Verbindung einzelner Maschinen zu einer Gesamtanlage “Fertigungsstraße” als Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang

Verbindung einzelner Maschinen zu einer Gesamtanlage "Fertigungsstraße" als Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang

BFH Urteil vom 19.4.2012, III R 34/11

Begründung:

Anschaffen bedeutet dabei den Erwerb eines bestehenden Wirtschaftsguts, eines bereits vorhandenen Wertes; entsprechend besteht das Herstellen im Schaffen oder Schaffenlassen eines noch nicht existierenden Wirtschaftsguts. Im Unterschied zur Anschaffung liegt (bilanz- und bilanzsteuerrechtlich) eine Herstellung immer dann vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut auf eigene Rechnung und Gefahr herstellt oder herstellen lässt und das Herstellungsgeschehen beherrscht.

Werden –wie im Streitfall– Maschinen einzeln von verschiedenen Herstellern erworben und sodann in der Folge durch den Erwerber –bzw. in seinem Auftrag durch einen Dritten– zu einer Gesamtanlage verbunden, kommt es für die Frage, ob eine Anschaffung der einzelnen Maschinen oder ein Herstellen der kompletten Anlage als einheitliches (übergeordnetes) Wirtschaftsgut vorliegt, entscheidend darauf an, ob die einzelnen Maschinen trotz ihrer Verbindung weiterhin selbständig bewertbar sind, d.h. ob sie nach der Verkehrsanschauung in ihrer Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar sind.

Beim Verbinden einzelner Wirtschaftsgüter ist demzufolge von der Anschaffung einzelner und nicht von einer Herstellung eines Wirtschaftsguts auszugehen, wenn alle oder einzelne Teile auch ohne die Verbindung im Betrieb sinnvoll und zweckbestimmungsgemäß einsetzbar wären und die Verbindung nur vorübergehend und nicht von entscheidender Bedeutung für die Funktion der einzelnen Teile ist. Eine Herstellung liegt dagegen vor, wenn die Anschaffung dieser Teile oder Materialien nur mit der Zweckbestimmung erfolgt, erst in der Verbindung dieser Teile das für den Betrieb bestimmte Wirtschaftsgut entstehen zu lassen.

Die Verkehrsanschauung wird dabei durch mehrere Kriterien bestimmt. Neben dem Zweck, den zwei oder mehrere bewegliche Sachen gemeinsam zu erfüllen haben, sind vor allem von Bedeutung: die Festigkeit einer etwaigen Verbindung (§ 93 des Bürgerlichen Gesetzbuches), der Zeitraum, auf den eine solche Verbindung oder die gemeinsame Nutzung angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild. Ist Letzteres dadurch bestimmt, dass die Gegenstände für sich allein betrachtet unvollständig erscheinen oder dass gar ein Gegenstand ohne den/die anderen ein negatives Gepräge hat, ist regelmäßig von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen.

Im Streitfall ist die Würdigung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die begünstigte Investition nicht die jeweilige Fertigungsstraße als einheitliches Wirtschaftsgut ist, sondern die einzelnen Maschinen, aus denen sich eine Fertigungsstraße zusammensetzt, begünstigt sind. Dabei hat das FG im Sinne der Rechtsprechung maßgeblich auf die fortbestehende Eigenständigkeit einer jeden Maschine –sowohl was ihre Funktion im Rahmen des Fertigungsprozesses als auch was das äußere Erscheinungsbild einer Fertigungsstraße anbelangt– abgestellt und auch die Verbindung der verschiedenen Maschinen im Zuge der Verkettung nicht als unüberwindliches Hindernis angesehen.