Lohnsteuerpauschalierung für Geschenke

§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst die Einkommensteuer, die durch Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entsteht, wenn und soweit der Empfänger dieser Geschenke dadurch Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 13 bis 24 EStG erzielt.

§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht sich auf alle Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG unabhängig davon, ob ihr Wert 35 EUR überschreitet.

BFH Urteil vom 16.10.2013, VI R 52/11

Begründung:

Im Grundsatz gilt aus den nämlichen Erwägungen nichts anderes für die in § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG enthaltene Pauschalierungsmöglichkeit für Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Denn der Wortlaut des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist insoweit eindeutig, als auch für diesen Tatbestand die Einkommensteuer mit einem Pauschsteuersatz zu erheben ist und auch insoweit § 37b EStG keinen anderweitigen Rechtsgrund für das Entstehen der Einkommensteuer bestimmt. Weiter gelten für diesen Tatbestand dieselben systematischen Erwägungen zum Einkommensteuerrecht; auch hinsichtlich Geschenken i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist kein anderweitiger Rechtsgrund für das Entstehen der Einkommensteuer enthalten und auch dieser Tatbestand ist unter "VI. Steuererhebung" normiert, setzt also den einkommensteuerrechtlichen Entstehungsgrund voraus. Schließlich ergeben die Gesetzesmaterialien zum Tatbestand der Geschenke ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass insoweit der Grundtatbestand der einkommensteuerbaren Einkünfte ausgeweitet werden sollte.

Im Ergebnis erfasst § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Einkommensteuer, die durch Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entsteht, wenn und soweit der Empfänger dieser Geschenke dadurch Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 13 bis 24 EStG erzielt. Denn auch in Bezug auf diesen Tatbestand stellt § 37b EStG lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl, indem der dort zum Steuerpflichtigen erklärte Zuwendende die grundsätzlich beim beschenkten Zuwendungsempfänger entstehende Einkommensteuer übernimmt.

§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht sich auf alle Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, ohne danach zu differenzieren, ob sie den Wert von 35 EUR überschreiten, ob also ein Fall des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG vorliegt und ein Betriebsausgabenabzug daher ausscheidet, oder ob die Rückausnahme des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG greift und damit der Betriebsausgabenabzug noch zur Anwendung kommt. Denn § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nimmt auf Nr. 1 des § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG insgesamt Bezug und unterscheidet so schon nach seinem Wortlaut nicht zwischen den Sätzen 1 und 2 und den dort normierten Regelungsgegenständen, nämlich dem grundsätzlichen Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs einerseits und der Ausnahme davon für Geschenke im Wert bis zu 35 EUR andererseits.

 

 

§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht sich weiter auf alle Geschenke, erfasst grundsätzlich also auch Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 EUR nicht übersteigen. Das Gesetz selbst kennt keine solche Wertgrenze. Soweit die Finanzverwaltung Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 EUR nicht übersteigen, als sogenannte Streuwerbeartikel qualifiziert und diese deshalb nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG einbezieht, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage (BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 566, Rz 10). Entsprechendes gilt für die dort ebenfalls genannte Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG; auch insoweit ist keine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich, solche Zuwendungen von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 37b EStG auszuschließen. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, ob einkommensteuerbare Zuwendungen vorliegen.

 

Warenmuster und Geschenke von geringem Wert

Ein von einem Unternehmer einem Diabetiker zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels unentgeltlich zugewendetes Set, bestehend aus Blutzuckermessgerät, Stechhilfe und Teststreifen, das einen späteren Verkauf der Teststreifen fördern soll, ist kein Warenmuster i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG.   

Ob das Set ein nicht umsatzsteuerbares Geschenk von geringem Wert i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG ist, hängt von der Einhaltung der Wertgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ab.

BFH Urteil vom 12.12.2012, XI R 36/10

Begründung:

Entgegen der Ansicht des FG stellt das hier zu beurteilende Set kein Warenmuster i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG für die beworbenen Teststreifen dar. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Überlassung eines Sets ein Geschenk von geringem Wert im Sinne dieser Vorschrift ist.

Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG werden einer Lieferung gegen Entgelt jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens, gleichgestellt. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).

"Nach dem neuen § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG werden unentgeltliche Zuwendungen von Gegenständen besteuert, die aus unternehmerischen Gründen (z.B. zu Werbezwecken, zur Verkaufsförderung oder zur Imagepflege) erbracht werden. Hierunter fallen z.B. höherwertige Geschenke an Geschäftsfreunde, Sachspenden an Vereine, Warenabgaben anlässlich von Preisausschreiben, Verlosungen usw. zu Werbezwecken. Ausgenommen von der Besteuerung werden lediglich Geschenke von geringem Wert oder die Abgabe von Warenmustern. Die Regelung entspricht Artikel 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie und dient der Vermeidung eines umsatzsteuerlich unbelasteten Letztverbrauchs. Geschenke und andere unternehmerisch veranlasste Warenabgaben werden nur besteuert, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des abgegebenen Gegenstands oder seine Bestandteile mit Umsatzsteuer belastet waren und der Unternehmer hinsichtlich dieser Steuer entweder zum vollen oder zumindest teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt war."

Die Klägerin hat insoweit die Frage aufgeworfen, ob Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen ist, "dass eine entgeltliche Zuwendung nicht vorliegt, wenn zwischen dem unentgeltlich zugewendeten Gegenstand und späteren entgeltlichen Umsätzen mit anderen Gegenständen ein innerer Zusammenhang dergestalt gegeben ist, dass die später gelieferten Gegenstände ohne den unentgeltlichen zugewendeten Gegenstand technisch nicht benutzt werden können".

Diese Frage stellt sich nicht, weil sie fälschlicherweise davon ausgeht, dass die Teststreifen nur mit zuvor unentgeltlich zugewendeten Messgeräten benutzt werden können. Vielmehr können die Teststreifen auch mit gekauften Messgeräten der GmbH verwendet werden. Im Übrigen erachtet der Senat die Unionsrechtslage in Anbetracht des zwischenzeitlichen Stands der Rechtsprechung des EuGH als geklärt.