Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung eines vermieteten Bürogebäudekomplexes durch einen Bauträger

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zu einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer ein Vermietungsunternehmen übernimmt.

Das ist auch dann der Fall, wenn der Veräußerer ein Bauträger ist, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert hat, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliegt, das vom Erwerber fortgeführt wird.

 BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.8.2015, XI R 16/14Sachverhalt:

Sachverhalt

Die Veräußerin hatte das Objekt 2001 erworben sowie in den Jahren 2001 und 2002 erweitert und saniert. Die Baumaßnahmen waren mit Ausnahme der Innenausbauten im Februar 2002 fertiggestellt. Die Vermietung erfolgte ab Februar 2003. Ende 2003 waren 52 % der Gesamtnutzfläche vermietet. Im Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme mit der Klägerin im Oktober 2005 hatte die Veräußerin bereits 80 % der Gesamtflächen vermietet; beim Verkauf des Objekts im Januar 2006 waren es 90 %. Die bestehenden Mietverhältnisse wurden von der Klägerin fortgeführt.

Begründung:

Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht der Umsatzsteuer. § 1 Abs. 1a UStG setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Die Vorschrift bezweckt, die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen, und erfasst dementsprechend die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben; nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit.

Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat zu Recht entschieden, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG erfüllt waren.

Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung eines vermieteten Bürogebäudekomplexes durch einen Bauträger

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zu einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer ein Vermietungsunternehmen übernimmt.

Das ist auch dann der Fall, wenn der Veräußerer ein Bauträger ist, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert hat, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliegt, das vom Erwerber fortgeführt wird.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.8.2015, XI R 16/14

Sachverhalt:

Die Gesellschaft erwarb mit notariellem Vertrag vom 16. Januar 2006 (Grundstückskaufvertrag) im Inland einen Bürogebäudekomplex. Voreigentümerin und Veräußerin des Objekts war die “Gesellschaft bürgerlichen Rechts X” (Veräußerin), deren Gesellschafter die “A-GmbH” (Beigeladene zu 1.), sowie die “B-AG” (Beigeladene zu 2.) waren. Die Veräußerin war eine sog. Objektgesellschaft; ihr Zweck war der Erwerb, die Sanierung, die langfristige Vermietung und der Verkauf des Objekts – ihr einziger in ihrer Bilanz als Vorratsvermögen ausgewiesener Vermögensgegenstand.

Begründung:

.Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht der Umsatzsteuer. § 1 Abs. 1a UStG setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Für die Feststellung, ob ein Geschäft unter den Begriff der Übertragung eines Gesamtvermögens i.S. von Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG fällt, muss eine Gesamtwürdigung der für das betreffende Geschäft kennzeichnenden tatsächlichen Umstände vorgenommen werden. Dabei ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung zuzumessen.

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt dann zur Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG, wenn durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Mietvertrag ein Vermietungsunternehmen übernommen wird. Es liegt aber keine Geschäftsveräußerung im Ganzen in diesem Sinne vor, wenn –was Bauträger betrifft– die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter/Pächter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung ertragssteigernd veräußern zu können.

Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat zu Recht entschieden, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG erfüllt waren.

Gegenstand der Übertragung war nach den unwidersprochenen Feststellungen des FG ein im Zeitpunkt der Veräußerung im Januar 2006 bereits seit zwei bis drei Jahren langfristig vermieteter Bürogebäudekomplex. Das FG hat hierzu ferner bindend i.S. von § 118 Abs. 2 FGO festgestellt, dass die Klägerin alle bestehenden Mietverhältnisse, wie von ihr beabsichtigt, fortgeführt hat.

Geschäftsveräußerung im Ganzen durch Fortführung des Unternehmens

Geschäftsveräußerung gem. § 1 Abs. 1a UStG bei Veräußerung verpachteter Immobilien unter Fortführung des Pachtvertrags

FG Cottbus Urteil vom 19.09.2006 vom 1 K 1998/02

Begründung:

Die Umsätze im Rahmen einer (Teil-)Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 a Satz 1 Umsatzsteuergesetz – UStG – 1993 (ab 1. April 1994) nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt nach § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.

