Verfassungswidrigkeit der Grunderwerbsteuerpflicht von Grundstücksübertragungen zwischen Partnern einer eingetragenen Lebensgemeinschaft

Grundstücksübertragungen zwischen Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft unterliegen seit Dezember 2010 nicht mehr der Grunderwerbsteuer. Zuvor allerdings waren Grundstückserwerbe innerhalb einer solchen Lebensgemeinschaft – anders als zwischen Ehegatten – grunderwerbsteuerpflichtig. Diese steuerliche Benachteiligung von Lebenspartnern gegenüber Ehegatten hält der 8. Senat des Finanzgerichts Münster für verfassungswidrig. Das ergibt sich aus dem heute veröffentlichten Beschluss vom 24. März 2011, mit dem das Finanzgericht dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. vorgelegt hat (Az. 8 K 2430/09 GrE).

 Im Streitfall hatten die Kläger, die im Jahr 2002 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hatten, im Januar 2009 voneinander entgeltlich Grundbesitz erworben. Das Finanzamt setzte hierfür jeweils Grunderwerbsteuer fest. Die Kläger hielten dies für rechtswidrig. Sie beriefen sich auf die bei Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten geltende Steuerbefreiung des § 3 Nr. 4 GrEStG.

 Zum Hintergrund: Nach § 3 Nr. 4 GrEStG in der bis Dezember 2010 geltenden Fassung konnten lediglich Ehegatten voneinander grunderwerbsteuerfrei Grundbesitz erwerben. Durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I. 2010, Seite 1768) hat der Gesetzgeber – wohl unter dem Eindruck der kurz vorher ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungswidrigen Benachteiligung von Lebenspartnern im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Nr. 4 GrEStG ausdrücklich auch auf Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft erweitert. Allerdings soll die Befreiung erstmals für nach dem 13. Dezember 2010 stattfindende Grundstücksübertragungen gelten (§ 23 Abs. 9 GrEStG).

 Nach Auffassung des 8. Senats verstößt der für „Altfälle“ nach wie vor geltende Ausschluss eingetragener Lebenspartner von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 4 GrEStG gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Befreiungsvorschrift knüpfe an familienrechtliche Beziehungen an, die in einer Lebenspartnerschaft und einer Ehe in gleicher Weise bestünden. Das Lebenspartnerschaftsgesetz entspreche in vielen Bereichen – insbesondere bei den gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten  – den eherechtlichen Regelungen. Es seien daher keine Gründe mehr dafür ersichtlich, die Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe steuerlich zu benachteiligen. Die für Grundstückserwerbe bis Mitte Dezember 2010 wirkende Ungleichbehandlung zwischen Ehegatten und Lebenspartnern sei – so das Gericht – auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen könnten. Denn die Vorschrift des § 3 Nr. 4 GrEStG differenziere nicht zwischen kinderlosen Ehen und solchen, aus denen Kinder hervorgegangen seien.

 Der 8. Senat hat das hier anhängige Klageverfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt.

Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig?

Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 11 GrEStG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S. des § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet.

BFH Entscheidung vom 2.3.2011, II R 23/10

Erläuterung des BFH:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 2. März 2011 II R 23/10 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen, weil er von der Verfassungswidrigkeit des Ansatzes der nur noch für die Grunderwerbsteuer (GrESt) maßgeblichen Grundbesitzwerte als Ersatz-Bemessungsgrundlage überzeugt ist.

Die GrESt wird nach einem einheitlichen Steuersatz für sämtliche Erwerbsvorgänge erhoben. Im Regelfall bestimmt sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nach dem Wert der Gegenleistung. In den Ausnahmefällen des § 8 Abs. 2 des GrEStG, zu denen u.a. die praktisch bedeutsamen Grundstücksübergänge aufgrund von Umwandlungen sowie Anteilsvereinigungen und -übertragungen gehören, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den Grundbesitzwerten. Diese werden nach §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) gesondert ermittelt. Das BVerfG hatte diese Bewertungsvorschriften im Jahr 2006 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig beanstandet, weil sie zu zufälligen und willkürlichen Bewertungsergebnissen führten. Diesen verfassungswidrigen Zustand hat der Gesetzgeber ab 2007 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt und durch neue Bewertungsregeln ersetzt, hierauf aber für die GrESt verzichtet.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft, alle Anteile an einer deutschen GmbH erworben, zu deren Vermögen in Deutschland gelegene Grundstücke gehörten. Für diese Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) wurde gegenüber der Klägerin GrESt auf der Grundlage der für die Grundstücke der GmbH festgestellten Grundbesitzwerte festgesetzt. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BFH ist die weitere Anwendung der §§ 138 ff. BewG für die GrESt verfassungswidrig, weil sie aufgrund des einheitlichen Steuersatzes der GrESt zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führten und daher mit dem Gleichheitssatz unvereinbar seien.

