Zuordnungsentscheidung beim Vorsteuerabzug eines gemischt genutzten Gebäudes

Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt,

  • dass Objekt für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen das gemischt genutzte Gebäude und nicht das darin enthaltene einzelne Appartement ist,
  • dass eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen nicht entsprechend einer früheren Verwaltungsregelung fingiert werden kann, und
  • dass der Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung (31. Mai des Folgejahres) nach dem BFH-Urteil nicht “gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung” verstößt.

BFH Beschluss vom 25.02.2014 – VB 75/13 BFHNV 2014 S. 914

Begründung:

Ist ein Gegenstand,nwie im Streitfall nach den den Senat bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ein ehemaliges Einfamilienhaus, das im Streitjahr 2008 zu einem Haus mit mehreren, teilweise selbstgenutzten, teilweise zur Vermietung bestimmten Appartements umgebaut wurde, sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet.

Insoweit hat der Unternehmer nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem-geschätzten unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

Zuordnungsgegenstand sind nicht die einzelnen Appartements, sondern das gesamte, gemischt genutzte Gebäude. Nach der Würdigung des FG können die Appartements innerhalb eines einheitlichen Wohngebäudes auch nicht mit einem Anbau verglichen werden, der zu dem übrigen Gebäude abgrenzbar ist und mit dem kein einheitlicher Funktions- und Nutzungszusammenhang besteht.

Geklärt ist zudem, dass auch dann, wenn ein Wohnungsteil nicht privat genutzt werden kann, es dem Unternehmer gleichwohl freisteht, diesen unternehmerischen Teil als Privatvermögen zu behandeln, sodass eine Zuordnungsentscheidung nicht entbehrlich ist.

Weiterhin ist bereits geklärt, dass eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht entsprechend der früheren Verwaltungsanweisung in Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 bei unternehmerischer Nutzung unterstellt werden kann. Für eine derartige Zuordnungsfiktion fehlt nicht nur eine gesetzliche Grundlage, sie widerspricht auch der ständigen BFH-Rechtsprechung, wonach bei fehlenden Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen diese Zuordnung nicht unterstellt werden kann.

Der BFH hat auch bereits entschieden, dass diese –im Übrigen bereits mit Erlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30. März 2004 (BStBl I 2004, 451) und damit vor dem Streitjahr 2008 längst aufgehobene– Regelung als norminterpretierende Verwaltungsregelung von den Gerichten bei der Steuerfestsetzung nicht wegen des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung zu beachten ist. Dasselbe gilt auch für den Zeitpunkt der “zeitnah” zu treffenden Zuordnungsentscheidung, den der BFH durch Bezugnahme auf den Ablauf des 31. Mai des Folgejahres konkretisiert hat.  Es ist jedoch geklärt, dass Verwaltungserlasse die Gerichte im Festsetzungsverfahren nicht binden

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutztem Dachgeschossausbau

Für die Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG sind Ausbauflächen eines Dachgeschosses als eigenständiges Aufteilungsobjekt anzusehen, wenn die Ausbauflächen eigenständig genutzt werden.

Erfolgt die Verwendung der Dachgeschossflächen demgegenüber nur im Zusammenhang mit den Altflächen, kommt es für die Vorsteueraufteilung aus den Ausbaukosten auf die hinsichtlich des gesamten Gebäudes bestehende Verwendung (Verwendungsabsicht) an.

BFH Urteil vom 25. März 2009 V R 9/08

Begründung:

Bei Baumaßnahmen ist zwischen der Herstellung eines neuen Gebäudes und anschaffungsnahem Aufwand einerseits und Erhaltungsaufwendungen andererseits zu differenzieren. Bei Herstellungskosten und anschaffungsnahem Aufwand ist für den Vorsteuerabzug unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 4 UStG auf die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes abzustellen. Für den Vorsteuerabzug aus Erhaltungsaufwendungen kommt es demgegenüber darauf an, wie der Gebäudeteil genutzt wird, für den die Erhaltungsaufwendungen entstehen. Nur wenn Erhaltungsaufwand wie z.B. bei einer Dachreparatur dem gesamten Gebäude zuzurechnen ist, richtet sich der Vorsteuerabzug nach der Verwendung des gesamten Gebäudes.

 Die im Streitfall zu beurteilenden Vorsteuerbeträge betreffen den Ausbau eines Dachgeschosses an einem bereits bestehenden Gebäude. Ausbauflächen eines Dachgeschosses sind für die Aufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG nur dann als eigenständiges Aufteilungsobjekt anzusehen, wenn sie eigenständig genutzt werden.

