Keine Aussetzung des Verfahrens wegen möglicher Gesetzesänderung

Beträgt die positive oder die negative Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, jeweils mehr als 800 DM (410 EUR), ist eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG von Amts wegen durchzuführen .

Eine künftige mit Rückwirkung versehene Gesetzesänderung ist kein Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist (Anschluss an BFH-Urteil vom 17. Mai 1984 IV R 75/80, juris) .

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 29.11.2006, VI R 14/06

Mit Urteil vom 29. November 2006 VI R 14/06 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs entschieden, dass eine künftige mit Rückwirkung versehene Gesetzesänderung nicht vorgreiflich für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist. Damit scheidet eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung aus.

In dem Revisionsverfahren ging es um die Frage, ob für einen Arbeitnehmer von Amts wegen eine Veranlagung durchzuführen ist, wenn er negative andere Einkünfte von mehr als 410 € erzielt hat. Diese Frage hat der BFH bereits mit Urteil vom 21. September 2006 VI R 47/05 bejaht, so dass der Arbeitnehmer eine Steuererstattung auch ohne Einhaltung der Zwei-Jahres-Frist für einen Antrag auf Veranlagung erhalten konnte. Schon im Vorfeld jener Entscheidung war es zu einer Initiative des Gesetzgebers gekommen, die auf eine Änderung der einschlägigen Vorschrift im Einkommensteuergesetz (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG) abzielte. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 wurde zwischenzeitlich eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen, wonach für die sog. Amtsveranlagung “allein positive Einkünfte entscheidend und negative Einkünfte nicht zu berücksichtigen“ sind. Dieser Änderung soll rückwirkende Bedeutung zukommen.

In dem jetzt zu Gunsten des Klägers entschiedenen Rechtsstreit hat der VI. Senat eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die geplante Gesetzesänderung für nicht geboten erachtet. Denn dadurch würde sich nicht nur die prozessuale Lage des Klägers wesentlich verschlechtern, vielmehr würde das Gericht auch seine Verpflichtung zur Neutralität gegenüber allen Beteiligten verletzen.