Im Kaufpreis enthaltene Kosten für Erschließung und Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen als Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung

Kauft ein Erwerber von einer Gemeinde ein Grundstück, das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits erschlossen ist, und enthält der vereinbarte Kaufpreis Kosten für die Erschließung sowie für durchgeführte Ausgleichsmaßnahmen nach § 135a Abs. 2 BauGB für den Naturschutz, gehört auch der auf die Erschließung und die Ausgleichsmaßnahmen entfallende Teil des Kaufpreises zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

BFH Urteil vom 23. September 2009 II R 20/08

Beitrittsaufforderung an Bundesministerium der Finanzen wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die in § 8 Abs. 2 GrEStG angeordnete Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 BewG als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist.

BFH Beschluss vom 27. Mai 2009 II R 64/08

Erläuterungen:

Mit Beschluss vom 27. Mai 2009 II R 64/08 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aufgefordert, einem Revisionsverfahren zur Grunderwerbsteuer beizutreten, in dem die Verfassungsmäßigkeit der Grundbesitzbewertung zu prüfen ist.

In dem Verfahren ist zu entscheiden, inwieweit für den Erwerb der gesamten Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Grundbesitz Grunderwerbsteuer festzusetzen ist. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes bemisst sich die Grunderwerbsteuer u.a. bei steuerpflichtigen Anteilsvereinigungen und erwerben nicht nach dem Wert der Gegenleistung (Regelbemessungsgrundlage); vielmehr werden für diese Fälle die vom Finanzamt gesondert festzustellenden (vor dem 1. Januar 2009 auch für die Erbschaftsteuer maßgeblichen) Grundbesitzwerte nach §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes als Steuerbemessungsgrundlage herangezogen.

Diese Grundbesitzbewertung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in dem zur Erbschaft- und Schenkungsteuer ergangenen Beschluss vom 7. November 2006 1 BvL 10/02 in umfassender Weise als verfassungswidrig beanstandet. Es hat insbesondere festgestellt, dass die Grundbesitzwerte für bebaute Grundstücke zwischen weniger als 20 v.H. und über 100 v.H. des gemeinen Werts liegen und somit eine so große Streubreite aufweisen, dass der Bewertung Zufälliges und Willkürliches anhaftet, ohne dass dies als Folge einer zulässigen Typisierung verfassungsrechtlich hinnehmbar ist.

Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf diese Entscheidung durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 lediglich die Grundbesitzbewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer neu geregelt. Für die Grunderwerbsteuer hat er es demgegenüber bei den bisherigen, vom BVerfG beanstandeten Bewertungsvorschriften belassen. Der BFH zieht deshalb eine Vorlage an das BVerfG in Betracht und hat zunächst mit Beschluss vom 27. Mai 2009 das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um sich zu dieser Problematik zu äußern.

Merfachbelastung von Bauherrn mit Grunderwebsteuer und Umsatzsteuer

Vorlage and den EuGH

Geklärt wedem soll ,ob die deutsche Mehrfachbelastung von Bauherrn mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer gegen das gemeinschaftsrechtliche Mehrfachbelastungsverbot verstößt.

FG Beschluss vom 02. 04.2008 Niedersächsiche Finanzgericht (Vorlage EuGH C-156/08 beim FG Az: 7 K 333/06)

Verstößt die Erhebung der deutschen Grunderwerbsteuer auf künftige Bauleistungen durch deren Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Erwerb eines noch zu bebauenden Gundstücks gegen das Mehrfachbelastungsverbot der EU?

Da die grunderwerbsteuerlich belasteten Bauleistungen zugleich als eigenständige Leistungen der deutschen Umsatzsteuer unterliegen.