Die Klägerin hat vorliegend im Ergebnis die Verpachtungstätigkeit des Veräußerers zumindest ohne nennenswerte zeitliche Unterbrechung fortgesetzt. Bereits mit Vertrag vom 30.10.1999 – und damit einen Tag vor Übergang der Nutzen und Lasten – haben die Klägerin und Frau A… einen Pachtvertrag geschlossen. Das veräußerte und das nunmehr betriebene Gewerbe erscheinen letztlich identisch. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass eine längere Pause bei dem Betrieb der “Diskothek” eingetreten wäre, denn nach den beigezogenen Akten ist bis Ende Oktober, mindestens aber bis Ende August die “Diskothek” von einer anderen Nutzerin aufgrund eines vorhergehenden Pachtverhältnisses betrieben worden. Investitionen, die in der Zwischenzeit getätigt worden sein könnten, sind weder behauptet noch aus den beigezogenen Akten ersichtlich.

Für unbeachtlich hält der Senat, dass der – neue – Pachtvertrag erst zeitlich nach dem schuldrechtlichen Kaufvertrag geschlossen worden ist (zur nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung bei Veräußerung verpachteter Immobilien unter Fortführung des Pachtvertrages vergleiche BFH Beschluss vom 1.4.2004 V B 112/03, BFH/NV 2004, 1198 und Urteil vom 18.1.2005 V R 53/02, BFHE 208,491). Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist entscheidend, dass die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen, und dass der Übernehmer diese Tätigkeit ausübt. Mit dem Erwerb des Grundstücks und der Vertragsgestaltung der unmittelbar anschließenden Verpachtung hat die Klägerin nahtlos die Verpachtungstätigkeit übernommen. Davon geht der Senat auch für den Fall aus, dass die vorhergehende Pächterin entgegen der Angaben in den Verwaltungsakten sowie in der Gewerbeabmeldung das Pachtverhältnis bereits Ende August beendet haben sollte. In diesem Falle wäre die Geschäftstätigkeit nur wenige Wochen unterbrochen gewesen. Dies hält der Senat aufgrund der identischen Geschäftstätigkeit vom Veräußerer und Übernehmer für irrelevant.

Für die Übernahme des Unternehmens des Veräußerers spricht schließlich auch, dass die Klägerin selbst vorgetragen hat, dass der Umsatz des übernommenen Unternehmens katastrophal eingebrochen sei und deshalb die Pachtzahlungen nicht hätten erfolgen können. Gerade dieser Vortrag zeigt, dass ein laufender Diskothek-Betrieb übernommen wurde und nicht nur eine leer stehende Immobilie. Anders als der dem Urteil des BFH V R 53/02 zu Grunde liegende Sachverhalt war damit die Verpachtung des veräußerten Grundstücks gerade nicht endgültig eingestellt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen.

Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Veräußerung von Teilen des Inventars einer Gaststätte

Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen liegen nicht vor, wenn der (bisherige) Pächter einer Gaststätte lediglich ihm gehörende Teile des Inventars einer Gaststätte –hier Kücheneinrichtung nebst Geschirr und Küchenartikeln– veräußert und der Erwerber den Gaststättenbetrieb sowie das übrige Inventar durch einen weiteren Vertrag von einem Dritten pachtet.

BFH  Urteil vom 4.2.2015, XI R 42/13

Begründung:

Das FG hat im Streitfall unzutreffend angenommen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Inventars von A ausscheide, weil eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege und deshalb für diesen Umsatz von A keine Steuer gesetzlich geschuldet werde.

Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Annahme einer Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob beim Veräußerer eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag, sondern vielmehr darauf, ob ein Teilvermögen übertragen wird, das vom Erwerber als selbständiges Unternehmen fortgeführt werden kann; die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind damit unmaßgeblich.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG unzutreffend angenommen, die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen lägen vor, weil es dabei zu Unrecht auch die Verpachtung der Räume einschließlich des Inventars von der Schützenbruderschaft in seine Betrachtung mit einbezogen hat.

Die Klägerin hat mit der Anschaffung der Kücheneinrichtung nebst Geschirr und sonstigen Küchenartikeln von A keinen selbständigen Unternehmensteil erworben, der sie in die Lage versetzt hätte, die Gaststätte zu betreiben. Eine Kücheneinrichtung, Geschirr und diverse Küchenartikel sind kein abgespaltener, selbständiger Teil des Unternehmens des A. Es wurden nur einzelne zum Betrieb einer Gaststätte notwendige Gegenstände von A an die Klägerin veräußert. Davon sind auch die Vertragsparteien ausgegangen. Zum Betrieb der Gaststätte durch die Klägerin war vielmehr noch der Abschluss des Pachtvertrages mit der Schützenbruderschaft erforderlich, der neben der Überlassung der Räume für die Gaststätte auch die pachtweise Überlassung wesentlichen Inventars an die Klägerin vorsah. Das hat das FG festgestellt, indem es ausgeführt hat, bei der übertragenen Geschäftsausstattung habe es sich zwar um eine für die Fortführung des Betriebs wesentliche Sachgesamtheit gehandelt, der Erwerber habe jedoch die weiteren, zum Betrieb erforderlichen Gegenstände einschließlich der Räume von einem Dritten angepachtet.

Die Vereinbarungen dieses Pachtvertrages durfte das FG aber nicht mit der Veräußerung des Inventars durch A in einen Vorgang zusammenfassen.

Veräußerung eines Erbbaurechts mit aufstehendem, verpachtetem Rehabilitationszentrum als nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung

Die Veräußerung eines Erbbaurechts mit aufstehendem, verpachteten Rehabilitationszentrum unter Fortführung des Pachtvertrags durch den Erwerber stellt eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung im Ganzen dar.   

Es kommt für die Annahme eines "in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführte[n] Betrieb[s]" i.S. des § 1 Abs. 1a UStG bei richtlinienkonformer Auslegung nicht darauf an, ob bei dem Veräußerer für das übertragene Erbbaurecht mit verpachtetem Gebäude vor der Veräußerung eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag.   

Entgegen Abschn. 1.5. Abs. 6 Satz 2 UStAE ist dabei auch nicht maßgeblich, ob "der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet hat, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist".   

BFH Urteil vom 19.12.2012, XI R 38/10

Begründung:

Eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG löst allerdings keine Vorsteuerberichtigung aus, weil gemäß § 15a Abs. 6a Satz 1 UStG der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen wird. Vielmehr führt der Erwerber den bisherigen Berichtigungszeitraum fort.

Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Die Vorschrift setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG). Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen.

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Bei Grundstücksgeschäften führt die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks zu einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG, da durch den mit Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Miet- oder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. So hat der BFH es als nicht ernstlich zweifelhaft beurteilt, dass die Übertragung von vier verpachteten/vermieteten Ladenlokalen –die nur ein Teil eines größeren Grundbesitzes waren– unter Fortführung der Pacht-/Mietverträge durch den Erwerber eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG darstellt.

Entsprechendes gilt, wenn ein verpachtetes oder vermietetes Grundstück nicht übertragen wird, sondern (lediglich) das Erbbaurecht an diesem Grundstück übergeht.

 

Voraussetzungen für eine nicht umsatzsteuerbare Veräußerung eines Teilvermögens

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG setzt keine Beendigung der unternehmerischen Betätigung des Veräußerers voraus. 

BFH Urteil vom 29.8.2012, XI R 10/12

Begründung:

Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (BFH-Urteil in BFHE 235, 571, BFH/NV 2012, 677), und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist nicht erforderlich. Der Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit steht es nicht entgegen, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert

 

Im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung

Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG zählen alle in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen.

