Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als steuerbare Veräußerung

Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 6 UmwStG 1977 eingebracht und setzt die übernehmende Kapitalgesellschaft diese Anteile mit einem einheitlichen Wert an, so ist dieser Wert für den Einbringenden der Veräußerungspreis, der durch die Anzahl der eingebrachten Anteile dividiert den Veräußerungspreis pro Anteil ergibt, und zwar unabhängig davon, ob der Einbringende für die Anteile, die er innerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 EStG erworben hatte, höhere Anschaffungskosten als für die Altanteile aufgewandt hatte.

BFH Urteil vom 06.04.2011 – IX R 41/10 BFHNV 2011 S. 1850ff

Begründung:

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG sind Spekulationsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) Veräußerungsgeschäfte über andere Wirtschaftsgüter als Grundstücke und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt.

Bei den Inhaberaktien der B, die der Kläger in die Holding eingebracht hat, handelt es sich um Wertpapiere, die das Gesetz als andere Wirtschaftsgüter besonders aufführt. Diese Aktien hat der Kläger in die Holding gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht und damit veräußert.Veräußerungsgewinn ist nach § 23 Abs. 4 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Werbungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.

Veräußerungspreis ist die Gegenleistung des Erwerbers. Diese ist bei einem Tausch der Wert des Wirtschaftsguts, das der Tauschende erhält, beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften der Wert der Anteile, die der Tauschpartner (hier die Holding) im Gegenzug hingibt (ständige Rechtsprechung. Im Streitfall hat das FG zutreffend in den dem Kläger von der Holding gewährten neuen Stammeinlagen von … DM die Gegenleistung für die von ihm eingebrachten Anteile an der B gesehen. Damit ist der Veräußerungspreis, der auf die einzelnen durch den Kläger eingebrachten Anteile entfällt, identisch mit dem jeweiligen Einbringungswert entsprechend dem Beschluss der Holding vom 10. Dezember 1993. Den auf die … eingebrachten Aktien der B entfallenden Einbringungswert hat das FG auf … DM festgestellt und darin keinen Anlass gesehen, dessen Höhe in Zweifel zu ziehen. Auch eine Korrektur dieses Werts z.B. nach § 42 der Abgabenordnung oder nach den Grundsätzen, unter denen Verträge zwischen nahe stehenden Personen steuerrechtlich anzuerkennen sind, kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht.

Diese Beurteilung folgt zudem unmittelbar aus dem Gesetz. Der weder von den Beteiligten noch dem FG angesprochene § 20 Abs. 6 des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes vom 17. September 1993 (BGBl I 1993, S. 1569) –UmwStG 1977– ist hier einschlägig; denn nach § 28 Abs. 4b UmwStG 1977 ist § 20 Abs. 6 UmwStG 1977 auf Einbringungen nach dem 31. Dezember 1991 anwendbar. Nach § 20 Abs. 6 UmwStG 1977 gelten § 20 Abs. 1 bis 4 UmwStG 1977 entsprechend für die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft, wenn die übernehmende Gesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der übernommenen Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft hat, deren Anteile eingebracht werden. Dabei bedeutet "entsprechend" auch, dass die Anteile nicht zwingend im Betriebsvermögen, sondern –wie hier– im Privatvermögen gehalten werden konnten. Dies erschließt sich überdies aus dem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 16. Juni 1978 (BStBl I 1978, S. 235) zur alten Fassung des UmwStG 1977, wonach § 20 Abs. 6 UmwStG 1977 auch anzuwenden war, wenn eine zum Privatvermögen gehörende Beteiligung (damals war allerdings nur eine 100 %ige Beteiligung vom Gesetz begünstigt) in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wurde.