Eine eigenständige Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG setzt aber voraus, dass der Unternehmer das Objekt auch eigenständig nutzt. Führen demgegenüber nachträgliche Herstellungskosten zur Erweiterung eines Gebäudebereichs, dessen Nutzung ausschließlich im Zusammenhang mit dem erweiterten Gebäude, den "Altflächen", erfolgt, ist es für die Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG sachgerecht, auf die Verwendung des gesamten Gebäudes abzustellen. Denn in diesem Fall würde eine isolierte umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Verwendungsverhältnisse der "Erweiterung" die zwischen den Ausbau- und den Altflächen bestehenden Zusammenhänge unberücksichtigt lassen und damit zu einer den tatsächlichen Verwendungsverhältnissen nicht entsprechenden und somit nicht sachgerechten Vorsteueraufteilung führen.

Das Gericht hat zu berücksichtigt, dass sich die Nutzung der Dachgeschossflächen für die steuerfreie Praxistätigkeit aufgrund der infolge der Ausbaumaßnahme zu erwartenden Erhöhung der steuerfreien Praxisumsätze auf den Umsatzschlüssel auswirken und damit zu einer Verminderung des steuerpflichtigen Umsatzanteils führen dürfte, falls nicht auch andere Umstände zu einer Erhöhung des steuerpflichtigen Umsatzanteils führen. Da es für den Vorsteuerabzug nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des BFH auf die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs bestehenden Verwendungsabsichten ankommt, ist für den Vorsteuerabzug und die Vorsteueraufteilung aus den Ausbaukosten auf den Umsatzschlüssel im Jahr des Ausbaus, sondern auf den sich aufgrund der Ausbaumaßnahmen ergebenden, neuen Umsatzschlüssel abzustellen.

Entgegen der vom Finanzamt vertretenen Auffassung steht der Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel nicht entgegen, dass im Streitjahr der Ausbau noch nicht verwendet worden ist. Der Flächenschlüssel ist auch dann nicht als einzig sachgerechter Aufteilungsmaßstab anzusehen, wenn im Zeitpunkt des Leistungsbezugs mit dem betreffenden Gebäude(teil) noch keine Umsätze ausgeführt worden sind.

Aufteilung der Anschaffungskosten bei gemischt genutztem Grundstück

Nimmt der Steuerpflichtige Darlehen zur Finanzierung je unterschiedlicher Grundstücksteile auf, die eigenständige Wirtschaftsgüter bilden, scheitert der Zuordnungszusammenhang zu einzelnen Grundstücksteilen aber, weil die Valuten sämtlicher Darlehen auf ein Girokonto fließen, von dem dann der Steuerpflichtige den gesamten Kaufpreis an den Verkäufer überweist, so sind die entstandenen Schuldzinsen grundsätzlich nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen aufzuteilen.

Dies gilt nicht, wenn die Parteien des Kaufvertrags den Kaufpreis in anderer Weise auf die erworbenen Wirtschaftsgüter aufgeteilt haben und dieser Maßstab auch steuerrechtlich bindend. In diesem Fall ist der Kaufpreis nach dem Verhältnis des auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Kaufpreises zum Gesamtkaufpreis aufzuteilen und die entstandenen Schuldzinsen in Höhe des hiernach auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Anteils abzuziehen.

Ausnahme hiervon stellen Vereinbarungen zum Schein oder missbräuchliche Gestaltungen dar.

BFH Urteil vom 1. April 2009 IX R 35/08

 

Vorsteuerabzung eines Arztes bei einem gemischt genutzten Gebäude

Ein Unternehmer, der ein gemischtgenutztes Gebäude zum Teil für steuerfreie Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt und zum Teil für private Wohnzwecke verwendet, hat auch für die Zeit ab dem 1. April 1999 keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Gebäudes (vgl. für die Zeit bis zum 1. April 1999 BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008 XI R 58/07).

BFH Urteil vom 11. März 2009 XI R 69/07

Erläuterungen:

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11. März 2009 XI R 69/07 entschieden, dass ein Unternehmer, der ein gemischt genutztes Gebäude zum Teil für steuerfreie Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt und zum Teil für private Wohnzwecke verwendet, auch für die Zeit seit dem 1. April 1999 keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Gebäudes hat.

Zu der bis zum 31. März 1999 geltenden Rechtslage hatte der BFH dies bereits in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 8. Oktober 2008 XI R 58/07 entschieden (Pressemitteilung 12/2009).

