Verwendung von Fremdgeldern

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob von einem Rechtsanwalt im Mandantenauftrag vereinnahmte Fremdgelder im Fall der abredewidrigen Verwendung für eigene Zwecke die Einnahmen des Rechtsanwalts aus selbständiger Arbeit erhöhen.

BFH Beschluss vom 17.10.2012 – VIII S 16/12 BFHNV 2013 S. 32

Begründung:

Entgegen der Auffassung des Antragstellers war das bei ihm der Fall. Der Antragsteller kann sich zu seiner Verteidigung nicht mit Erfolg darauf berufen, das Geld stets als fremd verbucht zu haben und –nach seiner Entdeckung– auch zur Rückzahlung bereit gewesen zu sein. Denn der Antragsteller war unstreitig nicht berechtigt, von den für die PVS vereinnahmten Geldern  für eigene Zwecke Gebrauch zu machen.

Spätestens der tatsächliche Zugriff auf das fremde Geld indiziert die Aufgabe des Fremdbesitzwillens, durch den die Einnahme und Ausgabe eines durchlaufenden Postens miteinander verklammert sein müssen. Wer fremdes Geld für eigene Zwecke und deshalb auf eigene Rechnung verwendet, erweckt dem Zahlungsempfänger gegenüber den Eindruck, hierzu befugt zu sein und maßt sich den Eigenbesitz an dem fremden Geld an. Das schließt die Verwahrung für fremde Rechnung aus. Dem entsprechend hat bei der Einziehung fremder Gelder aufgrund einer Inkassovollmacht auf die abredewidrige Verwendung und nicht auf die verspätete oder unterbliebene Abrechnung des Geldes abgestellt. 

Da der Antragsteller die fremden Geldbeträge auf betrieblichen Kontokorrentkonten vereinnahmt hatte, ist der Nachweis, in welchem Zeitpunkt er welchen Zahlungseingang zu eigenen Zwecken verwendet hat, nicht zu führen. Dessen bedarf es aber auch nicht, da aufgrund der abschließenden Feststellungen kein Zweifel daran besteht, dass der Antragsteller im eigenen Interesse und in vollem Umfang auf das Geld zugegriffen hat.

Ob er dadurch zugleich den Tatbestand einer vollendeten Untreue (§ 266 des Strafgesetzbuchs) verwirklicht hat, was neben der Untreuehandlung einen Vermögensschaden, zumindest aber eine schadensgleiche Vermögensgefährdung voraussetzt, bedarf aus steuerlicher Sicht keiner Entscheidung. Für die Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG ist allein maßgebend, dass der Antragsteller das fremde Geld nicht bis zu dessen Abrechnung und Auszahlung durchgehend als fremd behandelt, sondern eigenmächtig darauf zugegriffen und das Geld ausgegeben hat, wozu er nicht berechtigt war.

Sofern der Antragsteller Fremdgeld auch zur Begleichung von Betriebsausgaben verwendet haben sollte, wäre allerdings eine Entnahme nicht gegeben mit der Folge, dass beim Wegfall der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG anstelle des dann nicht mehr zu berücksichtigenden durchlaufenden Postens steuerpflichtige Betriebseinnahmen anzusetzen wären. Zweifel bestehen aber daran, ob der Antragsteller Fremdgelder wirklich zur Begleichung von Betriebsausgaben verwendet hat. Dagegen sprechen die vom Antragsteller in den Streitjahren vorgelegten Gewinnermittlungen, nach denen er stets einen Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben erzielt hat. Bei dieser globalen Betrachtung, die hier möglicherweise an die Stelle einer detaillierteren, den einzelnen Zahlungsfluss betrachtenden, aber wohl kaum realisierbaren Sachaufklärung treten muss, waren die laufenden Betriebsausgaben in allen Jahren durch Betriebseinnahmen in voller Höhe gedeckt. Hingegen erscheinen die vom Antragsteller ausgewiesenen Gewinne häufig nicht ausreichend zur Begleichung der Kosten der Lebensführung. Dies könnte für die Annahme sprechen, dass der Antragsteller die entnommenen Fremdgelder in voller Höhe für die Bestreitung der Kosten der Lebenshaltung verwendet hat.