektiv –in den Augen der Vertragsparteien– nicht wertlos gewesen. Auf ihren objektiven Wert komme es deshalb nicht an. Der Kläger habe selbst dargelegt, dass in Zukunft aus der Veräußerung von Fondsimmobilien entnahmefähige Gewinne zu erwarten seien. Zwar habe diese noch ungesicherte Erwartung möglicherweise keine Grundlage für die Vereinbarung eines über 0 EUR hinausgehenden Kaufpreises dargestellt. Allein aus dem Umstand, dass die Erwerber die Anteile übernommen hätten, lasse sich jedoch ersehen, dass sie sie nicht für wertlos gehalten hätten. Der Kläger habe außerdem nach eigenem Bekunden mit der Übertragung des Geschäftsanteils auf seine Geschwister eine in dem vorangegangenen Vermächtnis liegende Bevorzugung seiner Person rückgängig machen wollen. Darin komme zum Ausdruck, dass auch der Kläger dem Anteil einen Wert (Vorzug) beigemessen habe. Derart subjektive Wertvorstellungen entzögen sich einer konkreten Bezifferung. Sie ließen sich auch nicht auf einen bestimmten Stichtag beziehen. Einer konkreten Bewertung bedürfe es aber auch nicht. Ob die übertragenen Geschäftsanteile, wie vom Kläger dargelegt und vom FA nicht bestritten, objektiv wertlos gewesen seien, könne nach allem dahinstehen.

Diese Würdigung des FG ist nicht möglich. Sie widerspricht dem eindeutigen Inhalt der notariellen Übertragungsverträge, in denen für die Übertragung der Geschäftsanteile jeweils eine Gegenleistung von 0 EUR vereinbart worden ist. Darin kommt in nicht weiter auslegungsfähiger Weise zum Ausdruck, dass die Parteien der Übertragungsverträge dem Übertragungsgegenstand aus ihrer Sicht (subjektiv) übereinstimmend keinen Wert beigemessen haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten diese Vereinbarung nur zum Schein geschlossen haben, hat das FG nicht festgestellt. Jenseits dessen besteht aber für die davon abweichende Annahme einer subjektiven Bewertung mit einem höheren Wert als 0 EUR ungeachtet der persönlichen Motive für die Übertragung und die Übernahme des Übertragungsgegenstands durch den Erwerber kein Raum.