Das in einem Unternehmenskaufvertrag betreffend einen ambulanten Pflegedienst vereinbarte Wettbewerbsverbot kann als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nicht steuerbar sein.

BFH Urteil vom 29.8.2012, XI R 1/11

Begründung:

Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) muss, damit eine Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils i.S. von Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG festgestellt werden kann, die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile hinreichen, um die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Dies ist vorliegend der Fall.

Soweit das FA vorträgt, B habe den Namen der Klägerin nicht fortgeführt, was zeige, dass der Erwerb des Unternehmens gerade nicht auf die Fortführung, sondern auf die Erweiterung und Sicherung der Marktanteile für B gerichtet gewesen sei, folgt der Senat dem nicht. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist lediglich erforderlich, dass der durch die Übertragung Begünstigte beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln.  Es ist daher unerheblich, dass B nicht den Namen der Klägerin weitergeführt hat; entscheidend ist, dass B die Tätigkeit der Klägerin nunmehr im Rahmen ihrer bisherigen eigenen Geschäftstätigkeit fortgeführt hat.

Zu den "Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG zählen alle in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang bewirkten Einzelleistungen. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das im Streitfall im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot dazu dient, der übernehmenden B die Fortführung des übertragenen ambulanten Pflegedienstes zu ermöglichen und deshalb in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung steht.

Nach der Würdigung des FG "kommt im vorliegenden Einzelfall dem von der Klin. mit dem Erwerber vereinbarten Konkurrenzverbot keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu. Zwar trifft es zu, dass im Kaufvertrag ein Entgelt für das Wettbewerbsverbot gesondert ausgewiesen ist, welches allerdings mit dem Gesamtkaufpreis abgegolten sein soll. Auch hat der Bekl. zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses 38,4 % des Kaufpreises ausmacht. Nach Auffassung des Senats ist die Verpflichtung der Klin., dem Erwerber ‘keine Konkurrenz zu machen’, aber dennoch als einer der Umsätze im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG anzusehen. Dem gesonderten Ausweis eines Betrages für das Konkurrenzverbot kommt vorliegend nur eine nachrangige Bedeutung zu. Ansonsten könnten Veräußerer und Käufer allein durch den (Nicht-)Ausweis eines gesonderten Entgelts die steuerliche Behandlung der Übertragung des Konkurrenzverbots steuern.

Für die Frage, ob dem vereinbarten Konkurrenzverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt, ist nach Auffassung des Senats vielmehr entscheidend, ob dieses dem Übernehmer die Fortführung des Betriebs ermöglicht. Dabei ist die Art des übertragenen Unternehmens nach Auffassung des Senats von entscheidender Bedeutung. Bei einem ambulanten Pflegedienst, wie es das von der Klin. übertragene Unternehmen darstellt, kommt den immateriellen Wirtschaftsgütern eine wesentliche Bedeutung zu. Die übertragenen Betriebsmittel sind im Verhältnis dazu in der Regel eher von untergeordneter Bedeutung.

Für den Übernehmer eines ambulanten Pflegedienstes ist entscheidend, ob er den Betrieb auf Dauer mit Gewinn fortführen kann. Dabei ist für ihn i.d.R. die Fortführung des bisherigen Namens wesentlich sowie das Vorhandensein von Patienten (dem Kundenstamm). Ferner ist auch die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots für die Fortführung des Betriebs von Bedeutung, wobei das Wettbewerbsverbot und der Kundenstamm in der Regel eng miteinander verbunden sein dürften. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall am Wortlaut des vereinbarten Konkurrenzverbots, wonach sich die Klägerin verpflichtete, ‘insbesondere nach Übertragung des Unternehmens weder mittelbar noch unmittelbar, persönlich oder über Dritte, die vom Käufer übernommenen (und von diesem neu gewonnenen) Patienten abzuwerben oder einem anderen Unternehmen zu empfehlen.

