. Keine Steuerbefreiung für Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten

Die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten sind aufgrund der am 6. Mai 2006 in Kraft getretenen Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerpflichtig .

Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" von der Steuerbefreiung ausgenommen sind, verstößt weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz .

BFH Urteil vom 10.11.2010, XI R 79/07

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 10. November 2010 XI R 79/07 entschieden, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei sind und dass diese Vorschrift weder gegen Unionsrecht noch gegen das Grundgesetz verstößt.

Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der ab dem 6. Mai 2006 geltenden Neufassung sind steuerfrei "die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird."

Der BFH hatte im vorliegenden Revisionsverfahren, das Umsätze einer GmbH aus dem Betrieb von Geldspielautomaten in einer Spielhalle betrifft, Zweifel, ob diese Regelung mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Einklang steht. Er hatte deshalb das Revisionsverfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angefragt, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen ist, dass den Mitgliedstaaten eine Regelung gestattet ist, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" von der Steuerbefreiung ausgenommen sind?“ (vgl. Beschluss vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07 und die dazu ergangene Pressemitteilung Nr. 16/2009 vom 18. Februar 2009). Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 10. Juni 2010 C 58/09 bejaht.

Die Revisionsklägerin war der Auffassung, unabhängig von der vom EuGH beantworteten Vorlagefrage verstoße eine Festsetzung von Steuer auf Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen sowohl gegen europäisches Recht als auch gegen deutsches Verfassungsrecht. Der BFH folgte dem nicht. Er trat insbesondere der Ansicht der Revisionsklägerin entgegen, die Umsatzsteuerfestsetzung sei rechtswidrig, weil gewerbliche Betreiber von Geldspielautomaten die Umsatzsteuer nicht auf die Endverbraucher (Spieler) abwälzen könnten. Er verneinte auch einen Verstoß gegen den mehrwertsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatz sowie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes), den die Revisionsklägerin wegen der Behandlung der Umsätze von öffentlichen Spielbanken aus dem Betrieb von Geldspielautomaten geltend gemacht hatte.

 

 

EuGH-Vorlage zur Umsatzsteuerpflicht von sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz

Ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG dahin auszulegen, dass den Mitgliedstaaten eine Regelung gestattet ist, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche “sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz” von der Steuerbefreiung ausgenommen sind?

BFH Beschluss vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07

Erläuterung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07 dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWStSystRL) vereinbar ist, dass nach deutschem Recht nur bestimmte Wetten und Lotterien von der Umsatzsteuer befreit und sämtliche “sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz” von der Steuerbefreiung ausgenommen sind.
Die Mitgliedstaaten sind nach dem Gemeinschaftsrecht gehalten, Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Umsatzsteuer zu befreien. Sie können jedoch Bedingungen und Beschränkungen für die Steuerbefreiung festlegen. Nach dem vom deutschen Gesetzgeber mit Wirkung vom 6. Mai 2006 neu geregelten § 4 Nr. 9 Buchst b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sind nur bestimmte unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallende Umsätze (Rennwetten und öffentlich veranstaltete Lotterien, Ausspielungen und Oddset-Wetten) von der Umsatzsteuer befreit. Die Mehrzahl der Glücksspiele einschließlich der im vorliegenden Streitfall zu beurteilenden Spiele an Geldspielautomaten ist danach umsatzsteuerpflichtig. Deshalb war bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG umstritten, ob dies mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts im Einklang steht.
Im Gegensatz zur Vorinstanz hat der BFH Zweifel, ob der deutsche Gesetzgeber den ihm durch das Gemeinschaftsrecht eingeräumten Spielraum bei der Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst b UStG eingehalten hat.