Beide Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass das Gebäude für steuerfreie Umsätze verwendet wird. Sie unterscheiden sich von Fallgestaltungen, in denen die unternehmerische Nutzung zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen führt. Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Urteil vom 8. Mai 2003 C-269/00 ("Seeling") entschieden, dass die beim Erwerb gemischt unternehmerisch und nichtunternehmerisch genutzter Gegenstände geschuldete Umsatzsteuer grundsätzlich vollständig und sofort als Vorsteuer abziehbar ist, wenn sich der Steuerpflichtige dafür entscheidet, diese Gegenstände seinem Unternehmen zuzuordnen.

 

Abzug von Schuldzinsen bei gemischter Nutzung von Gebäuden

Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Entscheidungen den Grundsatz aufgestellt, dass bei einem Steuerpflichtigen, der ein teilweise vermietetes und teilweise selbst genutztes Gebäude mit eigen und fremden Mitteln finanziert hat, die Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann, soweit er die Darlehensmittel tatsächlich zur Finanzierung der Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten des vermieteten Gebäudes verwendet hat.

Der BFH hat in einem Urteil vom 01.03.2005, Aktenzeichen IX R 58/03, entschieden, dass Darlehenszinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten berücksichtigt werden können, wenn der Steuerpflichtige die gesondert ausgewiesenen Anschaffungskosten eines der Einkunftserzielung dienenden Gebäudeteiles tatsächlich mit Darlehensmitteln gezahlt hat.

Hat der Steuerpflichtige ein höheres Darlehen aufgenommen, welches die teilweisen Anschaffungskosten übersteigt, sind die Werbungskosten abziehbar, soweit der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten des betreffenden Gebäudes aus dem Darlehensmitteln beglichen hat.

In dem vorliegenden Fall hat ein Steuerpflichtiger ein Wohn- und Geschäftsgebäude mit einem Kaufpreis von 449.000,00 DM erworben. In dem notariellen Kaufvertrag wurden 179.600,00 DM dem gewerblichen Bereich und 269.400 DM dem privaten Bereich zugeordnet. Der Steuerpflichtige hat dann drei Darlehen aufgenommen, eins über 206.000,00 DM, eins über 200.000,00 DM und eins über 43.000,00 DM. Die letzten beiden Darlehen hat er ausschließlich dem privaten Bereich zugeordnet, das erste Darlehen, dem Geschäftsbereich. Die in dem Zusammenhang angefallenen Zinsen wurden dem Geschäftsbereich voll zugerechnet. Die Finanzverwaltung wollte hingegen nur 40 % der Darlehenszinsen zulassen. Der Bundesfinanzhof folgte aber der Auffassung des Steuerpflichtigen.

Maßgebend für den Bundesfinanzhof war die Aufteilung der Darlehen und die Zuordnung der einzelnen Darlehen zu den einzelnen Gebäudeteilen, somit wäre ein notwendiger wirtschaftlicher Zusammenhang des gewerblich genutzten Teils gegeben.

Sonderfall:

Die Zinsen für ein Darlehen stehen nicht in dem notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem vermieteten Teil eines gemischt genutzten Gebäudes, wenn dessen gesamte Anschaffungskosten einheitlich über ein Zwischenfinanzierungskonto beglichen und das Darlehen dazu verwendet wird, die Zwischen- Kredite zurückzuführen. In diesem Fall ist keine direkte Zuordnung vorgenommen, somit kann in diesem Fall kann eine Aufteilung nach Prozenten vorgenommen werden, siehe BFH Urteil vom 23.11.2004, IX R 2/04, BFH-NV 2005 Seite 694.

Zuordnung von Finanzierungen in einem gemischt genutzten Gebäude

Finanziert der Steuerpflichtige die Anschaffung eines Gebäudes, das nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der (nichtsteuerbaren) Selbstnutzung dient, mit Eigenmitteln und Darlehen, kann er die Darlehenszinsen insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, als er das Darlehen tatsächlich zur Anschaffung des der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteils verwendet (Anschluss an BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; gegen BMF-Schreiben vom 10. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1130).

Der Werbungskostenabzug setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten im Rahmen seiner Finanzierungsentscheidung dem ein eigenständiges Wirtschaftsgut bildenden Gebäudeteil gesondert zuordnet und die so zugeordneten Anschaffungskosten mit Geldbeträgen aus dem dafür aufgenommenen Darlehen zahlt.
(BFH Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 65/00).