 

Geschäftsveräußerung durch Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals

Die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber auf unbestimmte Zeit, allerdings aufgrund eines von beiden Parteien kurzfristig kündbaren Vertrags, stellt eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung dar, sofern die übertragenen Sachen hinreichen, damit der Erwerber eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft fortführen kann.

 BFH Urteil vom 18.1.2012, XI R 27/08

 Erläuterung BFH:

 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Beschluss vom 14. Juli 2010 XI R 27/08 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zu den Voraussetzungen der nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Geschäftsveräußerung im Ganzen vorgelegt. Die Fragen betreffen Fälle, in denen Warenbestand und Geschäftsausstattung veräußert, die Geschäftsräume aber nur an den Erwerber vermietet werden.

 Nach § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

Diese Ausnahmevorschrift hat ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 19 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG). Danach können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.

Im Streitfall hatte die Klägerin ein Einzelhandelsgeschäft mit Sportartikeln in einem in ihrem Eigentum stehenden Ladenlokal betrieben. Später veräußerte sie den Warenbestand und die Geschäftsausstattung an eine GmbH, der sie das Ladenlokal auf unbestimmte Zeit vermietete. Der Mietvertrag über das Ladenlokal konnte von jeder Partei spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des folgenden Kalendervierteljahres gekündigt werden. Die Klägerin wies in ihrer Rechnung an die GmbH über die Veräußerung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung keine Umsatzsteuer aus und unterwarf den Vorgang nicht der Umsatzsteuer, weil sie von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen ausging. Dagegen setzte das Finanzamt Umsatzsteuer gegen die Klägerin fest.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH kann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung auch dann vorliegen, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet worden sind. Voraussetzung ist aber, dass sie dem Unternehmer langfristig zur Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens durch den Übernehmer gewährleistet ist.

Rechnungskorrekturen bei Geschäftsveräußerung im Ganzen

Es ist geklärt, dass bei der Korrektur einer Rechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis, bei der übersehen wurde, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen, diese erst im Veranlagungszeitraum der Korrektur wirksam wird.

Ein Erlass aus Billigkeitsgründen scheidet bei einer bestandskräftigen, vom Kläger nicht angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung aus, wenn die Steuerfestsetzung nicht offensichtlich und eindeutig unzutreffend ist.

BFH Beschluss vom 28.07.2011 V B 115/10 BFHNV 2011 S. 1931

Begründung:

Gemäß § 14 Abs. 2 der im Streitjahr 1994 geltenden Fassung des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) schuldet ein Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen hat, die Steuer. Berichtigt der Rechnungsaussteller den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, so ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1993 die Vorschrift des § 17 Abs. 1 UStG 1993 entsprechend anzuwenden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 ist die Berichtigung "für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist". Für die Berichtigung eines von einem Unternehmer unberechtigt in einer Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrages für eine nach § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gelten keine Besonderheiten. Für einen derartigen Fall hat der Senat ausdrücklich entschieden, dass § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 eine Rückwirkung der Berichtigung des Umsatzsteuerausweises auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung ausschließt.

 

 

Keine Geschäftsveräußerung bei Übertragung eines an eine Organgesellschaft vermieteten Grundstücks an den Organträger

Eine Geschäftsveräußerung liegt nur vor, wenn der Erwerber die vom Veräußerer ausgeübte Unternehmenstätigkeit fortsetzt oder dies zumindest beabsichtigt .

Ist der Gegenstand der Geschäftsveräußerung ein Vermietungsunternehmen, muss der Erwerber umsatzsteuerrechtlich die Fortsetzung der Vermietungstätigkeit beabsichtigen .

Die Übertragung eines an eine Organgesellschaft vermieteten Grundstücks auf den Organträger führt nicht zu einer Geschäftsveräußerung, da der Organträger umsatzsteuerrechtlich keine Vermietungstätigkeit fortsetzt, sondern das Grundstück im Rahmen seines Unternehmens selbst nutzt.

BFH Urteil vom 6.5.2010, V R 26/09