Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Grundstück

Eine Rückbeziehung des Gefahrübergangs auf einen Zeitpunkt vor dem Abschluss des maßgeblichen Übertragungsvertrages versetzt den Eigentümer nicht in die Lage, den Veräußerer bereits vor Vertragsschluss von der Einwirkung auf das übertragene Grundstück auszuschließen. Der Erwerber kann in der Regel frühestens mit dem Abschluss des Übertragungsvertrages wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks werden.

BFH Urteil vom 20.10.2011 – IV R 35/08 NFHNV 2012 S. 377 ff.

Begründung:

Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem Eigentümer zuzurechnen, wenn er die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Im Vorstadium des Eigentumserwerbes an Grundstücken liegen diese Voraussetzungen stets vor, wenn der Erwerber die tatsächliche Sachherrschaft innehat und aufgrund der erklärten Auflassung sowie der ins Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung in der Lage ist, den Veräußerer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut auszuschließen.

Vielmehr ist für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Grundstück der Zeitpunkt maßgeblich, von dem ab der Erwerber nach dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, sobald in Erwartung des Eigentumserwerbes Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind.

Dieser Übergang war im Übertragungsvertrag vom 3. Januar 2000 zwar auf den 31. Dezember 1999, 24:00 Uhr vereinbart worden. Allerdings versetzt eine solche Rückbeziehung des Gefahrübergangs auf einen Zeitpunkt vor dem Abschluss des maßgeblichen Übertragungsvertrages den Erwerber gerade nicht in die Lage, den Veräußerer bereits vor dem Vertragsabschluss von der Einwirkung auf das übertragene Grundstück auszuschließen.

Die Richtigkeit dieser Überlegung zeigt sich im Streitfall daran, dass die Erbengemeinschaft etwa am 1. oder 2. Januar 2000 noch frei gewesen wäre, über das Grundstück zu verfügen. Zwar hatte FX bereits vor dem Abschluss des notariellen Vertrages vom 3. Januar 2000 aufgrund des mit der Erbengemeinschaft bestehenden Pachtverhältnisses den Besitz an dem übertragenen Teilgrundstück nebst Werkstatt samt Inventar inne und durfte dort die Werkstatt betreiben. Die Besitzüberlassung im Rahmen eines Pachtvertrages ist allerdings nicht auf einen späteren Eigentumserwerb gerichtet. Vor allem führt sie in der Person des Pächters nicht zum Erwerb einer Rechtsposition, die es ihm erlauben würde, wirtschaftlich über das Grundstück zu verfügen, denn selbst langfristig angelegte Pachtverträge berechtigen den Pächter regelmäßig nur zur Nutzung des Pachtgegenstandes und führen schon deshalb nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.