Werbungskosten nach gescheitertem Anschaffungsgeschäft

Das Fehlen einer rechtlichen Grundlage für die Hingabe verlorener Aufwendungen, die zu Anschaffungskosten eines Vermietungsobjekts hätten führen sollen, schließt den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit einer beabsichtigten Vermietung nicht aus.

BFH Urteil vom 09.05.2017 – IX R 24/16 BFH/NV 2017, 1106

Begründung:

Das FG hat zu Unrecht einen objektiven wirtschaftlichen Zusammenhang der verlorenen Aufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verneint. Es wird aber noch feststellen müssen, in welchem Zeitpunkt mit hinreichender Sicherheit feststand, dass der Kläger eine Gegenleistung nicht erhalten und mit seinen Ansprüchen gegen den Betrüger X voraussichtlich ausfallen würde. Gegebenenfalls muss es auch noch feststellen, in welcher Höhe die verlorenen Aufwendungen auf den zu vermietenden Teil des Gebäudes entfallen wären.

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind.

Aufwendungen, die anfallen, bevor Einnahmen erzielt werden, können als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Ein solcher Abzug ist von dem Zeitpunkt an gegeben, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst worden ist. Führen Aufwendungen nicht zu dem beabsichtigten Erfolg, bleibt ihre Abziehbarkeit als Werbungskosten unberührt. Vergebliche Aufwendungen können danach als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehbar sein, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen kommt, sofern nur eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften besteht.
Bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung können vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sobald sich der Steuerpflichtige endgültig entschlossen hat, durch Vermieten Einkünfte zu erzielen (Vermietungsabsicht). Die Absicht muss sich noch nicht auf ein bestimmtes Gebäude beziehen Hat der Steuerpflichtige noch kein Objekt, welches er vermieten kann, muss die Absicht zugleich darauf gerichtet sein, ein solches in absehbarer Zeit anzuschaffen (Erwerbsabsicht) oder herzustellen (Bebauungsabsicht). Als innere Tatsache kann die Absicht des Steuerpflichtigen nur anhand äußerer Umstände indiziell festgestellt werden.

Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung des abnutzbaren Wirtschaftsguts Gebäude gehören bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung begrifflich zu den Werbungskosten. Sie können jedoch regelmäßig nicht sofort und in voller Höhe, sondern nur zeitlich gestreckt als AfA abgezogen werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG). Die Aufwendungen für die Anschaffung von Grund und Boden sind dagegen schon begrifflich keine Werbungskosten. Sie werden bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nicht wirksam. Herstellungskosten sind nur Ausgaben für tatsächlich erbrachte Leistungen, die zum Bereich der Gebäudeherstellung gehören. Vorauszahlungen für ein Bauvorhaben, für die wegen des Konkurses des Bauunternehmers Herstellungsleistungen nicht erbracht worden sind, führen nicht zu Herstellungskosten und können deshalb vom Bauherrn bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden. Für vergebliche Aufwendungen, die im Fall der Anschaffung zu Anschaffungskosten geführt hätten, gilt nichts anderes. Sie führen nicht zu Anschaffungskosten, wenn die beabsichtigte Anschaffung ausbleibt. Sie sind vielmehr als Werbungskosten in dem Zeitpunkt abziehbar, in dem deutlich wird, dass es nicht mehr zu einer Verteilung der Aufwendungen als AfA kommen wird, weil sie voraussichtlich dauerhaft ohne Gegenleistung bleiben und weil ihre Rückzahlung nicht zu erlangen sein wird. Für die Prognose ist keine Gewissheit erforderlich; es genügt eine große Wahrscheinlichkeit.

Werbungskosten nach gescheitertem Anschaffungsgeschäft

Das Fehlen einer rechtlichen Grundlage für die Hingabe verlorener Aufwendungen, die zu Anschaffungskosten eines Vermietungsobjekts hätten führen sollen, schließt den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit einer beabsichtigten Vermietung nicht aus.

BFH Urteil vom 9.5.2017, IX R 24/16

Begründung:
Wer einem betrügerischen Grundstücksmakler Bargeld in der Annahme übergibt, der Makler werde damit den Kaufpreis für ein bebautes Grundstück bezahlen, kann den Verlust bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Dies setzt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2017 IX R 24/16 allerdings voraus, dass er bei Hingabe des Geldes zum Erwerb und zur Vermietung des Grundstücks entschlossen war.
Steuerrechtlich sind die anteilig auf ein zur Fremdvermietung bestimmtes Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar. Sie können im Regelfall aber nicht sofort, sondern nur zeitanteilig in Form der Absetzungen für Abnutzung geltend gemacht werden. Anders ist dies, wenn die Gegenleistung nicht erbracht wird, wenn es also entweder nicht zur Herstellung des Gebäudes oder nicht zur Anschaffung kommt. In diesem Fall sind die vergeblich aufgewandten Beträge sofort in voller Höhe als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Das gilt nicht nur, wenn für die Hingabe des Geldes (wie üblich) eine vertragliche Verpflichtung bestand, sondern auch, wenn es hieran fehlt.
Im Streitfall beabsichtigte der Kläger den Erwerb eines Villengrundstücks. Die Villa wollte er teilweise vermieten. Eigentümer war eine Stiftung nach Liechtensteinischem Recht. Der Kläger vertraute dem Makler X den Kaufpreis in bar an, nachdem dieser ihm versichert hatte, das Geschäft bei Barzahlung in der Schweiz zum Abschluss zu bringen. Tatsächlich verwendete der Makler das Geld jedoch für sich.
Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) erkannten die geltend gemachten Werbungskosten des Klägers nicht an. Die von ihm an den Makler ohne rechtliche Grundlage geleisteten Zahlungen führten nicht zu Werbungskosten. Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und dem Kläger im Grundsatz Recht gegeben. Die einzige Voraussetzung für die Anerkennung vorab entstandener (vergeblicher) Aufwendungen ist die Erwerbs- und Vermietungsabsicht. Daran bestanden keine Zweifel, denn der Kläger hatte das Grundstück später erworben und tatsächlich vermietet.
Der BFH hat die Sache gleichwohl an das FG zurückverwiesen. Das FG muss noch prüfen, in welchem Zeitpunkt der Kläger davon ausgehen musste und durfte, dass er sein Geld von X nicht mehr zurückbekommen würde. Hierauf kommt es für die Abziehbarkeit als Werbungskosten entscheidend an.