Anwendung des Halbabzugsverbots bei Betriebsaufspaltung

Anwendung des Halbabzugsverbots auf laufende Aufwendungen in Fällen des Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung

BFH Urteil vom 17.7.2013, X R 6/12

Begründung:

Dem FG ist zwar darin beizupflichten, dass die Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG auf die im Besitzunternehmen des E entstandenen Aufwendungen dem Grunde nach anwendbar ist, weil der Pachtverzicht einem Fremdvergleich nicht standhält (dazu unten 1.). Es hat bei seiner Entscheidung die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Differenzierung zwischen den einzelnen Aufwendungsarten bei der Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG aber noch nicht berücksichtigen können und demzufolge nicht die für eine abschließende Beurteilung des Streitfalls erforderlichen Feststellungen getroffen.

Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem Veranlagungszeitraum 2009: zu 60 %) abgezogen werden.

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstünden, seien voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolge, die einem Fremdvergleich standhielten. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst. Demgegenüber sei bei einer unentgeltlichen –und daher nicht fremdüblichen– Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermögliche zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führe aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG. Davon ausgenommen seien indes substanzbezogene Aufwendungen wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen; diese seien in Fortentwicklung der Senatsurteile in BFHE 237, 106 und BFHE 237, 119 unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung seien die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

Der Veranlassungszusammenhang könne sich im Laufe der Zeit ändern. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachteinnahmen komme es darauf an, ob der Verzicht durch das Pachtverhältnis oder aber das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Die auf Seiten des Verpächters vorhandenen Gründe für den Verzicht seien durch die Tatsacheninstanz zu ermitteln und unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs zu würdigen. Ein Pachtverzicht aufgrund eines generellen Absinkens der marktüblichen Pachtentgelte oder im Rahmen einer fremdüblichen Sanierungsmaßnahme spreche für eine Veranlassung durch das Pachtverhältnis. Demgegenüber deute es auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin, wenn ein fremder Dritter den Verzicht in der konkreten Situation weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach akzeptiert, sondern weiterhin auf der Zahlung des vereinbarten Entgelts bestanden oder aber das Pachtverhältnis beendet hätte. Im Rahmen dieser Würdigung liege die Feststellungslast beim FA, weil § 3c Abs. 2 EStG die Abzugsfähigkeit von grundsätzlich einkünftemindernd zu berücksichtigenden Aufwendungen einschränke.

Auf dieser Grundlage hat der IV. Senat die von der dortigen Vorinstanz getroffene Würdigung bestätigt, an der Fremdüblichkeit fehle es –mit der Folge der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG–, wenn ein Besitzunternehmer die vereinbarte Pacht gegenüber einer in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Betriebs-Kapitalgesellschaft über mehrere Jahre hinweg nicht geltend mache, ohne von seinem Recht zur Kündigung des Pachtvertrags Gebrauch zu machen

Indes wird die Würdigung des FG bereits dadurch getragen, dass es das Fehlen einer Befristung für den Pachtverzicht als nicht fremdüblich angesehen hat. Gerade angesichts der relativ kurzfristigen Kündbarkeit des Pachtvertrags (im Regelfall zwölf Monate; bei Nichtzahlung der Pacht lediglich drei Monate) hätte sich ein fremder Dritter nicht auf einen in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzten Verzicht eingelassen. Zwar wird der Verzicht in dem Nachtrag zum Pachtvertrag als "vorübergehend" bezeichnet; tatsächlich ist aber auch nach den eigenen Angaben der Klägerin jedenfalls in den Jahren 2002 bis 2007 –also während eines Zeitraums von sechs Jahren– keinerlei Pacht gezahlt worden

 

Keine Anwendung des Halbabzugsverbots wegen eines symbolischen Kaufpreises

Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot sind nicht allein deshalb anzuwenden, weil objektiv wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis (z.B. von 1 EUR) veräußert werden.

BFH Urteil vom 06.04.2011-IX R 31/10 BFHNV 2011 S. 2008

Begründung:

Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises i.S. von § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zur Hälfte abzuziehen (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei steuerfreien Einnahmen soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werde.

Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, ist § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht anzuwenden und der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar. Keine Einnahmen liegen vor, wenn objektiv wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis (z.B. von 1 EUR) veräußert wurden.

Nach diesen Grundsätzen führt auch im Streitfall der symbolische Kaufpreis von 1 EUR nicht zu einem Veräußerungspreis i.S. von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c und mithin nicht zu Einnahmen i.S. von § 3c Abs. 2 EStG, die durch die Beteiligung vermittelt werden; der symbolische Kaufpreis ist nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG einem Veräußerungspreis von 0 EUR gleich zu erachten. Er wurde nicht als Entgelt für die Werthaltigkeit der übertragenen Anteile vereinbart; die Anteile waren vielmehr wertlos. Anhaltspunkte für eine Schenkung hat das FG trotz des Angehörigenverhältnisses der Vertragsparteien nicht festgestellt.

Anwendung des Halbabzugsverbot bei geringfügigen Einnahmen

Das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist bei der Berechnung eines Auflösungsverlusts gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG auch dann anwendbar, wenn der Steuerpflichtige lediglich geringfügige Einnahmen aus der Beteiligung nach Auflösung der GmbH erzielt hat. Dies gilt auch, wenn vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens die Anteile angeschafft und die Aufwendungen hierfür getätigt wurden.

BFH Urteil Vom 06.04.2011 – IX R 29/10 BFHNV 201 S. 2025

Begründung:

Gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG ist die Hälfte des gemeinen Werts i.S. von § 17 Abs. 2, Abs. 4 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zur Hälfte abzuziehen; denn nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Bei steuerfreien Einnahmen soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werde.

Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ei.

Wie der Senat mit seinem zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 6. April 2011 (IX R 40/10) entschieden hat, sind Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot auch anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige wegen lediglich geringfügiger Veräußerungseinnahmen im Ergebnis einen Verlust erwirtschaftet hat.

Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall die von der Klägerin aus der Veräußerung der GmbH im Insolvenzverfahren erlangten 4.000 EUR lediglich zur Hälfte steuerpflichtig (§ 3 Nr. 40 Buchst. c EStG). Dementsprechend sind die der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen auf die Anteile der Klägerin (169.809,42 EUR) nur zur Hälfte anzusetzen.

Halbabzugsverbot bei Auflösungsverlust

Es ist geklärt, dass Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt abziehbar ist, wenn dem Steuerpflichtigen keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen zugehen (gegen BMF-Schreiben –Nichtanwendungserlass– vom 15. Februar 2010, DStR 2010, 331)

BFH Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09

Erläuterungen:

"Es ist geklärt, dass Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt abziehbar ist, wenn dem Steuerpflichtigen keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen zugehen."

Mit diesem Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09 reagiert der Bundesfinanzhof (BFH) zeitnah auf den Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Februar 2010 (BStBl I 2010, 181) in einem Fall, in dem der Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung keine Einnahmen zugeflossen sind und das Finanzgericht Düsseldorf (FG) in seinem Urteil vom 12. November 2009 der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 25. Juni 2009 IX R 42/08 und vom 14. Juli 2009 IX R 8/09) folgend das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes nicht angewandt hatte.

Das beklagte Finanzamt hatte sich zur Begründung seiner nunmehr vom BFH mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zurückgewiesenen – Nichtzulassungsbeschwerde auf den Nichtanwendungserlass des BMF berufen. Wenn dort (u. A.) das Halbeinkünfteverfahren auch in Verlustfällen für anwendbar gehalten wird, so widerspricht diese Aussage nicht dem BFH und geht als Argument gegen die Rechtsprechung ins Leere. Diese betrifft nämlich nur einen Ausschnitt der "Verlustfälle", in dem keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen. Weil es dort mangels Einnahmen nicht zu einer hälftigen Steuerbefreiung kommt, sind auch die Aufwendungen nicht nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Über Fälle, in denen es trotz Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen zu einem Verlust kommt, hat der BFH noch nicht entschieden.