Werbungskostenabzug bei Ausbildung einer Flugbegleiterin zur Verkehrsflugzeugführerin

Weder die erstmalige Berufsausbildung i.S. des § 12 Nr. 5 EStG noch die i.S. des § 9 Abs. 6 EStG setzen ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz oder eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus (Fortführung der Senatsrechtsprechung, Urteil vom 27. Oktober 2011 VI R 52/10, BFHE 235, 444, BStBl II 2012, 825).

BFH Urteil vom 28.2.2013, VI R 6/12

Begründung:

Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Erzielt der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen, sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen; das kann grundsätzlich auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen der Fall sein.

§ 9 EStG vor der Fassung des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (–BeitrRLUmsG–) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) hatte keine Sonderregelung zu Berufsausbildungskosten enthalten. Deshalb blieb für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Werbungskosten entscheidend, ob die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit aufweisen.

§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Entsprechendes regelt § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG für Betriebsausgaben.

Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Denn Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung sind nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Dieser Einleitungssatz blieb auch durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz unverändert. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG steht deshalb dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nach wie vor nicht entgegen.

Im Streitfall ist der Werbungskostenabzug weder durch § 9 Abs. 6 EStG noch durch § 12 Nr. 5 EStG, jeweils i.d.F. des BeitrRLUmsG, ausgeschlossen. Denn zutreffend hat das FG insoweit entschieden, dass die mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz eingeführten Abzugsbeschränkungen dem Abzug nicht entgegenstehen, weil es sich bei der Ausbildung der Klägerin zur Verkehrsflugzeugführerin nicht um eine erstmalige Berufsausbildung i.S. der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG handelt. Zutreffend hat das FG deshalb weiter entschieden, dass die in der Höhe nicht streitigen Werbungskosten zu berücksichtigen sind und der bisher vom FA berücksichtigte Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 4.000 EUR ausscheiden.

Der erkennende Senat hatte mit Urteil in BFHE 235, 444, BStBl II 2012, 825, m.w.N. zu dem im Gesetz nicht näher beschriebenen steuerrechtlichen Begriff der Berufsausbildung entschieden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Berufsausbildung ist danach die Ausbildung zu einem künftigen Beruf. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Gegenbegriff zur Berufsausbildung ist die Allgemeinbildung, die keine notwendige Voraussetzung für eine geplante Berufsausübung darstellt. Deshalb liegt eine Berufsausbildung im Sinne des Steuerrechts nicht nur vor, wenn der Steuerpflichtige im dualen System oder innerbetrieblich Berufsbildungsmaßnahmen durchläuft. Es ist auch kein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz oder eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erforderlich. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Ausbildung den Steuerpflichtigen befähigt, aus der angestrebten Tätigkeit Einkünfte zu erzielen.