Wechselseitige Vermietung von Wohn- und Teileigentum bei nahestehenden Personen

Vermieten sich vier einander nahestehende Personen, von denen zwei in Haushaltsgemeinschaft leben und die gemeinsam und planmäßig mehrere in sich abgeschlossene Wohneinheiten erreichtet und sich gegenseitig zum Teileigentum übertragen haben, drei dieser Wohnungen wechselseitig zur eigenen Nutzung, so kann darin ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO liegen, der der steuerlichen Berücksichtigung geltend gemachter Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung entgegen steht.

Auf die unterschiedlichen Konstellationen der beteiligten Personen auf Vermieter- und Mieterseite kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass alle diese Personen auf beiden Seiten beteiligt waren und die betreffenden Wohnungen ausschließlich innerhalb dieses geschlossenen Personenkreises hergestellt und auf Dauer wechselseitig zu jeweils eigenen Wohnzwecken vermietet wurden ("Poolvermietung).

BFH Urteil vom 22.01.2013 – IX R 18/12 BFHNV 2013 S. 1094

Begründung:

Nach § 42 AO in den Fassungen der Streitjahre kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Die Frage, was eine den Gestaltungsmissbrauch kennzeichnende unangemessene rechtliche Gestaltung ist, entzieht sich einer allgemeinen Definition und lässt sich nur durch Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall feststellen. Im Wege einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind dabei mehrere auf einheitlicher Planung beruhende und in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Rechtsgeschäfte für die steuerliche Beurteilung zu einem einheitlichen Vorgang zusammenzufassen, wenn sie als bloße Teilschritte keine eigenständige Bedeutung haben und vom Steuerpflichtigen sämtlich beherrscht werden. Sind mehrere Akteure beteiligt, so kann sich die Beherrschbarkeit der Teilschritte aus vertraglichen, engen gesellschaftlichen oder verwandtschaftlichen Verflechtungen ergeben.

Wegen des planmäßigen Vorgehens der Kläger durfte das FG deren (vorausgehende) vermögensrechtliche Dispositionen in seine Gesamtbetrachtung zur Beurteilung der Unangemessenheit der gewählten Gestaltung mit einbeziehen. Nach den Feststellungen des FG lässt sich die gewählte Gestaltung so verstehen, dass es den Klägern primär darauf ankam, anfallende Kosten der Wohnungen in den Obergeschossen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten geltend zu machen, was ausgeschlossen wäre, wenn die Beteiligten das Teileigentum an den von ihnen tatsächlich genutzten Wohnungen erworben. Die Gestaltung bildet demnach eine rein formale Anknüpfung zum Zweck der Minderung der Einkommensteuerbelastung der Kläger  eine Vermischung von Vermögens- und Nutzungsebene hat bereits im Tatsächlichen stattgefunden. In seine Gesamtwürdigung hat das FG vertretbar mit einbezogen, dass eine Verteilung des Teileigentums entsprechend den Nutzungsverhältnissen –jedenfalls unter Berücksichtigung der vorausgegangenen Schenkungen– mit im Wesentlichen unverändertem Kapitaleinsatz der Beteiligten möglich gewesen wäre.

Darüber hinaus kommt es auf die unterschiedlichen Konstellationen der beteiligten Personen auf Vermieter- und Mieterseite nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass alle diese Personen auf beiden Seiten beteiligt waren und die betreffenden Wohnungen ausschließlich innerhalb dieses geschlossenen Personenkreises hergestellt und auf Dauer wechselseitig zu jeweils eigenen Wohnzwecken vermietet wurden ("Poolvermietung"). Zwischen den einzelnen Beteiligten ist nur insoweit zu differenzieren, als es um das Ziel der Steuerersparnis. Durch die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse findet sich ein solcher Vorteil im Streitfall bei allen Klägern.

 

 

 

Ankauf und Verkauf gleichartiger Wertpapiere

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO.

BFH Urteil vom 25. August 2009 IX R 60/07

Erläuterungen:

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 25. August 2009 IX R 60/07 in einem Fall, in dem die Kläger börsennotierte Aktien von zwei Kapitalgesellschaften jeweils innerhalb der Jahresfrist mit Verlust veräußerten und am selben Tag Aktien dieser Gesellschaften in gleicher Art und Anzahl, allerdings zu einem unterschiedlichen Preis wieder erwarben. Das Finanzamt erkannte die Verluste aus dem Verkauf wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an. Dies sahen Finanzgericht und BFH anders.

Wenn es dem Zweck des § 23 EStG entspricht, realisierte Wertänderungen in Gestalt von Veräußerungsgewinnen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen, stellt es keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere kurz nach deren Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wieder erwirbt. Angesichts der Schwankungsbreite börsennotierter Wertpapiere und des daraus resultierenden Kursrisikos bewegt er sich insoweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Es steht in seinem Belieben, ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder ankauft. Bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen handelt es sich um eigenständige und damit auch separat zu beurteilende Vorgänge.

Anteilsrotationsverfahren bei einer GmbH ist kein Gestaltungsmissbrauch

Eine Anteilsrotation bei den Anteilen einer GmbH begründen in der Person des Erwerbers der veräußerten Geschäftsanteile nicht schon deshalb einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, weil der Erwerber die Gesellschaft anschießend liquidiert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Veräußerer der Gesellschaftsanteile auf den Erwerber keinen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(BFH-Urteil vom 18.07.2001, I R 48/97, GmbH-Rundschau 2001, Seite 1056 ff.)

Bei dem Anteilsrotationsverfahren handelt es sich um die Möglichkeit in einer Kapitalgesellschaft Gewinne stehen zu lassen und diese durch den zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich günstigen Veräußerungserlös zu besteuern. Dieses ist aber durch die Gesetzesänderungen mittlerweile nur noch bei Anteilen unter einem Prozent möglich.