Anwendung des Halbabzugsverbots auf laufende Aufwendungen in Fällen des vorübergehenden Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstehen, sind nicht vorrangig durch die Beteiligungs-, sondern durch die Miet- oder Pachteinkünfte veranlasst und daher ungeachtet des § 3c Abs. 2 EStG in vollem Umfang abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolgt, die einem Fremdvergleich standhalten.

Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachtzahlungen steht § 3c Abs. 2 EStG der Abziehbarkeit der durch die Nutzungsüberlassung entstehenden Aufwendungen nur entgegen, wenn der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und daher einem Fremdvergleich nicht standhält.

Auch wenn grundsätzlich das FA die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG trägt, ist der Steuerpflichtige unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs jedenfalls bei einem Pachtverzicht, der endgültig und nicht lediglich für einen ganz kurzen Zeitraum ausgesprochen wird, gehalten, dem FA ein Mindestmaß an substantiierten Darlegungen sowohl zur regionalen Marktlage im Bereich der Gewerbeimmobilien als auch zu seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der Pächterin zu unterbreiten.

BFH Urteil vom 17.7.2013, X R 17/11

Begründung:

Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG in der in den Streitjahren 2002 und 2003 geltenden Fassung dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem Veranlagungszeitraum 2009: zu 60 %) abgezogen werden.

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstünden, seien voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolge, die einem Fremdvergleich standhielten. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst. Demgegenüber sei bei einer unentgeltlichen, Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermögliche zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führe aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG.

Davon ausgenommen seien indes substanzbezogene Aufwendungen wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen; unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung seien die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

Der Veranlassungszusammenhang könne sich im Laufe der Zeit ändern. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachteinnahmen komme es darauf an, ob der Verzicht durch das Pachtverhältnis oder aber das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Die auf Seiten des Verpächters vorhandenen Gründe für den Verzicht seien durch die Tatsacheninstanz zu ermitteln und unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs zu würdigen. Ein Pachtverzicht aufgrund eines generellen Absinkens der marktüblichen Pachtentgelte oder im Rahmen einer fremdüblichen Sanierungsmaßnahme spreche für eine Veranlassung durch das Pachtverhältnis. Demgegenüber deute es auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin, wenn ein fremder Dritter den Verzicht in der konkreten Situation weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach akzeptiert, sondern weiterhin auf der Zahlung des vereinbarten Entgelts bestanden oder aber das Pachtverhältnis beendet hätte. Im Rahmen dieser Würdigung liege die Feststellungslast beim FA, weil § 3c Abs. 2 EStG die Abzugsfähigkeit von grundsätzlich einkünftemindernd zu berücksichtigenden Aufwendungen einschränke.

 

Anwendbarkeit des Halbabzugsverbots auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen und auf Forderungsverzichte bei nicht mehr werthaltigen Gesellschafterdarlehen

Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, unterliegen –unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis– mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (gegen BMF-Schreiben vom 8. November 2010, BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).

Diese Grundsätze gelten entsprechend im Falle des Verzichts auf ein nicht mehr werthaltiges Gesellschafterdarlehen.

BFH Urteil vom 18.4.2012, X R 7/10

Begründung:

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Bei Begründung der Forderung durch Vertrag entsprechen die Anschaffungskosten dem Nennwert. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 5 Abs. 1 EStG ermitteln, ergibt sich aufgrund des Grundsatzes der Maßgeblichkeit und des handelsrechtlichen strengen Niederstwertprinzips für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (§ 253 Abs. 3 HGB) bei gesunkenem Teilwert steuerrechtlich eine Pflicht zur Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann in Fällen der Betriebsaufspaltung der Teilwert einer Forderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft –dem Grunde nach– jedoch nur nach denselben Kriterien abgeschrieben werden, die für die Teilwertabschreibung der Beteiligung am Betriebsunternehmen durch das Besitzunternehmen bestehen. Es ist eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen notwendig; sind die Ertragsaussichten dauerhaft so gering, dass der gedachte Erwerber des Besitzunternehmens für die Anteile am Betriebsunternehmen einen Preis zahlen würde, der unter dem Buchwert der Beteiligung am Betriebsunternehmen liegt, ist eine Teilwertabschreibung der Darlehensforderung gerechtfertigt.

Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich im Fehlerjahr oder –soweit dies wegen Bestandskraft, Festsetzungsverjährung oder mangels Korrekturvorschriften nicht möglich ist– nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs in der ersten, verfahrensrechtlich noch "offenen" Schlussbilanz richtigzustellen, und zwar grundsätzlich erfolgswirksam.

 

Zur erstmaligen Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens

Werden Anteile an einer im Jahr 2001 gegründeten unbeschränkt steuerpflichtigen GmbH im Jahr 2001 veräußert und fließen dem Anteilseigner hieraus gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbare Einnahmen im Jahr 2002 zu, so unterliegen diese dem Halbeinkünfteverfahren.

BFH Urteil vom 11. November 2009 IX R 57/08